Nach wie vor ist unklar, was aus den Filialen der kriselnden Modehaus-Kette Wöhrl wird. Indes ist die Frage aufgetaucht, ob einige Außenstellen – darunter Würzburg, Schweinfurt und Bad Neustadt – vor einer Schließung geschützt sind, weil sie Wöhrl-Tochterunternehmen gehören, die nicht unter das Schutzschirmverfahren fallen.
Wie berichtet, hatte die Hauptversammlung der Rudolf Wöhrl AG am 5. September beschlossen, einen bis zu drei Monate dauernden Gläubigerschutz zu beantragen. Mit diesem sogenannten Schutzschirm- oder ESUG-Verfahren (benannt nach dem „Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“) will Wöhrl eine Insolvenz vermeiden und eine Gesundung anstoßen.
Schutzschirm-Antrag gilt nur für zwei Firmen
Der Antrag beim Amtsgericht Nürnberg bezieht sich allerdings nur auf die Rudolf Wöhrl AG und die 100-prozentige Tochter Rudolf Wöhrl, das Haus der Markenkleidung GmbH & Co. KG (beide Nürnberg). Nach Informationen der Gewerkschaft ver.di sind damit zwei Filialen in Nürnberg sowie Wöhrl-Läden in Bamberg, Erlangen, München, Ansbach, Fürth, Augsburg, Plauen, Roth, Ingolstadt, Bayreuth, Dresden und Berlin direkt in diesem Schutzschirmverfahren. Der Rest der insgesamt 34 Filialen ist anderen Tochterfirmen angegliedert, die nicht unter das Verfahren fallen.
Geprüft werden alle 34 Filialen
Was das mit Blick auf Schließungen heißt, sei damit nicht automatisch beantwortet, betonte Wöhrl-Sprecher Frank Elsner auf Anfrage. Wie schon vor Tagen angekündigt, prüfe Wöhrl nun sämtliche 34 Filialen dahingehend, ob sie noch tragbar sind – egal also, welchen Tochterunternehmen sie angehören.
Entscheidungen werden laut Elsner nicht vor Ende September fallen. Man werde dann erst die Beschäftigten der Filialen und dann die Öffentlichkeit informieren.
Nach Darstellung von ver.di sei in erster Linie das Wöhrl-Haupthaus in Nürnberg wirtschaftlich „einer der größten Klötze am Bein des Unternehmens“. Die Chefetage hatte vor wenigen Tagen angekündigt, wahrscheinlich sechs bis zehn Filialen schließen zu müssen.
Im Zusammenhang mit der Krise war der Einstieg von Wöhrl bei der nordrhein-westfälischen Modekette SinnLeffers kritisiert worden. Die Nürnberger hätten sich damit verhoben, hieß es. SinnLeffers ist ebenfalls in Schieflage geraten und hatte am Montag ein Insolvenzverfahren in Eigenregie beantragt.
Wöhrl-Anleihe ist im Keller
Im Zusammenhang mit dem Einstieg von Wöhrl bei SinnLeffers Anfang 2013 war berichtet worden, dass die Nürnberger dafür eine Anleihe von 30 Millionen Euro herausgaben – was nun ein kritischer Schuldenberg für Wöhrl sei. Die Anleihe läuft bis Februar 2018, ihr Kurs rutschte zuletzt auf ein Allzeit-Tief.
Wöhrl-Sprecher Elsner wies gegenüber unserer Redaktion darauf hin, dass die Anleihe aus drei Gründen auf den Markt gebracht worden sei: um allgemein Mittel für den Kauf von Modehäusern zu bekommen, um Schulden abzubauen und um in den eigenen Firmenwachstum zu investieren. „Das ist ja auch alles geschehen“, so Elsner.
SinnLeffers sei kein Tochterunternehmen von Wöhrl, sondern per Dienstleistungsvertrag mit der Wöhrl AG verbunden, um zum Beispiel Controlling und Marketing gemeinsam zu bewältigen. Eigentümer von SinnLeffers sei die Familie Wöhrl, nicht aber die Wöhrl AG, erklärte der Sprecher.
Klassische Modehäuser sind im Strudel
Die Krise von Wöhrl und SinnLeffers sind offenbar nur die Spitze des Eisberges. Die klassischen Modehäuser im Land sind generell ins Strudeln geraten, weil der Online-Handel, der aggressive Preiskampf und große Anbieter wie Zara oder Primark den etablierten Adressen das Leben schwer machen.
„Einige textile Einzelhändler hängen am seidenen Faden“, sagte der Deutschland-Chef des Kreditversicherers Euler Hermes, Ron van het Hof, in dieser Woche der dpa. „Das werden deshalb vermutlich nicht die letzten Insolvenzen gewesen sein.“