
Wer Siegemund mit der Trophäe strahlen, wer sie beim Porsche Grand Prix spielen und siegen sah, kann sich kaum vorstellen, dass ihre Karriere eigentlich schon mal beendet war. Doch ihre Geschichte ist die eines Tennis-Wunderkindes, das erst spät ihr großes Glück auf dem Platz fand. Als Jugendliche wurde die Metzingerin gefeiert, musste Vergleichen mit Steffi Graf standhalten, zerbrach aber am Druck.
Erst als sie eine Karriere-Pause einlegte, fand sie die Gelassenheit. Nach zu vielen Pleiten entschloss sie sich 2012, das Profi-Leben zu beenden. Studierte Psychologie, bestand ihren A-Trainer-Schein. Der Titel von Siegemunds Bachelor-Arbeit: „Versagen unter Druck”.
Gegen die 23 Jahre alte Französin Mladenovic, bislang eine der erfolgreichsten Spielerinnen der Saison, meisterte der schwäbische Wirbelwind den Druck famos. Auf Angelique Kerber haben vielleicht viele als Finalistin gesetzt - oder zumindest gehofft. Möglicherweise auch auf Maria Scharapowa, deren Rückkehr nach dem Dopingvergehen glückte. Aber Wildcard-Inhaberin Siegemund? Nicht bei diesem hoch dekorierten Feld. „Das ist nicht nur eine unglaubliche körperliche und spielerische Leistung, sondern vor allem auch mental”, lobte Bundestrainerin Barbara Rittner nach dem Triumph im SWR.