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Würzburg
Gaspreis steigt: Was in der Region Würzburg auf die Kundinnen und Kunden der WVV zukommt
Vertreter der WVV erklären, warum der Gaspreis in Würzburg in zwei Stufen um 80 Prozent steigt.  Was die WVV ihren Kundinnen und Kunden nun rät.
Das Würzburger Heizkraftwerk versorgt große Teile des  Würzburger Stadtgebiets mit Fernwärme. Von einer drohenden Gasknappheit wäre das Kraftwerk zunächst nicht betroffen.
Foto: Fabian Gebert | Das Würzburger Heizkraftwerk versorgt große Teile des  Würzburger Stadtgebiets mit Fernwärme. Von einer drohenden Gasknappheit wäre das Kraftwerk zunächst nicht betroffen.
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:05 Uhr

Schon vor dem russischen Angriff auf die Ukraine erreichten die Gaspreise an den Börsen Rekordhöhen. Frank Backowies, Bereichsleiter Marktmanagement bei der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV), und Vertriebsleiter Florian Doktorczyk erklären, wie der städtische Konzern in dieser Situation agiert und worauf sich die Verbraucherinnen und Verbraucher in den kommenden Monaten einstellen müssen.

Frage: In der vergangenen Woche hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas aktiviert. Was bedeutet das für die Gaskunden der WVV?

Frank Backowies: Das bedeutet für die Gaskunden noch nichts. Die erste Frühwarnstufe führt dazu, dass die Bundesnetzagentur Listen erstellt, welche Kunden aufgefordert würden, ihren Gasverbrauch zu reduzieren. Das wäre aber erst der nächste Schritt.

Welche Ihrer Kunden wären davon betroffen?

Backowies: Das betrifft zunächst nur Industriekunden mit einem Jahresverbrauch von mehr als 1,5 Millionen Kilowattstunden. Wir haben rund 40 solcher Großkunden in unserem Netz. Haushaltskunden sind nicht betroffen und auch unser Heizkraftwerk nicht, weil das Heizwärme für die privaten Haushalte produziert.

Könnte es zu einer Situation kommen, in der auch die Haushaltskunden ihren Gasverbrauch reduzieren müssten?

Backowies: Im Moment kann das keiner absehen. Wenn wirklich der Gashahn aus Russland zugedreht wird, von welcher Seite auch immer, kann derzeit niemand verlässlich sagen, wie viele Menschen das betreffen würde.

Was Ihre Kundinnen und Kunden im Moment vermutlich mehr bewegt sind die steigenden Preise. Zum 1. Mai hat die WVV eine Preiserhöhung um fast 40 Prozent angekündigt. Wie soll das weitergehen?

Backowies: Wir haben den Arbeitspreis um 2,98 Cent pro kWh erhöht. Das sind zirka 36 Prozent. Und wir werden im kommenden Jahr nach dem ersten Quartal noch mal eine Erhöhung in gleicher Höhe machen müssen. Das steht heute schon fest, weil wir den Einkaufspreis kennen. In der Summe also rund 80 Prozent.

Wie funktioniert Ihre Beschaffung, wenn Sie heute die Einkaufspreise schon kennen?

Backowies: Wir kaufen praktisch täglich ein bisschen Gas ein, um unsere Kunden im kommenden Jahr beliefern zu können. Dadurch erreichen wir am Ende des Jahres einen gewissen Durchschnittspreis. Das kommende Jahr haben wir bis auf einen kleinen Rest praktisch voll. Im Moment haben wir den Handel ausgesetzt, weil die Börsenpreise ausgeflippt sind.

Wie haben sich die Beschaffungspreise in den letzten Jahren denn insgesamt verändert?

Florian Doktorczyk: Bei Gas und auch bei Strom haben sich unsere Einkaufspreise in etwa verdreifacht. Der Endkundenpreis besteht aber neben dem Energiepreis aus weiteren Bestandteilen wie Netzentgelte und Konzessionsabgaben. Deshalb steigt der Endhandelspreis beim Gas nicht auf das Dreifache sondern um 80 Prozent.

Warum zahlen Ihre Neukunden erheblich mehr fürs Gas als die Bestandskunden?

