
Am Donnerstag, 22. Juni, verwandelt sich das 900-Seelen-Dorf Rottershausen (Lkr. Bad Kissingen) einmal mehr in ein Mekka für Musik- und Festivalfans. Insgesamt zum zwölften Mal findet das Ab geht die Lutzi-Festival am nördlichen Ortseingang rund um das Sportgelände des FC Rottershausen statt. Wo normalerweise Fußballspiele stattfinden, wird zwischen Donnerstag und Samstag – für die Camping-Gäste sogar bis Sonntag – ausgelassen gefeiert und mitgesungen.
Rock im Park, Taubertal-Festival und Umsonst & Draussen-Festival in Würzburg: Wenn man auf den Festivalkalender schaut, ist das Ab geht die Lutzi nur eines von vielen solcher Veranstaltungen. Aber im Vergleich zu den teils deutlich größeren Geschwistern wartet die 5000-Personen-Veranstaltung im Landkreis Bad Kissingen mit einigen Besonderheiten auf, die sie von der Konkurrenz abheben.
1. Ein Festival gestemmt von Ehrenamtlichen
Seit gut zwei Wochen laufen die Aufbauarbeiten fürs Festival in Rottershausen. Der Aufwand, der hinter der Veranstaltung steckt, ist aber um einiges größer. Drei Wochen Urlaub übers Jahr würden nicht ausreichen, erzählen Christian Stahl und Klaus Schmitt, zwei der Mitveranstalter, im Gespräch mit dieser Redaktion. Im September eines jeden Jahres starten die Planungen. Vom Camping bis zur Bühne muss alles bedacht werden. In den Köpfen hat das die 3o-köpfige Organisationscrew, die sich mittlerweile teilweise bis Berlin und München verteilt. Bereuen würde es keiner, wie die beiden sagen. Der harte Kern von 2010, dem ersten Ab geht die Lutzi-Festival, sitze noch immer am Tisch.
Insgesamt trage sich das Festival "komplett ehrenamtlich", wie Stahl sagt, der auf circa 350 Helferinnen und Helfer zählen kann. Den Anfang hatte die Veranstaltung gemacht, nachdem zum 90-jährigen Bestehen des Vereins die Idee aufgekommen war, einmal etwas anderes zu machen. Die passionierten Festivalgänger hoben die Lutzi aus der Taufe, beim ersten Mal mit 800 Gästen, wie sie stolz erzählen.
"Es helfen von Kids bis Rentnern alle mit", erzählt Stahl. Ihm ist vor allem wichtig, dass es mit dem Dorf passen muss. In den Anfangsjahren seien die Mitbürgerinnen und Mitbürger noch skeptisch gewesen, berichtet er. Das hat sich mittlerweile geändert: Nun kann es gut passieren, dass beim Festival-Frühschoppen ein Tisch halb mit Rottershäuser Rentnern und halb mit Punks besetzt ist.
"Es gibt ganz viele Ältere, die das gut finden", erzählt Stahl. Letztendlich würde das Dorf auch vom Festival profitieren, durch Equipment oder da die Festivalcrew mittlerweile auch die Kneipe im Vereinsheim stemmt. Und Ärger gab es bis auf ein verschwundenes Fahrrad oder einen abtrünnigen Gartenzwerg auch noch nicht.
2. Ab geht die Lutzi: Kleines Festival, trotzdem große Namen
Während der Anfang des Ab geht die Lutzi ausschließlich mit lokalen Bands stattfand, die auch immer noch ein Bestandteil der Veranstaltung sind, finden sich im Jahr 2023 trotz der eher überschaubaren Größe des Festivals auch bekannte Bands und Acts im Line-up wieder. "Wir wollen nicht größer werden und über die 5000 Leute kommen", erklärt Stahl.

