
Rund 2000 Unternehmen aus Deutschland sind in der Ukraine aktiv, darunter knapp 280 aus Franken. Für sie ist die Lage vor Ort offenbar zwiespältig: Die einen bangen, die anderen warten ab.
Der Baustoffkonzern Knauf in Iphofen (Lkr. Kitzingen) betreibt seit 2006 eine Gipsplattenfabrik im Donbass. Auch die Leoni AG aus Nürnberg, die Drähte, Kabel und Bordnetze für Autos und Nutzfahrzeuge herstellt und ihre Bordnetzzentrale in Kitzingen hat, ist in der Ukraine vertreten. Leonis Werke sind im Westen des Landes, die Fabrik von Knauf hingegen im umkämpften Gebiet.
"Als schwierig", schätzt Jörg Schanow, Mitglied der Knauf-Geschäftsleitung, die Lage in der Ukraine aus unternehmerischer Sicht ein. Knapp 600 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, darunter keine Deutschen, beschäftigt der Konzern dort.
Die Frage, ob es bereits zu Einschränkungen in der Produktion, im Arbeitsalltag oder im Import und Export gekommen sei, verneint Schanow. "Die aktuellen Spannungen haben bislang keine Auswirkungen auf die bayerischen Standorte bzw. die Firma allgemein", teilte der Knauf-Manager mit.
Zwischen den Fronten: Produktion in Ukraine und Russland
Dennoch bleibe es eine Zitterpartie: Ob und in welchem Ausmaß es zu Lieferengpässen und Risiken für Firmen kommen wird, "hängt von den weiteren Entwicklungen in der Ukraine" und "von Art und Umfang der Eskalation ab", so Schanow.
Mit 14 Standorten und ungefähr 3900 Beschäftigten in Russland steht Knauf exemplarisch für Firmen, die sich im Ukraine-Konflikt buchstäblich zwischen den Fronten befinden. Sorgen macht man sich in Iphofen aber offenbar wenig: "Bislang gehen wir davon aus, dass mögliche Auswirkungen auf die Ukraine beschränkt bleiben", so Schanow in Bezug auf Knaufs Standorte in Russland. Dort sind nach Konzernangaben kaum Deutsche beschäftigt.
An ihren beiden Standorten in grenznahen Regionen der Ukraine zur EU beschäftigt die Leoni AG rund 7000 Menschen. Gregor le Claire, Pressesprecher des Unternehmens, preist auf Anfrage dieser Redaktion die Ukraine an: "Das Land punktet aus unserer Sicht mit seiner Nähe zu unseren europäischen Kunden, einer gut entwickelten Infrastruktur, qualifizierten Arbeitskräften und einer vergleichsweise günstigen Lohnkostenstruktur."

Auch Auslandsexperte Kurt Treumann von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt weist darauf hin, dass früher vor allem die niedrigen Lohnkosten die Ukraine als Produktionsstandort attraktiv machten. In den vergangenen Jahren seien diese zwar gestiegen, zählten aber dennoch zu den niedrigsten in Europa. Von einem "Land mit großem wirtschaftlichen Potenzial und einem Markt, den man nicht verlieren will", spricht Treumann.
Laut Bundesentwicklungsministerium hat sich das Land, dessen wichtigster Wirtschaftszweig unter anderem der Maschinenbau sowie zunehmend auch die Informationstechnik und die Automobil-Zulieferindustrie sind, in jüngster Vergangenheit immer mehr in die Weltwirtschaft integriert.
Ukraine-Krise: Fränkischen Firmen bleibt nur hoffen und bangen
Auch wenn sich Leoni nicht im direkten Krisengebiet befindet, so blickt die Firma dennoch beunruhigt auf den Verlauf der Ukraine-Krise: "Wir beobachten die Situation im Land sehr genau, bereiten uns auf verschiedene Szenarien vor und stehen dazu auch mit unseren Kunden in stetigem Austausch. Es ist nicht an uns, über die weitere Entwicklung zu spekulieren. Aber natürlich hoffen wir für die Menschen in der Ukraine und auch in Russland, dass sich die politisch Handelnden für den Weg der Deeskalation entscheiden", sagte Sprecher Le Claire im Gespräch mit dieser Redaktion.
Wie es im Konflikt zwischen Ukraine und Russland weitergeht, bleibt offen, die Lage angespannt. Auch den fränkischen Firmen bleibe vorerst nichts, als weitere Entwicklungen abzuwarten und sich "auf verschiedene Szenarien" vorzubereiten, so Le Claire.