Wochenlang war wegen Corona unklar, in welcher Weise die Mainfranken-Messe heuer stattfinden kann. Die Messegesellschaft AFAG ließ im Vorfeld durchblicken, dass Unterfrankens größte Schau wirtschaftliche Risiken birgt - schon deshalb, weil es heuer 300 statt sonst 600 Aussteller sind. Wie groß die Risiken tatsächlich werden, wird sich zum Abschluss an diesem Sonntag zeigen. Schon jetzt ist klar: Die ausstellenden Geschäftsleute teilen sich in zwei Lager.
Da sind zum einen die massiv unzufriedenen: Es laufe so schlecht, "dass die täglichen Einnahmen nicht einmal die Parkgebühren decken", schimpfte am Dienstag eine Getreide- und Backwaren-Verkäuferin aus dem Saaletal. Ein Wursthändler aus der Rhön wird noch deutlicher: "Das ist eine Katastrophe. Schauen Sie sich doch mal um: Nichts los hier."
Welche Aussteller unzufrieden sind
Unzufrieden sind offenbar vor allem jene Händler, die auf der Messe Waren direkt verkaufen und deshalb auf so viele Tageseinnahmen wie möglich angewiesen sind. Wie Manfred Brücke von Terra-Kosmetik aus Nüdlingen (Lkr. Bad Kissingen). Er handelt nach eigener Aussage schon seit vielen Jahren auf der Messe unter anderem mit Produkten für Lederpflege, doch heuer laufe es "ganz katastrophal". Die Geschäfte seien "im roten Bereich", denn "die Leute sind zurückhaltend".
Ganz anders beurteilen Aussteller die aktuelle Messe, die nicht aufs Tagesgeschäft angewiesen sind, sondern ihren Stand vor allem für Beratung und Imagepflege nutzen. So wie Sebastian Gerber, der in Bergtheim (Lkr. Würzburg) ein Geschäft für Spanndecken führt. Es gebe heuer zwar weniger Anfragen von Gästen, aber diese Gespräche seien "viel intensiver".
Positive Stimmen: Es zählt vor allem Beratung
Das sieht Installateurmeister Dirk Herrlein aus Würzburg genauso. Er ist Messe-Nachbar von Gerber und "sehr positiv überrascht" von den bisher geführten Gesprächen mit Besucherinnen und Besuchern. Er werde bei der nächsten Mainfranken-Messe auf jeden Fall wieder dabei sein.
Eine wichtige Größe ist für Aussteller oft das Geschäft nach der Messe. Spanndecken-Anbieter Gerber rechnet damit, dass 60 Prozent seiner Gäste am Stand später zu Kunden werden. Das sei eine gute Quote.
Gerber teilt sich für die neun Messetage mit dem Würzburger Malermeister Christopher Rockelmann einen etwa acht mal drei Meter großen Stand, der zusammen rund 4000 Euro Gebühren koste. Dieses Geld und der wochenlange Aufwand im Vorfeld der Schau hält Gerber "auf jeden Fall für gerechtfertigt". Ihm gehe es auf der Messe allein darum, sein Nischenprodukt und seine Firma mit ihren 16 Beschäftigten bekannt zu machen.
Ähnlich sieht das Malermeister Rockelmann: Gespräche führen, Kontakte knüpfen, sich ins Gedächtnis von Messegästen prägen - das sei viel wichtiger als der schnelle Geschäftsabschluss. Rockelmann war schon auf der Würzburger Messe 2019 dabei. Er habe damals im Nachhinein 17 Aufträge im Wert von durchschnittlich 2000 Euro an Land gezogen. Das sei ein super Wert.
Dieses Geschäft nach der Messe hat auch Inhaber Norbert Karl Landgraf von Speedfun in Schweinfurt im Auge. Seine Liegeräder sind oft Spezialanfertigungen, kosten bis zu 9000 Euro und seien deshalb sowieso nichts fürs schnelle Geld am Messestand. Beratung sei viel wichtiger, betont der 68-Jährige, der mit seinem Schwiegersohn Daniel Landgraf das kleine Unternehmen führt.
Zwar sei die Besucherzahl der Mainfranken-Messe heuer "eher durchwachsen", dennoch "können wir uns nicht beklagen", so Norbert Karl Landgraf. Er ist nach 2019 das zweite Mal mit einem Stand auf der Schau.
Überhaupt schätzt Landgraf Messen oder ähnliche Veranstaltungen: Etwa zehn Mal im Jahr stelle er im weiteren Umkreis aus. Auch da gehe es in erster Linie um Beratung und nicht um das schnelle Geld.
Neu auf der Messe ist Ingrid Arndt, die mit ihrer Klaviergalerie in Zell am Main (Lkr. Würzburg) nur an diesem Samstag und Sonntag einen Stand hat. Wie er ankommen wird, könne sie nicht einschätzen. "Ich bin ganz neugierig."
Insbesondere habe sie das Angebot der Messegesellschaft angesprochen, nicht alle neun Tage, sondern einen Kurzauftritt buchen zu können, so Arndt. AFAG zufolge sind solche "Kurzbeteiligungen" nicht neu, aber dafür gedacht, auch kleinen Ausstellern eine Messeteilnahme zu ermöglichen.
90 Euro pro Tag zahlt Arndt nach eigenen Worten für den Stand. Das sei ein überschaubarer Aufwand, zumal ihr die Kitzinger Pianofabrik Seiler kostenlos drei Klaviere für den Messeauftritt zur Verfügung stelle. Auch für die Geschäftsfrau aus Zell ist nicht der schnelle Umsatz wichtig, sondern die Beratung und "bekannter zu werden".