Nach 18 Uhr, wenn die Geschäftsleute ihre Läden abgeschlossen haben, liegt die Ochsenfurter Altstadt da wie eine gotische Puppenstube. Einheimische und Touristen sind am Flanieren nicht zu unterscheiden, alle scheinen Zeit zu haben. So ruhig ist es hier, dass man die Fahrräder rauschen hört.
Refugium für Großstädter
Ochsenfurt ist ein Refugium für Großstädter am Rande des Nervenzusammenbruchs. Es könnte aber auch ein Albtraum des kommunistischen Liedermachers Franz-Josef Degenhardt sein: „Sonntags in der kleinen Stadt/Wenn die Spinne Langeweile/Fäden spinnt und ohne Eile/Giftig-grau die Wand hochkriecht …“.
Als Degenhardts Verlegerin Simone Barrientos vor drei Jahren, nach 30 Jahren in Berlin, nach Ochsenfurt zog, sorgte sie sich: Was soll sie machen, wenn das eine kleine Stadt ist, in der man, wie Degenhardt singt, friert vor Gemütlichkeit? Aber Ochsenfurt wirkt anders auf sie, „mehr wie eine Hafenstadt, mit offenen Menschen, die Fremdes nicht beäugen“. Verlasse sie ihr Haus, erzählt sie, habe sie ein Gefühl von Urlaub. „Man rennt nicht, man wird entschleunigt.“