Anne Böckler-Raettig kennt sich mit Freundlichkeit aus – am Würzburger Institut für Psychologie erforscht sie das soziale Verhalten und die soziale Wahrnehmung von Menschen. An der „Seid's freundlich“-Kampagne erkennt sie viele ihre Forschungsthemen wieder.
Frage: Frau Böckler-Raettig, Julian T., der Initiator von „Seid's freundlich“, will die Kette der Unfreundlichkeit durchbrechen. Lässt sich dieses Phänomen wissenschaftlich erklären?
Anne Böckler-Raettig: Ja, dieser Teufelskreis ist tatsächlich bekannt: Wenn mir gegenüber jemand unfreundlich ist, verhalte ich mich anders – ich ziehe mich etwa zurück oder werde selbst aggressiv. Und das vermindert die Chance für positive Interaktion mit anderen Menschen oder macht andere dann auch wieder wütend. Da reicht schon ein Gesichtsausdruck: Wenn in der U-Bahn alle grimmig schauen, schaut man selbst grimmiger und fühlt sich dann auch so. Das hat etwas mit Empathie zu tun – Gefühle sind ansteckend. Zum Glück funktioniert das genauso gut bei Freundlichkeit.