zurück
Würzburg/Schweinfurt
Verdi erleichtert: Kaufhof-Filialen in Unterfranken bleiben
Bei Galeria Karstadt Kaufhof verlieren bundesweit über 5300 Mitarbeiter ihren Job. Was ist mit den mehr als 300 Beschäftigten in Würzburg, Schweinfurt und Aschaffenburg?
Die Mitarbeiter in Würzburg können aufatmen: Die Galeria-Kaufhof-Filiale in der Schönbornstraße bleibt erhalten.
Foto: Torsten Schleicher | Die Mitarbeiter in Würzburg können aufatmen: Die Galeria-Kaufhof-Filiale in der Schönbornstraße bleibt erhalten.
dpa
 und  Michael Czygan
 |  aktualisiert: 14.02.2024 18:59 Uhr

Die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) schließt deutschlandweit 62 der 172 Filialen, darunter sechs in Bayern. Die Geschäfte in Würzburg mit der in einem eigenen Laden ausgelagerten Sportabteilung, Schweinfurt und Aschaffenburg stehen nicht auf der Streichliste. Die über 300 Mitarbeiter könnten aufatmen, freut sich Peter König, der bei der Gewerkschaft Verdi für die Region zuständige Sekretär.

Großes Zittern habe in der Belegschaft die vergangenen Tage geherrscht, berichtet König. Zum Glück habe man Schlimmeres verhindern können, plante das Unternehmen doch zunächst die Schließung von 80 Filialen. Dass über 5300 von bislang 28 000 Arbeitsplätzen in der ganzen Republik wegfallen, sei gleichwohl "eine Katastrophe", so der Gewerkschafter. Das dürfe man bei aller Freude, dass wenigstens die rund 130 Beschäftigten in Würzburg, die rund 110 Kollegen in Aschaffenburg und die rund 80 Mitarbeiter in Schweinfurt bleiben dürfen, nicht vergessen.

Für sie konnte die Gewerkschaft laut König erreichen, dass ein im Dezember 2019 vereinbarter "Integrationstarifvertrag" in Kraft bleibt. Demnach müssen die Mitarbeiter zwar zwischenzeitlich unter anderem auf Teile des Weihnachtsgelds und auf Lohnerhöhungen verzichten. Ab 2025 aber soll wieder der Flächentarifvertrag für den Einzelhandel volle Anwendung finden. "Das ist ein großer Erfolg", sagt König. Unter anderem habe man Versuche des Unternehmens verhindern können, einen Teil der Mitarbeiter, die sogenannten Regal-Auffüller, in eine tarifungebundene Gesellschaft auszulagern.

Verdi: Das Management hat Fehler gemacht

Peter König betont, es habe nicht an den Mitarbeitern gelegen, dass der letzte große Warenhaus-Konzern in Deutschland erneut in Schieflage geraten ist. Einige Filialen, die jetzt vor dem Aus stehen, hätten bis zuletzt im operativen Geschäft Gewinne erzielt. Allerdings sei es dem Management nicht gelungen, beispielsweise die hohen Mieten für viele Filialen herunterzuverhandeln. Auch das Online-Geschäft sei verschlafen worden. "Wenn im Hochsommer auf der Homepage Winter-Parka als Schnäppchen angeboten werden, dann stimmt irgendetwas nicht", so der Verdi-Sekretär voller Sarkasmus. Ausbaden müssten die Fehler wie so oft die Beschäftigten. König verweist auf die Mitarbeiter in Nürnberg, wo gleich zwei Filialen auf der Streichliste stehen: "Das ist sehr, sehr bitter."

Insgesamt will der angeschlagene Konzern offenbar Filialen in 47 Städten schließen. Allein in Berlin sollen sechs der elf vorhandenen Kaufhäuser dicht gemacht werden, in Hamburg vier, in München drei, in Dortmund, Düsseldorf und Essen zwei Geschäfte. Doch trifft es auch kleinere Kommunen wie Goslar, Lübeck oder Worms. Der Vizepräsident des Deutschen Städtetages, Markus Lewe, sagte: "Die massenhaften Schließungen von Filialen bei Karstadt Kaufhof sind für die betroffenen Städte ein tiefer Einschnitt. Mit diesen Kaufhäusern geht ein Ort der Versorgung und Begegnung verloren." Neben den Warenhäusern und zwei Schnäppchencentern werden nach Angaben des Gesamtbetriebsrats auch 25 Reisebüros geschlossen.

Umsatzeinbußen von bis zu 1,4 Milliarden Euro

Die Geschäftsführung von Galeria Karstadt Kaufhof bezeichnete die Maßnahmen als unvermeidlich. "Wir wissen, was dies für die betroffenen Mitarbeiter bedeutet. Aber dieser Schritt ist ohne Alternative, weil diese Filialen den Gesamtbestand des Unternehmens gefährden", sagte der GKK-Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz am Freitag. Letztlich gehe es darum, Galeria Karstadt Kaufhof und damit viele Tausend Arbeitsplätze zu sichern. Das Unternehmen war durch die pandemiebedingte Schließung aller Filialen in eine schwere Krise geraten und hatte Anfang April Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. GKK rechnet bis Ende 2022 mit Umsatzeinbußen von bis zu 1,4 Milliarden Euro.

Ob die Einschnitte wirklich reichen werden, um die Zukunft des Unternehmens zu sichern, gilt derweil als unsicher. Der Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein sagte der Deutschen Presseagentur: "Galeria Karstadt Kaufhof will mit 110 Warenhäusern weitermachen. Die meisten Experten gehen aber davon aus, dass auf Dauer nur rund 80 Warenhaus-Standorte überlebensfähig sind. Das dürfte deshalb noch nicht das Ende des Warenhaus-Schrumpfens sein. Da ist durchaus noch Luft nach unten." 

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Schweinfurt
Aschaffenburg
dpa
Michael Czygan
Arbeitnehmer
Deutsche Presseagentur
Fehler
Filialen
Firmenmitarbeiter
Gewerkschaften
Hochschule Niederrhein
Karstadt
Kaufhof Warenhaus AG
Mitarbeiter und Personal
Unternehmen
Warenhausketten
Warenhäuser
Weihnachtsgeld
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen