
Wo denn?
Kraus: Meine Beobachtung aus drei Jahrzehnten quer durch die Bundesländer ist, dass Leistungsprinzip und Anspruchsniveau gelitten haben. Unsere Schüler können weniger. Das gilt für diejenigen, die aus der Grundschule kommen – das gilt aber auch für die Schulabgänger. Weiterführende Schulen und Universitäten klagen darüber, dass Schüler bestimmte Dinge, gerade im Bereich der Kulturtechniken, nicht mehr können – also Defizite im Rechnen, Schreiben, Lesen.
Woran liegt das? Wollen sich Schüler heute weniger anstrengen oder wird zu wenig gefordert?
Kraus: Die Schule verlangt zu wenig – aber nicht aus eigenem Antrieb heraus, sondern weil sie über die Bildungspolitik zu mehr Anspruchslosigkeit verpflichtet worden ist.
Warum sollte das so sein?
Kraus: Weil die Politik schöne Bilanzen haben will. So werden in relativ kurzer Zeit Abiturquoten hoch- oder Durchfallerquoten runtergeschraubt. Das ist einfacher, als wirklich anspruchsvolle Bildung umzusetzen. Mit Manipulationen an Notenberechnungsformeln kann ich von heute auf morgen die Ergebnisse schönen.