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Bad Kissingen
Bad Kissingen: Eine Auszeit vom Leben - auch mit wenig Geld
Patricia Purkert will eine gemeinwohlnützige Stiftung gründen, denn auch wer finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, soll sich in der "Sinneszeit" erholen können.
'Sinneszeit': Geschäftsführerin Patricia Purkert hat in naher Zukunft noch einiges vor.
Foto: Isolde Krapf | "Sinneszeit": Geschäftsführerin Patricia Purkert hat in naher Zukunft noch einiges vor.
Isolde Krapf
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:02 Uhr

Das ganzheitliche Seminar-, Event- und Gesundheitszentrum wurde vor einem halben Jahr im Salinenblick eröffnet. Das Kursangebot steht. Ein Team von gut 20 Menschen trägt dazu bei, dass in dem idyllisch gelegenen Haus wieder Leben eingekehrt ist. Geschäftsführerin Patricia Purkert will sich jedoch Zeit geben, um die "Sinneszeit" langfristig auf gesunde Füße zu stellen. Demnächst möchte sie eine gemeinwohlorientierte Stiftung gründen, denn ihrer Philosophie nach sollten alle – auch sozial Schwache – die Möglichkeit haben, sich in Krisenzeiten an einem Rückzugsort seelische Unterstützung zu holen.

Auch heute gebe es viele Menschen, die hinter Yoga, Pilates und Spiraldynamik "etwas Esoterisches" vermuten, sagt Purkert. Jeder müsse sich aber darüber im Klaren sein, dass sich die Anforderungen im heutigen Leben geändert haben. "Alles ist schnelllebiger geworden. Die Menschen sind im Alltag oft überfordert. Man denke allein an den Stress mit dem Handy. Da braucht man einen Ausgleich, man muss zurück in die Ruhe kommen."

Einst Projekte in der ganzen Welt betreut

Die 43-Jährige weiß, wovon sie spricht. 20 Jahre Berufsleben liegen hinter ihr. 17 Jahre lang arbeitete sie als technische Zeichnerin in verschiedenen Würzburger Firmen und feierte auch Höhenflüge mit. Dabei ging sie an ihre Leistungsgrenzen, wenn ihr jeweiliges Architekten-Team große Aufträge ergattert hatte, wie zum Beispiel Entwürfe für die Reichstagskuppel in Berlin, für das BMW-World-Center in München oder für den Eingangsbereich des Trump Tower in Chicago.

Im Mai 2019 wurde im Salinenblick das ganzheitliche Seminar-, Event- und Gesundheitszentrum 'Sinneszeit' eröffnet.
Foto: Isolde Krapf | Im Mai 2019 wurde im Salinenblick das ganzheitliche Seminar-, Event- und Gesundheitszentrum "Sinneszeit" eröffnet.

Zwischendurch setzte Purkert noch eine Ausbildung als Mediengestalterin drauf. Irgendwann entdeckte sie Yoga und Pilates für sich und bekam die Chance, nebenbei in Schweinfurt ein eigenes Yoga-Zentrum aufzubauen. "Zum Schluss arbeitete ich 50 Wochenstunden in der Firma, leitete mein Zentrum in Schweinfurt und gab dort auch noch Kurse." 2013 dann der Crash: Die eigentlich Stress erprobte 36-Jährige brach zusammen. Diagnose: Burnout.

Radikaler Schnitt im Leben

Nach einer Therapie entschloss sie sich zu einem radikalen Schnitt in ihrem Leben: Sie kündigte ihren Job, ihr Yoga-Zentrum und ihre Wohnung. Dann packte sie das Notwendigste in ihren Rucksack und flog nach Thailand, um eine "Auszeit vom Leben" zu nehmen, wie sie sagt. Zwei Monate später kam sie zurück, eigentlich nur, um hier einige Dinge zu regeln. Dann wollte sie auf ihrem Weg der Selbsterkenntnis noch Australien und später Bali erkunden.

