
...mit Lob nicht klar. Ich bildete mir ein, Lob schade mir, es verleite mich, nachzulassen. Kam keine Anerkennung, fühlte ich mich bestätigt: Meine Arbeit, das Wichtigste in meinem Leben, taugt nichts.
Es waren dunkle, lähmende Phasen, aus denen ich irgendwie wieder herausfand. Lebensgefährtinnen und Freunde halfen, auch Musik, Literatur und Theater, meine Leidenschaft für die X-Rays, die Basketballer.
1998 heuerte ich im Würzburger Rathaus an. Drei unbefriedigende, tatenlose, bedeutungslose Jahre folgten; ich hielt die Langeweile nicht aus und kündigte. Aber ich war in eine Verstimmung geraten, aus der ich alleine nicht mehr herausfand. Trotz aller Not hielt ich diesen Seelenzustand für normal. Dann riet mir eine Freundin zu Johanniskraut. Sie hatte das Schwarze Tier erkannt: die Depression.
Ich nahm Dragees vom Johanniskraut, nach ein paar Wochen fühlte ich mich wieder fit.
Ich weiß nicht mehr, wann es richtig schlimm wurde. 2006 erlebte ich die gloriose Fußball-Weltmeisterschaft nur gedämpft. Immerhin: Ein wenig ließ ich mich von der Euphorie in Würzburg anstecken, und dann verliebte ich mich auch noch. Das Wohlgefühl hielt nicht lange an. Ich wollte meinen Job so gut wie möglich machen, steckte alle Kraft in die Arbeit, für Zwischenmenschliches blieb nichts mehr übrig. Ich stand immer öfter in der nachtschwarzen Wüste, unfähig, mir über mich selbst im Klaren zu werden, und unfähig, meinem Umfeld etwas zu erklären. Ich ahnte die Depression, aber mir fehlte der Antrieb, Hilfe zu suchen. Ein Gedanke ging mir ständig durch den Kopf: Ich bin so müde. Ich kann nicht mehr.
Ich schlug mich in diesen Jahren mit den Problemen herum, die einen freien Journalisten eben plagen: zu wenige und zu schlecht bezahlte Aufträge, nie ein Moment wirtschaftlicher Sicherheit. Ich konnte Geschichten an die Frankfurter Rundschau, die Neue Zürcher Zeitung und sonst wohin verkaufen, gute Gründe eigentlich, selbstsicher zu sein, aber ich schätzte die Qualität meiner Arbeit gering, und der Druck wuchs. Ich konnte mir keine Ausfälle leisten, aber je mehr mir meine Schwäche bewusst wurde, desto größer wurde der Druck.
Ich fühlte mich wie zerschlagen. Die ersten Zeilen eines Artikels wurden zum endlosen Schrecken, angefangene Artikel brachte ich nicht mehr zu Ende – keine Kraft, keine Ideen, keine Fantasie. Ich hatte das Gefühl,...