Viele Menschen in Deutschland fasten regelmäßig, nicht nur während der Fastenzeit. Ein- bis zweimal im Jahr verzichten sie für ein paar Tage oder eine Woche auf feste Nahrung und ernähren sich stattdessen von Wasser, Tee, Frucht- oder Gemüsesaft oder Gemüsebrühe. Dabei steht für die meisten nicht das Abnehmen im Vordergrund. Viele nutzen diese Zeit einfach, um sich etwas Gutes zu tun, zur Ruhe zu kommen oder Körper und Geist in Einklang zu bringen. Sabine Mahlmeister, Ökotrophologin und Ernährungsberaterin und Elisabeth Strick, Kreativ- und Rhythmustherapeutin - beide an den Heiligenfeld Kliniken in Bad Kissingen und Uffenheim - erklären, warum sich Fasten lohnt.
1. Fasten wirkt sich positiv auf Körper und Geist aus
"Fasten hat eine positive, reinigende Wirkung und das ist nicht nur ein subjektives Gefühl – sondern tatsächlich objektiv messbar", sagt Sabine Mahlmeister. Fasten steigere das Wohlbefinden, schaffe einen klareren Kopf, verbessere Blutdruck- und Cholesterinwerte und reduziere Entzündungsprozesse. "Das bedeutet, Fasten ist gut für die körperliche wie die psychische Gesundheit", erklärt die Ökotrophologin.
2. Fasten ist mehr als der Verzicht auf Nahrung
"Fasten als bewusster Verzicht auf feste Nahrung, hat eine lange Tradition", sagt Mahlmeister. In Deutschland sei das Heilfasten nach Buchinger, das auf den deutschen Arzt und Naturheilkundler Otto Buchinger zurückgeht, am bekanntesten. Erlaubt sei dabei für fünf Tage oder länger nur der Verzehr von Wasser, Tee, Gemüsebrühe und verdünnten Säften. Neue Varianten des Fastens sind Basenfasten, Detoxkuren oder auch Intervallfasten. Im Gegensatz zu Diäten gehe es beim Fasten nicht um eine Gewichtsabnahme, sondern um Entgiftung und Regeneration, so die Ärztegesellschaft Heilfasten und Ernährung. Beim Fasten stelle der Körper schnell auf die Fettverbrennung um. Dabei würden nachweisbare Veränderungen nicht nur im Stoffwechsel, sondern auch in der Psyche auftreten.
3. Fasten kann jeder, unabhängig vom Glauben
In vielen Religionen, aber auch im modernen Gesundheitsbewusstsein, hat Fasten einen festen Platz. "Der Frühling ist von jeher die klassische Fastenzeit", sagt Mahlmeister. Kein Fleisch zu essen oder auf Naschereien zu verzichten, galt in manchen Religionen schon als Fasten. Das umzusetzen bedarf aber keiner religiösen Ausrichtung. "Daher kann jeder fasten, gläubig oder nicht gläubig, wenn er etwas für sich und seine Gesundheit tun möchte", so die Ernährungsberaterin.
4. Fasten kann man das ganze Jahr über - ganz unabhängig von der Fastenzeit
"Am besten beginnen Sie die Fastenkur mit ein bis zwei Entlastungstagen, in denen Sie nur leichte Kost zu sich nehmen und auf fettreiche Nahrungsmittel und Fertiggerichte verzichten", erklärt die Ernährungsberaterin der Heiligenfeld Klinken. Nach einer Darmentleerung könne dann das eigentliche Fasten beginnen. Denn ein Nebeneffekt eines leeren Verdauungstraktes sei ein geringeres Hungergefühl. Bekannte Abführmittel sind beispielsweise Glaubersatz oder der klassische Einlauf. Das Wichtigste beim Fasten sei, dem Körper genug Flüssigkeit zuzuführen. "Ein Teil der Flüssigkeit stammt aus der Ernährung, auch diese muss ich ersetzen", sagt Mahlmeister. Das gelinge am besten mit Wasser, Tee, Gemüsebrühe, Frucht- oder Gemüsesäften, sodass man auf mindestens drei Liter Flüssigkeit am Tag kommt. "Nur so werden unser Gehirn und die Organe ausreichend mit Mineralien versorgt."
5. Fasten klappt leichter mit professioneller Hilfe oder in der Gruppe
All jenen, die das erste Mal fasten wollen, empfiehlt Mahlmeister eine fachliche Unterstützung. "Sprechen Sie vorab mit Ihrem Arzt für die Abstimmung bei Medikamenteneinnahmen, und klären Sie, wie viel man trinken sollte oder wie man vor dem Fasten richtig abführt, sprich: den Darm entleert." Natürlich könne jeder auch alleine fasten, doch der positive Effekt einer Gruppe sei nicht zu vernachlässigen. "Die Gruppe kann mich stützen, halten, helfen oder ich kann andere motivieren", sagt die Ernährungsberaterin.
6. Fasten hilft, alte Gewohnheiten abzulegen
"Fasten hat auch mit dem Ausbrechen aus gewohnten und oft unbewussten Verhaltensweisen zu tun", sagt die Kreativtherapeutin Elisabeth Strick. Diese Automatismen oder Gewohnheiten würden zum einen Halt und Sicherheit geben und unser Leben auf vielfältige Art vereinfachen; zum anderen könnten sie aber auch schädigend und krankmachend sein. "Fasten ist eine Möglichkeit, uns dieser wiederholenden Automatismen bewusst zu werden", sagt Strick. "Es genügt vielleicht schon, wenn ich meiner täglichen Routine nicht mehr folge, sondern etwas Neues oder Anderes ausprobiere." Was gut tut? Das sei ganz unterschiedlich: "Manch einer braucht absolute Stille, manchen reicht es schon, die Natur anzuschauen mit einem Blick in die Ferne, andere meditieren und wieder andere genießen einen Waldspaziergang."
7. Fasten hilft dabei, achtsamer zu leben
Spiritualität gehe mit Achtsamkeit einher. Momente werden so bewusst wahrgenommen und erlebt. Das bedeute, ganz im Hier und Jetzt zu sein - ohne jede Wertung - und Dinge aus einer inneren Stimmigkeit heraus zu tun. "Wer diese Verbindung schon einmal erlebt hat weiß, dass darin nichts fehlt. Alles ist da. Alles ist gut - genauso, wie es gerade ist. In dieser inneren Verbindung sind wir ganz, sind in der Fülle - da sind wir sozusagen satt", erklärt Strick. In diesem Sinne verhelfe bewusstes Fasten zu einer vertieften Spiritualität. Das Bewusstsein könne sich beim Fasten, unter anderem über den Verzicht auf Nahrung, vertiefen und ausdehnen.
8. Fasten lässt sich auf persönliche Bedürfnisse abstimmen
"Spirituelles Fasten kann auch dadurch geschehen, dass wir zum Beispiel weniger Medien konsumieren, nicht jeden Tag Nachrichten schauen, eine Zeit lang kein Handy benutzen; dass wir ungute Gedankenschleifen, die zu unguten Gefühlen führen, unterbrechen – und stattdessen konsequent immer wieder die Aufmerksamkeit nach innen, in unsere innere Welt, stärken", sagt Strick. Fasten in der Verbindung mit Spiritualität habe nicht wirklich mit Verzicht zu tun, sondern mit der bewussten Wahl und dem Luxus, wirklich ganz in diese innere Verbindung einzutauchen. "Fasten kann uns ein Fenster in unsere innere Welt eröffnen und uns so in unserem heilsamen Innenkontakt unterstützen, der sich auch im Außen zeigt."