Seit 2006 zieht er als Präsident des „Center for Financial Studies“ am House of Finance der Frankfurter Goethe-Universität die Fäden.
In seiner aktiven Zeit bei der EZB stand Issing als „Falke“ für eine restriktive Geldpolitik, die der Verteidigung der Preisstabilität oberste Priorität einräumt. Dass Europas Währungshüter seit geraumer Zeit Schwierigkeiten haben, das selbst gesetzte Inflationsziel von knapp unter 2,0 Prozent zu erreichen, ist für Issing kein Grund, die Vorgabe grundsätzlich in Frage zu stellen. „Es ist nicht die Zeit, das Ziel von unter zwei Prozent Inflation zu ändern. Ich plädiere jedoch dafür, die Zeitvorgabe für die Erreichung des Ziels wesentlich zu verlängern.“
Geduld, die EZB-Präsident Mario Draghi nicht zu haben scheint: Mitte März verschärfte die Notenbank ihren Kampf gegen die Mini-Inflation noch einmal. Mancher Kritiker meint, die EZB habe ihre Kompetenzen überschritten und es brauche mehr demokratische Kontrolle einer so einflussreichen Institution. Doch für die Unabhängigkeit der EZB hat Issing einst selbst gekämpft. Der US-Ökonom Milton Friedman habe ihm zum „unmöglichen Job“ bei der EZB gratuliert, sagte Issing vor Jahren: „Er war überzeugt davon, dass die Währungsunion innerhalb der nächsten fünf Jahre auseinanderfallen werde.