Die Konjunktur hängt durch, die Zeiten sind schwierig – aber es gibt Hoffnung: Diese Meinung hat offenbar in Mainfrankens Wirtschaft die Oberhand. Das wurde am Donnerstagabend bei einer Diskussionsrunde in der Universität Würzburg deutlich.
Anlass war die Veranstaltungsreihe "Wirtschaft trifft Wissenschaft", die die Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Uni seit Jahren ausrichtet. Vor gut 200 Gästen sprachen Fachleute aus Theorie und Praxis über die Frage, wohin die wirtschaftliche Reise in 2023 gehen wird – natürlich vor dem Hintergrund von Ukraine-Krieg, Inflation und extremen Energiepreisen.
Ex-Wirtschaftsweise Peter Bofinger: "Bisher haben wir alle Schocks überstanden"
Es wurde eine Reise zu den Tiefen von heute zu den Höhen von morgen. Der ehemalige Wirtschaftsweise Peter Bofinger gab die Richtung vor: Zwar "war es selten so unklar", was mit der Wirtschaft in Deutschland wird. Aber: "Bisher haben wir alle Schocks überstanden", sagte der Uni-Seniorprofessor für Volkswirtschaftslehre mit Blick auf Hürden wie Finanzkrise oder Brexit.
Diese Zuversicht teilte IHK-Präsident Klaus D. Mapara, der als Chef des Krick-Verlags in Eibelstadt (Lkr. Würzburg) auch Unternehmer ist. Sein Credo: "Krisenzeiten sind Unternehmerzeiten." Will sagen: Wenn es dick kommt, dann sind die Betriebe zu besonderer Kreativität bereit, mit der sich die Kreativsten aus der Schlinge winden. Deswegen hat Mapara "ein lachendes und ein weinendes Auge", was die aktuelle Situation angeht.
WVV-Chef Thomas Schäfer: Energie wird teuer bleiben
Die größten Schmerzen haben die Unternehmen in der Region zurzeit wegen der horrenden Energiepreise. Erste Bäckereien oder ähnliche Betriebe denken schon ans Aufhören. Thomas Schäfer als Geschäftsführer des Energielieferanten WVV in Würzburg machte am Donnerstag wenig Hoffnung: Die Preise für Gas und Strom würden auf lange Sicht "deutlich" über dem Niveau der Vorjahre bleiben.
Schäfer verspürt "bei vielen Kunden" die Sehnsucht, dass die derzeitige Lage wie ein Traum sei: Ein schlechter zwar, aber nach dem Aufwachen ist hoffentlich alles wieder so gut wie früher.
Doch die Wirklichkeit sei eine andere: Unternehmen sind nach Schäfers Ansicht noch über viele Jahre hinweg gefordert, sich bei ihrer Energieversorgung effektiver aufzustellen. Dort etwas zu tun, sei existenziell wichtig: "Da steckt viel monetäres Potenzial drin." Denn eines sei klar: Energie wird in Zukunft sündhaft teuer bleiben.
Koch Bernhard Reiser: Gastronomie wird sich ausdünnen
Das all diese Schnittmengen von Energie, Lieferengpässen und wirtschaftlichen Abhängigkeiten die Wirtschaft in Mainfranken und anderswo in den nächsten Jahren verändern werden, unterstrich Sterne-Koch Bernhard Reiser (Würzburg/Dettelbach). Zwar müsse sich die Gastronomie wegen der aktuellen Misere "warm anziehen". Und: Die Branche "wird ausgedünnt werden", das Frühjahr 2023 werde für die Gastronomie die Weichen für die nahe Zukunft stellen. Aber: "Unsere Branche ist schnell" und flexibel, meinte Reiser.
Wie verzwickt die Lage für Unternehmen ist, machte Geschäftsführer Stefan Möhringer von der Simon Möhringer Anlagenbau GmbH in Wiesentheid (Lkr. Kitzingen) deutlich, die mit 130 Beschäftigten ein Hersteller für Maschinen der Holzindustrie ist. Die Auftragsbücher seien voll, doch es ergebe sich ein Zwiespalt: Viele Aufträge seien vor Monaten zu Festpreisen abgeschlossen worden, doch dann kam die Explosion der Energiepreise. Dieses Plus nun in die Rechnungen einzubauen, sei ein heikler Zwiespalt, so Möhringer.