Mit den "257ers" – bekannt unter anderem durch die Singles "Holz", "Holland" und "Baby du riechst" –, die auch schon mit dem umstrittenen Schlagerstar Andreas Gabalier auf der Bühne standen, "The Subways" sowie "Madsen" darf sich das Publikum auf bekannte Headliner freuen. Auch in der Vergangenheit heizten bereits Acts wie die "Antilopen Gang" und die "Donots" auf dem Festival ein.
3. Nicht nur Musik, sondern auch das Drumherum
"Lutzi ist ein DIY-Festival, das von vielen Ehrenamtlichen mit ganz viel Liebe aufgezogen wird. Es gibt neben der Musik auf den Bühnen unglaublich viel zu entdecken", beschreibt Veranstalter Christian Stahl die Besonderheiten des Ab geht die Lutzi 2023. Als Geheimtipp nennt er hier das Radioballett, welches 2023 neu dazugekommen und an allen drei Tagen auf dem Festival zu finden ist. Dabei handelt es sich um eine interaktive Peformancekunst zum Mitmachen. Außerdem gibt es – auch neu – Secret Gigs, über die bisher nur bekannt ist, wann sie stattfinden und wo, aber nicht wer auftreten wird.
"Man kommt nicht mehr nur wegen der Bands. Früher war das anders", sagt Veranstalter Stahl. Was wohl auch ein Grund ist, warum das Lutzi-Team so viele verschiedenen Aktionen anbietet. Auch in diesem Jahr wird es unter anderem das Bieryoga, den Festival-Frühschoppen, die Schnitzeljagd und eine Sauna geben.
4. Nachhaltigkeit beim Festival
Nachhaltigkeit spielt in der Gesellschaft eine immer größere Rolle, so auch beim Ab geht die Lutzi-Festival 2023. Neben Dixis (mobile Toiletten) wird es auch nachhaltige, betreute Toiletten geben, die geputzt werden. Diese nachhaltigen Toiletten würden ohne Chemie auskommen, wie die beiden Veranstalter Christian Stahl und Klaus Schmitt erklären. Solche Toiletten seien bereits einmal auf dem Festival gewesen, nun feiern sie ihr Comeback.

Außerdem gebe es Fahrradständer und es wird etwas für die nachhaltige Anreise getan, wofür in diesem Jahr allein das 49-Euro-Ticket einen Anreiz geschaffen haben dürfte. Laut Stahl gebe es die App "Wohin du willst", mit der die Reiseplanung durchgeführt werden könne, also die Möglichkeiten aufgezeigt werde, wie man zum Festival kommen kann – egal ob ÖPNV, Bahn oder Mitfahrgelegenheit. Erstmalig wird in diesem Jahr das Mietzelt angeboten, was die Entscheidung für die Anreise mit dem Zug zudem erleichtern dürfte, weil das Gepäck weniger wird. Bier und Wasser können ebenfalls vorbestellt werden.
Vor allem beim Camping trägt auch das Verbot von Hartplastikbechern sowie das Verbot zum Mitbringen von Möbeln wie Sofas, Sesseln und Schränken dazu bei. Die Veranstalter rufen zudem zum Verzicht von Einwegartikeln auf, auch wenn diese nicht verboten sind. Camperinnen und Camper müssen ein Müllpfand hinterlegen. Bei Rückgabe eines halbwegs gut gefüllten Müllsacks gibt es dieses am Ende wieder zurück.
5. Barrierefrei und bezahlbar: Ein Festival für alle
Das Ab geht die Lutzi-Festival soll so sein, wie sich das die Veranstalter vorstellen und wohl auch selber wünschen würden, wenn sie auf ein Festival gehen würden. "Das Festival soll für jeden erlebbar sein und passen", sagt Christian Stahl. Um das Ziel erreichen zu können, setzt man sich beim Lutzi auf verschiedenen Ebenen ein. Dazu gehört das Thema Barrierefreiheit, für das beispielsweise die Website in "leichte Sprache" übersetzt wurde, die Tresen abgesenkt und große Schilder aufgestellt werden sowie barrierefreie Toilettencontainer samt Duschen vorhanden sind.

Außerdem gebe es ein Awareness-Team, das bei Problemen dem Publikum als Unterstützung zur Verfügung steht, um beispielsweise Nachbarschaftsstreitigkeiten auf dem Campingplatz zu lösen. Um ein Festival für alle zu sein, gehören zudem verschiedene Genres dazu, die auf den Bühnen dargeboten werden. Und die Ticketpreise. "Wir wollen es nach wie vor günstig halten. Es soll sich jeder leisten können", sagt Stahl.
Tickets fürs Ab geht die Lutzi-Festival gibt es bis zum 21. Juni im Vorverkauf unter dielutzi.de sowie an der Abendkasse.