
Klettern schult Kraft, Koordination – und das Gehirn
Und davon gibt es einige. Der Rücken wird trainiert, Haltung und Körperspannung werden verbessert, der Gleichgewichtssinn wird gefördert. „Und es befreit den Geist. Man lernt, konzentriert zu sein“, sagt Schwab. Ähnlich sehen es die Anderen. Doris Ofenhitzer zum Beispiel. Sie hat erst in der Gruppe klettern gelernt. „Man kann also auch noch spät anfangen“, sagt die 59-Jährige. „Es macht einfach Spaß und man baut eine wahnsinnige Kraft auf.“
Aber ist der Sport aus medizinischer Sicht wirklich geeignet für Senioren? „Grundsätzlich ist Bewegung in jedem Alter wichtig und gesund“, sagt Dr. Michael Schwab, Chefarzt der Geriatrischen Reha-Klinik des Bürgerspitals. Speziell beim Klettern würden Kraft, Koordination und Körpergefühl sowie vor allem die unteren Rückenmuskeln trainiert – und durch die wechselnden Anforderungen an der Wand tatsächlich auch das Gehirn. Wer mit über 50 noch den Neueinstieg in die Vertikale wagt, dem rät Schwab zu einem Check beim Hausarzt vorab und einem langsamen Start. Bänder und Gelenke benötigten bis zu einem Jahr, um sich anzupassen. Und: Mehr als drei Mal pro Woche sollte man im Alter nicht mehr trainieren, die Muskeln brauchen Zeit zur Regeneration.
„Das Limit liegt nicht im Alter“
„Ideal für die Gesundheit ist eine Kombination aus Krafttraining wie Klettern oder auch Besuche im Fitnessstudio, Koordinations- und Ausdauertraining wie Wandern oder Joggen“, sagt Schwab. Immer gilt dabei: Spaß haben und nicht übertreiben. „Das Limit liegt nicht im Alter, grundsätzlich ist erlaubt, was gefällt. Leben ist Bewegung – im wahrsten Sinne des Wortes in allen Ebenen.“
So sieht es auch Peter Schöderlein. Er schlendert zwischen den Gruppenmitgliedern hindurch, korrigiert faltige Hände, wenn sie den Knoten beim Anseilen falsch knüpfen. Berichtigt, wo nötig, aber nie von oben herab. Alle „seine Kletterer“ beherrschen die Technik, neuen Mitgliedern bringt er sie geduldig bei. Nicht nur, wie Füße und Hände an der Wand Halt finden, sondern vor allem das Sichern. „Das ist das Wichtigste überhaupt“, sagt der Trainer. Egal ob in der Halle oder draußen, am Fels.
18 Senioren kletterten gemeinsam in Tirol
Dorthin zieht es die Senioren immer wieder. Erst im September waren 18 Gruppenmitglieder gemeinsam zum Klettern in Nassereith in Tirol. Zuvor ging es bereits nach Arco an den Gardasee, zur Steinwand in der Rhön und immer wieder in die Fränkische Schweiz. Klar ist: „Wenn wir irgendwo hinfahren, bringt jeder etwas mit“, sagt Gerlinde Kramer. Sie zählt ebenfalls zu den „Gründungsmitgliedern“ der Seniorenkletterer, an diesem Vormittag allerdings ist sie nur Zuschauer. Eine Knieoperation steht an, das künstliche Gelenk knirscht. Sobald der Eingriff überstanden ist, will sie wieder dabei sein. Schließlich ist „klettern gut für die Gesundheit“.