Doch sie lernte hier ihren jetzigen Lebensgefährten, Christian Dörner, kennen, und packte das Leben gemeinsam mit ihm an, wie sie sagt. Für die 43-Jährige war die Auszeit aber dennoch nicht zu Ende. Sie lebte von ihren Ersparnissen, nahm einen kleinen Job an und versuchte zu verstehen, was das Leben eigentlich ist. Da werde einem klar, sagt sie, wie es ist, wenn man "von der Hand in den Mund" leben muss, sich nicht ständig neue Klamotten kaufen kann und jeden Cent zweimal umdrehen muss.

Bad Kissingen und der Salinenblick

Im Sommer 2016 sei sie – inzwischen hochschwanger - wieder mal mit ihrem Partner, einem gebürtigen Bad Kissinger, hier in der Kurstadt zu Besuch gewesen und habe bei einem Spaziergang den Salinenblick entdeckt, erzählt sie. Das an den Saalewiesen gelegene, hübsche Anwesen begeisterte sie sofort. Ihr Lebensgefährte habe sie seinerzeit gefragt, ob sie sich vorstellen könne, hier zu leben.

Doch bis es soweit war, vergingen noch zwei Jahre. Im Sommer 2018 fiel die Entscheidung, nach Bad Kissingen zu gehen und, zusammen mit ihrem Lebensgefährten und Tochter Leela, die inzwischen leer stehende Wohnung im Salinenblick zu beziehen.

Geschäftsführerin Patricia Purkert (vorn links) erstellte, zusammen mit Meike Seltmann (vorn rechts), zu Beginn des Jahres ein Kursprogramm für die 'Sinneszeit'. Unter anderem wird auch Kanga-Training angeboten.
Foto: Archiv Benedikt Borst | Geschäftsführerin Patricia Purkert (vorn links) erstellte, zusammen mit Meike Seltmann (vorn rechts), zu Beginn des Jahres ein Kursprogramm für die "Sinneszeit". Unter anderem wird auch Kanga-Training angeboten.

Neue Konzepte braucht die Welt

Lange dauerte es nicht, bis sie schließlich Rainer Stein, dem Vorstandsvorsitzenden der Eigentümervereinigung Transparek (Bischofsheim), welcher das Anwesen in der Au gehört, ihr Konzept für die Zukunft unterbreitete. Er sei von ihren Plänen für die "Sinneszeit"sehr angetan gewesen. Das Haus brauche einen "Themenwechsel", habe Stein damals gesagt, denn Gastronomie allein trage sich nicht mehr, so Purkert. Seiner Ansicht nach müsse man sich als Unternehmer künftig neue Konzepte überlegen, um an einem Ort dauerhaft wirtschaftlich bestehen zu können.

Purkert hat den Salinenblick jetzt gepachtet und zahlt, nach eigenen Angaben, an die Transparek lediglich Nebenkosten. Denn auch das gehöre zu dem neuen Konzept dazu: Ein Teil des Geldes, das sie mit ihren Kursen und Events verdient, fließe in die Sanierung und Instandhaltung des Anwesens in der Au. Ihr Projekt werde von der Eigentümervereinigung wohlwollend beobachtet, sagt Purkert.

"Tiny Houses" als Rückzugsorte

Vorsichtig spricht sie über ihre künftigen Pläne: Ein Café im Garten gibt es bereits. Für die Kinder kann sie sich einen Abenteuer-Spielplatz vorstellen, und im früheren Gastro-Bereich sollen im Lauf der Zeit Praxisräume, zum Beispiel für Physiotherapie und Ernährungsberatung, eingerichtet werden, so die Geschäftsführerin. Im Außenbereich möchte sie sogenannte "Tiny Houses" bauen, in denen entweder Personen aus dem Team mal vorübergehend wohnen oder Gäste - auch aus Kliniken - für eine Auszeit verweilen können. Purkert hat bei der Stadt bereits mündlich nachgefragt und sei, wie sie sagt, dort auf positive Resonanz gestoßen.

Um all diese Neuerungen umzusetzen, möchte sie das Haus zunächst kaufen. Dazu braucht man natürlich etwas Geld, sagt die Geschäftsführerin und deutet an, dass aktuell bereits erste Gespräche in Richtung Kapitalfindung laufen. Mehr könne sie noch nicht verraten, sagt sie. "Aber ich habe ein sehr gutes Gefühl."

 
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