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WÜRZBURG/MÜNCHEN
Bahn-Streik: Nur wenige Züge fahren
Der viertägige Rekordstreik der Lokführer-Gewerkschaft GDL führt seit Donnerstagmorgen zu Ausfällen im Personenverkehr der Bahn - auch in Mainfranken.
Kaum jemand hielt sich am Donnerstagmorgen auf den Bahnsteigen des Würzburger Hauptbahnhofs auf. Die Reisenden hatten sich offenbar rechtzeitig auf die Folgen des GDL-Streiks vorbereitet.
Foto: Jasmin Schindelmann | Kaum jemand hielt sich am Donnerstagmorgen auf den Bahnsteigen des Würzburger Hauptbahnhofs auf. Die Reisenden hatten sich offenbar rechtzeitig auf die Folgen des GDL-Streiks vorbereitet.
aug/dpa/jas/mro
 |  aktualisiert: 27.04.2023 01:55 Uhr

Betroffen sind Nah- und Fernverkehr. So fielen ab Würzburg-Hauptbahnhof zwischen 7 und 7.30 Uhr fünf Verbindungen aus, darunter nach Marktbreit, Bamberg und München. Ähnlich sah es gegen 8 Uhr aus. Viele Berufspendler müssen aufs Auto umsteigen, Eltern fahren heute ausnahmsweise ihre Kinder in die Schule.

In Schweinfurt (Hauptbahnhof) geht ebenfalls kaum etwas. Der erste Zug nach Würzburg fuhr dort laut Bahn um 7.57 Uhr - die Verbindungen davor wurden gestrichen. Auch in Kitzingen ist es am Morgen schwierig bis unmöglich, mit dem Zug zum Beispiel nach Würzburg zu kommen.

Auch die Strecken des Kissinger Stern waren vom Streik der Lokführer betroffen. Während die Erfurter Bahn fuhr, fielen am heutigen Donnerstag die Regionalexpress-Züge von DB-Regio aus.

Die Bahn hat Ersatzfahrpläne unter anderem für die Strecken Würzburg-Bamberg, Würzburg-Stuttgart, Nürnberg-Würzburg und Würzburg-Aschaffenburg herausgegeben.

Am Hauptbahnhof in Würzburg blieben am Donnerstagmorgen trotz der Streik-Ankündigung vom Vortag Fernreisende und Pendler hängen - und waren entsprechend genervt. Ein Mann wollte nach eigenen Worten am Mittag am Flughafen in Frankfurt/Main sein - mit der Bahn. Ob er das schaffe, wisse er nicht. Er wolle jetzt Freunde bitten, ihn mit dem Auto nach Frankfurt zu fahren.

Der angestrebte Vergleich zwischen den streikenden Lokführern und der Deutschen Bahn ist am Donnerstagabend geplatzt. Vor dem Frankfurter Arbeitsgericht konnten sich die Parteien nach mehr als fünf Stunden Verhandlung nicht auf einen gemeinsamen Wortlaut einigen. Die GDL wollte festgeschrieben haben, dass bei der Bahn mehrere unterschiedliche Tarifverträge möglich sein könnten. Der Bahn-Anwalt hielt der GDL vor, Ergebnisse späterer Verhandlungen vorwegnehmen zu wollen und lehnte das Ansinnen ab.

Die Bahn hätte den ursprünglichen Vorschlag nach den Worten ihres Anwalts Thomas Ubber angenommen. Richterin Ursula Schmidt hatte angeregt, sämtliche Konfliktpunkte auch mit der konkurrierenden Gewerkschaft EVG aufzulisten, um eine Mediation oder Schlichtung vorzubereiten.

Der genaue Wortlaut des Vorschlags wurde zunächst nur den Streitparteien vorgelegt. Eigentlich wollte die Deutsche Bahn mit einer Einstweiligen Verfügung den Lokführerstreik stoppen. Darüber muss das Gericht nun entscheiden. Die Bahn hatte dargelegt, dass sie den am Mittwoch begonnenen Streik für unverhältnismäßig hält.

Möglicherweise könnte auch noch eine mögliche Berufung verhandelt werden. Das Landesarbeitsgericht hielt sich nach Angaben einer Sprecherin zunächst in Bereitschaft.
 
„Da kämpft der kleine David gegen Goliath“, sagt der Würzburger Arbeitsrechtler Rüdiger Herzog. Die GDL versuche mit dem Streik auf sich aufmerksam zu machen, um im Tarifkonflikt mit der Bahn den Druck erhöhen zu können. „Die Gewerkschaft will sich größer machen, damit sie nicht weggeschossen wird“, erklärt Herzog. Denn wenn die von Arbeitsministerin Andrea Nahles geplante Tarifeinheit käme, dürfte künftig in einem Betrieb nur noch der Tarifvertrag derjenigen Gewerkschaft gelten, die dort die meisten Mitglieder hat. Im Falle des Zugpersonals wäre das die deutlich größere EVG.

„Wir wollen nur die Meinung unserer Mitglieder vertreten“, betont Bernd Seubert von der GDL-Ortsgruppe Würzburg. Die Darstellung der GDL in den Medien und die Verteufelung des Bundesvorsitzenden Claus Weselsky halte er für völlig falsch, denn „von Seiten der Bahn sind die Fronten stärker verhärtet als von unserer Seite.“ Er könne den Unmut der Reisenden verstehen, aber, so betont er: „Für uns gibt es momentan keine Alternative zum Streik.“

Dem Institut der deutschen Wirtschaft zufolge könnten die erzwungenen Produktionsunterbrechung wegen der Streiks im Güterverkehr rund 100 Million Euro pro Tag kosten. In Mainfranken sind nach Angaben der IHK Würzburg-Schweinfurt rund 10 000 Unternehmen auf eine funktionierende Logistik angewiesen. Doch es gibt auch Unternehmen, die vom Streik im Gütervekehr profitieren. „Wir haben ein paar Aufträge von Kunden bekommen, die sonst die Bahn nutzen“, sagt Stephan Steinert von der Schäflein Spedition in Röthlein (Lkr. Schweinfurt).
Indes bekamen auch die Geschäftsinhaber im Würzburger Hauptbahnhof den GDL-Streik zu spüren: Viele Kunden blieben aus.

Im Freistaat fielen in den ersten Stunden des Streiks laut Bahnangaben rund 50 Prozent der Regionalzüge aus. Seit 2.00 Uhr haben die Lokführer ihre Arbeit niedergelegt.

«Wir haben wie geplant auf Ersatzfahrpläne umgestellt», sagte ein Bahn-Sprecher in München. Die S-Bahnen in der Isarmetropole und in Nürnberg fahren auf allen Linien im Stundentakt, die S8 zum Münchner Flughafen alle 20 Minuten.

Im Güterverkehr stehen die Züge schon seit Mittwoch (15.00 Uhr) still. Der Streik soll bis Montagmorgen dauern, hieß es von der GDL. Die Gewerkschaft fordert für die Beschäftigten mehr Geld, eine kürzere Arbeitszeit und will das gesamte Zugpersonal bei Verhandlungen vertreten.
 
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