„Architekt der europäischen Geldpolitik“, „Heimlicher Herrscher der EZB“, „Mr. Euro“ – mit Titeln ist Otmar Issing während seiner Berufslaufbahn überhäuft worden. Der Würzburger Wirtschaftsprofessor drückte der Geldpolitik in Europa seinen Stempel auf – zunächst als Chefvolkswirt der Deutschen Bundesbank (Oktober 1990 bis Mai 1998) und anschließend in gleicher Position bei der Europäischen Zentralbank (EZB/Juni 1998 bis Mai 2006). Bis heute ist seine Expertise gefragt. Am Ostersonntag feiert Issing im Familienkreis in seiner fränkischen Heimat seinen 80. Geburtstag.
Dass Europa seit Jahren nicht aus dem Krisenmodus herauszukommen scheint, beobachtet der Jubilar mit Sorge. „Wie oft wurde in Sonntagsreden die europäische Solidarität gepriesen. Die Flüchtlingskrise hat offenbart, dass für die Mitgliedstaaten der EU nationale Interessen nach wie vor an erster Stelle stehen“, konstatiert Issing. „Die Idee einer politischen Union bleibt allenfalls eine Vision für die ferne Zukunft.“