Wenn in Folge des Kriegs in der Ukraine der russische Gashahn zugedreht wird, dann könnte es hierzulande vor allem für die Industrie eng werden. So jedenfalls hat es Ende vergangener Woche Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) ausgedrückt.
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sah kürzlich gar das Ende der Wirtschaft im Freistaat nahen. In Mainfranken indes schwankt offenbar die Stimmung zwischen Bangen und Entspannung, was einen möglichen Gas-Stopp angeht.
Deutlich vom Gas abhängig sind Betriebe, die zum Beispiel mit Hochöfen arbeiten. Dazu gehört Franken Guss in Kitzingen, wo Timo Kretzer von einer sofortigen Unterbrechung eines Teils der Produktion ausgeht, sollte Gas aus Russland ausbleiben.
Der kaufmännische Leiter des Unternehmens mit seinen 620 Beschäftigten sieht vor allem die Abteilung für Aluminium-Guss in Gefahr, weil dort allein Gas für die Hochöfen eingesetzt werde. Beim Eisenguss hingegen werde der Brennstoff Koks verwendet. Müssten die Aluminium-Hochöfen wegen Gasmangels schlagartig heruntergefahren werden, sei das betriebswirtschaftlich schlecht.
Franken Guss: Intensive Gespräche mit dem Gaslieferanten
"Wir haben keine Gasspeicher", skizziert Kretzer die Lage seines Betriebs. Deshalb sei Franken Guss derzeit "in intensiven Gesprächen" mit dem örtlichen Gaslieferanten. Zudem komme im Unternehmen einmal pro Woche ein Krisenteam zusammen, um für den Notfall gewappnet zu sein.
Entspannter sind die Verantwortlichen der Fränkischen Rohrwerke in Königsberg (Lkr. Haßberge). Für den Fall der Fälle sei "im Wesentlichen" eine Umstellung auf andere Energieträger wie Öl oder Strom möglich, teilt Sprecherin Frauke Barnofsky mit. Überhaupt werde Gas nicht in der Produktion gebraucht, sondern vor allem für den Betrieb der eigenen Blockheizkraftwerke.
Zuckerfabrik Ochsenfurt hängt teilweise am Gas
Wichtig ist Gas auch für die Zuckerfabrik in Ochsenfurt (Lkr. Würzburg). Damit werde die Trocknung der Rübenschnitzel betrieben, teilt Sprecher Dominik Risser vom Südzucker-Konzern mit.
Würde die Gas-Lieferung aus Russland gestoppt, wäre die Trocknung auf jeden Fall betroffen. Nicht aber die eigentliche Zuckerproduktion in Ochsenfurt, wo Kohle als Energieträger eingesetzt werde. Wenn es zu Engpässen beim Gas komme, könnten die 330 Beschäftigten der Zuckerfabrik "nicht in gewohnter Weise" ihrer Arbeit nachgehen, sagt Risser.
Kein Gas aus Russland: Auch Lieferketten sind betroffen
Heikel könnte ein russisches Gas-Aus auch mit Blick auf die Lieferketten der Unternehmen werden. Davor hat vor wenigen Tagen der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft gewarnt. In Bayern könnten diese Ketten sofort reißen, hieß es.
"Diese Auffassung teilen wir", so Südzucker-Sprecher Risser. Ähnlich äußert sich Timo Kretzer von Franken Guss, wo Gas 13 Prozent des gesamten Energieverbrauchs ausmacht. Sollten die Lieferketten lahmgelegt werden, werde sich das auch in Richtung Kundschaft auswirken: Franken Guss könnte dann "eine Vielzahl von nachgelagerten Firmen nicht mehr ausreichend mit Teilen versorgen". Das würde sich bis zu den Endkunden fortsetzen, darunter namhafte Hersteller von Autos und Nutzfahrzeugen.
Fränkische Rohrwerke: Ohne Gas steigen die Kosten
Um die Lage bei den Lieferketten zu klären, haben die Fränkischen Rohrwerke nach Auskunft von Sprecherin Barnofsky zurzeit Anfragen bei den Zulieferbetrieben laufen. Sollte es zum Gas-Stopp kommen, "erwarten wir deutliche Mehrkosten".
Wie es mit Blick aufs Gas um die im Spätsommer beginnende Rübenverarbeitung in der Ochsenfurter Zuckerfabrik steht, werde derzeit geprüft, so Sprecher Risser. Insbesondere der Einsatz alternativer Energiequellen stehe im Fokus. "Es ist fast unmöglich für uns, kurzfristig zu reagieren."
Wie sensibel die Gas-Lage offenbar ist, zeigt auch der Fall des Industriezulieferers Schaeffler in Schweinfurt. Dort gibt es eine Schmiede mit Hochöfen. Wegen der allgemeinen Brisanz des Themas wolle man sich nicht äußern, heißt es jedoch aus der Konzernzentrale.