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Aschach
Aschach: Unerwartete Begegnung mit dem Grafen
3,1 Millionen Euro investierte der Bezirk Unterfranken in die Neukonzeption des Graf-Luxburg-Museums, behindertengerechter Fahrstuhl inklusive. Was Besucher dort erwartet.
Interessant in Szene gesetzt: die ostasiatische Sammlung im neu konzipierten Graf-Luxburg-Museum auf Schloss Aschach.
Foto: Isolde Krapf | Interessant in Szene gesetzt: die ostasiatische Sammlung im neu konzipierten Graf-Luxburg-Museum auf Schloss Aschach.
Isolde Krapf
 |  aktualisiert: 10.02.2024 02:28 Uhr

Großer Bahnhof in der Eingangshalle des Museums: Maria und Margarete  grüßen als Holzskulpturen von einem Türrahmen herunter. Im dahinter liegenden Zimmer lockt mich ein Riesen-Buddha zu sich hin. Als ich vor ihm stehe, sehe ich daneben in einer Vitrine den mächtigen eisernen Schlüssel zum Schloss. Der Gärtner durfte seinerzeit "unverdächtigen, anständigen Leuten" die Kunstsammlungen zeigen, wenn die gräfliche Familie auswärts weilte, steht da geschrieben.

Unverdächtig und anständig bin ich natürlich. Na, dann kann’s ja losgehen. Ich bin gespannt auf eine Zeitreise, die von der deutschen Gründerzeit bis zur Moderne reicht. Denn die Grafenfamilie von Luxburg residierte hier schließlich nahezu 100 Jahre (1873 bis 1968). Zusammen mit Dr. Birgit Speckle vom Bezirk Unterfranken und Museumsleiterin Josefine Glöckner beginne ich den Rundgang durchs Untergeschoss, in dem sich die einstigen Gesellschaftsräume der Familie befinden.

Schön auf dem Teppich bleiben!

Im Napoleon-Salon wird mein Blick von den Panorama-Tapeten gefesselt, die pittoreske Szenen aus napoleonischen Kämpfen zeigen. Das Neueste vom Neuen sind jetzt im Museum die Raum-Karten, die man sich allerorts zur Information schnappen kann. Und da piepst es auch schon laut vernehmlich im Raum. Aha! Ich bin vom ausgelegten Läufer abgekommen, warnt mich die technische Anlage. "Also immer schön auf dem Teppich bleiben!", lautet die Devise für den Schlossbesuch.

Für Besucher ganz neu hergerichtet wurde die Schlossküche. Im Bild Museumsleiterin Josefine Glöckner (links) und Dr. Birgit Speckle vom Bezirk Unterfranken.
Foto: Isolde Krapf | Für Besucher ganz neu hergerichtet wurde die Schlossküche. Im Bild Museumsleiterin Josefine Glöckner (links) und Dr. Birgit Speckle vom Bezirk Unterfranken.

Vom Spruchzimmer aus geht’s zur großen Schlossküche, die jetzt erstmals für Besucher geöffnet ist. Denn mit der musealen Neukonzeption soll nun auch der Blick auf das Leben der Dienstboten frei werden. Offensichtlich haben Speckle und Glöckner mit Viel Liebe zum Detail an der Einrichtung der Küche gearbeitet. Da hängen Pfannen und Backformen an der Wand, stehen Fleischwolf und Kaffeemaschinne auf dem Tisch. Und auf dem Herd scheint gerade ein Essen zubereitet zu werden: Heute gibt’s beim Grafen Forellen.

Die Küchengeheimnisse des Schlosses

Man habe sich den Kopf zerbrochen, wie man verschiedene Lebensmittel darstellen kann, sagt Speckle. Dann kam die Blitzidee: Warum nicht alles aus Holz schnitzen lassen? Zum Beispiel sind Forellen, Käse und Gelbe Rüben zu sehen. Hergestellt hat das die gebürtige Bad Kissinger Holzbildhauerin Kathrin Hubel. Drüben in der Silberputz-Ecke hat wohl gerade jemand das Besteck der Herrschaft mit "Hofmanns Silberglanz-Stärke" blank gerubbelt. Neben der kleinen Speisekammer mit allerlei altem Gerät lädt eine helle Sitzecke am Fenster zum Brüten über den einstigen "Küchengeheimnissen" ein.

Später, im Gang - da war doch was! – huschen plötzlich zwei Schattengestalten über die Wand: Es sind die Silhouetten zweier Dienstboten, die vielleicht gerade der Herrschaft das Essen bringen?  Auf den Personenkarten an der Wand kann ich nachlesen, wer sich bei den Grafen verdingt hatte. Und dann geht’s auch schon in den großen Speisesaal. Welch ein offenherziger Kontrast zu dem dunklen, schweren Plüsch-Ambiente des früheren Zimmers! Seinerzeit hatten Absperrbänder den Besucher davon abgehalten, näher an den Tisch zu treten und Porzellan und Gläser zu bestaunen. Jetzt ist all das weg.

Blick in den schmucken Speisesaal der Von Luxburgs.
Foto: Isolde Krapf | Blick in den schmucken Speisesaal der Von Luxburgs.

