Vor mehr als einer Woche wurde eine Familie mit zwei Kindern vorübergehend im Obdachlosenheim in Bad Kissingen untergebracht. Vonseiten des Jugendamts hieß es am Mittwoch, 5. April, der Fall sei kompliziert und es habe zum Zeitpunkt des Geschehens keine andere Lösung gegeben. Petra Grom, die in einem Geschäft in Bad Kissingen arbeitet, hatte über einen Kunden von den obdachlosen Kindern erfahren und beschlossen, den beiden ein Osternest vorbeizubringen.
Die Familie hatte für ihre Wohnung in Bad Kissingen die Kündigung bekommen, man habe unverzüglich handeln müssen, sagte Jugendamtsleiter Manfred Kutz im Gespräch mit dieser Redaktion. Er verwies jedoch darauf, dass die Stadt Bad Kissingen für die Unterbringung der Familie zuständig ist.
Für ein paar Tage im Obdachlosenheim
Dort habe man sich gleich gekümmert. Da es keine freie Wohnung gegeben habe, sei die Familie im Obdachlosenheim untergekommen, so Kutz weiter. Dort sei für sie ein ganzes Stockwerk mit separatem Eingang freigeräumt worden. Das heißt, andere Bewohner, beziehungsweise Bewohnerinnen, hätten umziehen müssen. Die Stadt sei aktuell dabei, eine Wohnung herzurichten, so Kutz am Mittwoch.
Weil Kinder betroffen sind, sei auch das Jugendamt informiert worden. "Wir haben uns dann alles angeschaut", sagte Kutz und meinte nicht nur die Wohnung im Obdachlosenheim, sondern vor allem auch die Geschichte dieser Familie. Vonseiten des Jugendamts seien in Bezug auf die Kinder verschiedene Lösungen durchgespielt worden, die Familie habe aber jegliche Hilfe abgelehnt, wies Kutz auf die Schwierigkeit des Handelns hin.
Prüfung der möglichen Alternativen
Man hätte zum Beispiel die Kinder sofort aus der Familie herausnehmen können, sagte Kutz. Die Mutter habe jedoch intensiv darum gebeten, ihr die Kinder nicht wegzunehmen. Das Frauenhaus als alternativen, vorübergehenden Wohnort für Mutter und Kinder sei laut Jugendamtsleiter nicht in Frage gekommen, da es zu diesem Zeitpunkt keine Hinweise auf Gewalt in der Familie, beziehungsweise auf eine Kindeswohlgefährdung gegeben habe.
Eine andere Lösung wäre eine Mutter-Kind-Einrichtung gewesen, erläuterte der Jugendamtsleiter die Möglichkeiten, die von der Jugendhilfe in solchen Fällen diskutiert werden. Doch ad hoc einen Platz zu finden, sei generell schwierig in einer Zeit, in der solche Einrichtungen überfüllt sind und dort das Personal fehlt.
Polizeieinsatz am 31. März im Obdachlosenheim
In der Nacht zum 31. März gab es dann einen Polizeieinsatz bei dieser Familie im Obdachlosenheim. Vater und Mutter hätten gestritten und es sei Alkohol im Spiel gewesen, bestätigte der Bad Kissinger Polizeiinspektionsleiter Christian Pörtner am Mittwoch auf Anfrage dieser Redaktion. Pörtner kannte den Sachverhalt: dass die Familie vorübergehend im Obdachlosenheim wohne und das Jugendamt bezüglich der Kinder eingebunden sei.
"Sicher ist das Heim kein optimales Umfeld für die Kinder, aber was ist in einer solchen Situation die Alternative?", sagte der Polizeichef und wies darauf hin, dass die Unterbringung im Obdachlosenheim seines Wissens nach vorübergehend sei.
Bemühung um eine neue Bleibe für die Familie
Dieser Polizeieinsatz habe die Situation verändert, sagte Jugendamtsleiter Kutz am Mittwoch im Gespräch mit dieser Redaktion. Es mache die Sache schwieriger. "Wenn Alkohol und Gewalt im Spiel sind, müssen wir handeln." Der aktuelle Stand am Mittwoch war, so Kutz weiter, dass die zwei Kinder und auch die Mutter vorübergehend in einer Pflegefamilie aufgenommen wurden.
"Wir begleiten sie und schauen, wie sich alles weiterentwickelt und vor allem, wie die Kinder sich verhalten." Wenn die Familie einen Antrag auf Familienhilfe stellt, stehe das Jugendamt dahinter, sagt Kutz. Er wies am Mittwoch darauf hin, dass man vonseiten der Stadt bemüht sei, gerade eine Wohnung für die Familie herzurichten. Vermutlich könne der Umzug dorthin noch vor Ostern erfolgen. Ob alle aus der Familie dort hinziehen, sei noch unklar.
Osternester für die beiden obdachlosen Kinder
Petra Grom (Gefäll) hatte über einen Kunden von den beiden kurzfristig obdachlosen Kindern erfahren. Die Geschichte habe sie berührt, sagte Grom im Gespräch mit dieser Redaktion. Sie hat selbst Enkelkinder im Alter von vier und acht Jahren. "Da muss ich doch was machen", habe sie sich gesagt. Sie beschloss schließlich, den beiden Kindern etwas Süßes zu Ostern ins Obdachlosenheim zu bringen.
Weil die Kinder am Mittwoch aber bereits in einer Pflegefamilie waren, gab sie die beiden Osternester bei Jugendamtsleiter Manfred Kutz ab, der sie erfreut entgegennahm. Er versprach, die Süßigkeiten umgehend bei den Kindern abzugeben.