Inszenierung mit Laterna Magica

Ist der Graf wohl gerade vom Tisch aufgestanden? Ein Stuhl jedenfalls ist beiseite gerückt, die Serviette liegt achtlos auf dem Polster, während die Kartoffeln auf dem Teller einladend zu dampfen scheinen. Oder ist er schon ins Rauchzimmer gegangen? Denn dort glimmt seine Zigarre auf dem Aschenbecher: Eine argentinische Corrientes oder doch eine Panama? Mittels einer Laterna Magica wird für den Besucher diese Illusion erzeugt. Speckle nennt es eine "Inszenierung", die den Zeitgeist von damals zurückholen soll.

Schon im ersten Stockwerk wird klar: Aus dem dunklen, etwas verschlafen wirkenden Heimatmuseum der vergangenen Tage ist jetzt eine moderne, hellwache Ausstellung geworden – trotz oder eigentlich wegen bestimmter Retro-Relikte, wie zum Beispiel dem Gucki, das ich selbst noch aus Kindertagen kenne. Wenn ich damals durch meinen kleinen Klickfernseher sah, konnte ich mich in eine andere Welt träumen. So sollen auch die Guckis im Schloss Perspektiven aus längst vergangenen gräflichen Tagen aufzeigen.

Blick in die Privaträume

Im Mittelgeschoss sind die privaten Räume des Grafenpaars Karl und Carola zu bestaunen, wie zum Beispiel der Gelbe Salon, in dem man plötzlich hört, wie die Gräfin sich mit ihrem Dienstmädchen unterhält. Ähnlich angeordnet sind im Obergeschoss die Privaträume von Friedrich und Luise: das Schlafzimmer, Billard- und Arbeitszimmer sowie die hochherrschaftliche Privatbibliothek.

Der sterbende Holofernes in Judiths Schoß: Ein Ausschnitt des berühmten Tafelgemäldes von Lucas Kranach dem Älteren.
Foto: Isolde Krapf | Der sterbende Holofernes in Judiths Schoß: Ein Ausschnitt des berühmten Tafelgemäldes von Lucas Kranach dem Älteren.

Während sich Graf Friedrich für europäische Kunst erwärmte, hatte sein Sohn Karl eine große Schwäche für ostasiatische Mitbringsel, darunter zum Beispiel Porzellan aus dem Kaiser-Palast in Peking. Die beiden Sammlungen sind freilich die Highlights im Schloss. Und so betrete ich im Obergeschoss ehrfürchtig das Zimmer mit dem gotischen Tafelgemälde von Lucas Cranach dem Älteren (um 1472 bis 1553), dem großen Künstler der Reformation.

Judith und Holofernes

"Judith mit dem Haupt des Holofernes" soll um das Jahr 1525 entstanden sein und zeigt Judith aus dem Alten Testament, die Holofernes überlistete und enthauptete, um das Volk der Israeliten vor dem Überfall des Hauptmanns und seines Heeres zu retten. Ein bisschen gruselig finde ich die Geschichte schon.

Die Ausstellung der Ostasiatika, die Graf Karl von seinen Reisen mitbrachte, zieht mich schließlich völlig in den Bann. Die kostbaren Raritäten sind jetzt in vier hellen Räumen spektakulär in Szene gesetzt. Vorsicht Spiegeleffekt! Schaut man nach links, sieht man im Spiegel auch, was in den Vitrinen an der rechten Seite steht - und umgekehrt: Das Repertoire an kleinen und großen Schalen, Tellern, Schüsseln, Kannen und Vasen wirkt umso reichhaltiger nach. Alles ist nach Themen sortiert und kommt in den sorgfältig gewählten Lichtkegeln richtig zur Geltung.

Diesen Buddha im Schloss darf man berühren, denn wer ihm über den Bauch streichelt, bleibt angeblich gesund.
Foto: Isolde Krapf | Diesen Buddha im Schloss darf man berühren, denn wer ihm über den Bauch streichelt, bleibt angeblich gesund.

Gesundheit vom Buddha

"Das hätten wir so nie alleine hingekriegt", sagt Speckle respektvoll über Dr. Adele Schlombs, Direktorin des Museums für ostasiatische Kunst in Köln, die die Objekte kuratierte. Zu Corona-Zeiten übrigens kein leichtes Unterfangen, "denn ich habe sehr viele Fotos hin- und hergeschickt und ständig telefoniert", sagt Glöckner.

Bei den Exponaten handelt es sich großenteils um Porzellan aus China. Aber man findet auch Sammlerstücke aus Japan. Irgendwo erspähe ich dann den Mini-Buddha, von dem ich schon weiß, dass Besucher ihn anfassen dürfen. Natürlich streichle ich sofort seinen mächtig gewölbten Bauch, denn das soll angeblich Gesundheit und Glück bringen. Und wer kann das nicht brauchen jetzt in der Corona-Zeit?

Krimi im Schloss

In einem anderen Raum sind die Gefäße dem Konfuzianismus, dem Buddhismus und dem Daoismus untergeordnet worden. Spannend wird's schließlich noch einmal im "Krimi-Raum" (Speckle). Hier stehen Exponate, die man zunächst nach ihrem Wert identifizieren musste. Für Adele Schlombs galt es, mit kriminalistischem Spürsinn ans Werk zu gehen, sagt Speckle. Denn es mussten die kommerziellen und gefälschten Porzellane von denen unterschieden werden, die am kaiserlichen Hof entstanden.

Öffnungszeiten der Museen: dienstags bis samstags von 14 bis 17 Uhr und sonntags und feiertags von 11 bis 17 Uhr.

 
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