Backowies: Im vergangenen Jahr haben mehrere Energiediscounter ihre Verträge gekündigt. Wir mussten deshalb etwa 1000 Kunden in die Grundversorgung aufnehmen, die bei der Beschaffung nicht eingeplant waren. Was die Energiediscounter gemacht haben, war Abzocke. Die haben Energie zu bestimmten Preisen an Endkunden verkauft, aber gar nicht entsprechend eingekauft, in der Hoffnung, dass es noch billiger wird. An der Börse nennt man das Leerverkäufe. Für diese Kunden mussten wir zu hohen Preisen nachbeschaffen. Wenn wir das in die Mischkalkulation genommen hätten, wäre es für alle Kunden teurer geworden. Wir haben stattdessen eine zweite Grundversorgung aufgemacht, die ein ganzes Stück teurer ist. Inzwischen haben wir den Großteil dieser Neukunden in einen 24-Monats-Tarif überführt, der deutlich günstiger ist, weil wir für das kommende Jahr Gas billiger einkaufen konnten als für das laufende.

Heißt das, dass der Markt im kommenden Jahr wieder von sinkenden Preisen ausgeht?

Doktorczyk: Der Terminmarkt für 2023 ist extrem aufgeregt. Wenn wir für das übernächste Jahr kaufen würden, wären die Preise niedriger als für das kommende.

Gaspreis steigt: Was in der Region Würzburg auf die Kundinnen und Kunden der WVV zukommt
Warum kaufen Sie dann nicht schon fürs übernächste Jahr ein? Weil Sie hoffen, dass die Preise wieder sinken?

Backowies: Wir haben feste Beschaffungsregeln in Abstimmung mit unseren Wirtschaftsprüfern, die sich über viele Jahre bewährt haben. Im Moment ist der Gaspreis für 2024 verlockend niedrig, aber immer noch dreimal so hoch wie vor zwei Jahren. Wenn wir uns heute eindecken und der Preis fällt wieder auf das alte Niveau, sind wir weg vom Markt. Ein kommunales Unternehmen darf nicht zocken.

Wie sieht dann überhaupt die langfristige Prognose aus?

Doktorczyk: Im Moment deuten die Zahlen, die wir sehen, darauf hin, dass 2023 ein Zenit erreicht wird. Danach könnte sich nach derzeitiger Lesart eine Entspannung einstellen, aber verlässlich vorhersagen kann das niemand.

Die SPD-Stadtratsfraktion hat unlängst in einem Antrag unterstellt, dass die WVV dank der hohen Strompreise an der Strombörse indirekt am Ukraine-Krieg verdient, und gefordert, aus den Gewinnen Strom- und Gaskunden zu entlasten. Wie stehen Sie zu dem Vorschlag?

Backowies: Ich bin überrascht, dass jemand so etwas sagt. Ich sehe das nicht so. Wir erzeugen aus Gas Fernwärme, und dabei entsteht Strom, den wir möglichst wirtschaftlich vermarkten. Es stimmt, dass wir den Strom im ersten Quartal ganz gut verkaufen konnten. Ob das bis zum Ende des Jahres so bleibt, weiß niemand. Das ging aber auch nur, weil wir frühzeitig eingekauft  haben. Müssten wir heute Gas kaufen, würden wir tief in die roten Zahlen rutschen. Ob wir Geld übrig haben, wissen wir erst im März nächsten Jahres. Letztes Jahr zum Beispiel lief es bis zum vierten Quartal sehr gut, dann ging unser Heizkraftwerk kaputt und das hat zu einem Riesen-Defizit geführt.

Was können Sie denn überhaupt ihren Kundinnen und Kunden angesichts der hohen Energiepreise raten?

Backowies: Sparsam mit Energie umgehen ist natürlich das erste Gebot. Dann sollte jeder seine Abschläge anpassen, damit er nicht am Jahresende irre Nachschläge zahlen muss. Dabei helfen wir unseren Kunden. Und den Leuten, die ein Einfamilienhaus besitzen, kann man klar raten: Investiert in eine Solar- und Photovoltaik-Anlage.

Gas- und Stromversorgung der WVV

Das Grundversorgungsgebiet der WVV umfasst das Stadtgebiet Würzburg und grenzende Gemeinden des Landkreis Würzburg. Insgesamt versorgt die WVV 102.000 Privatkunden mit Gas und Strom. Die verkaufte Energiemengen betrug im Jahr 2020 1850,7 Millionen Kilowattstunden  Gas und 778,9 Millionen Kilowattstunden Strom
Quelle: WVV
 
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  • H. S.
    Es würde einer demokratischen Regierung und unseren Weltverbesserern gut stehen, wenn sie der Bevölkerung klaren Wein einschenken würden.
    RWE hat angeblich -billige- Gasverträge bis 2018 mit Rußland. Diese wollen manche aufgeben und Gas auf dem Spot-Markt kaufen.
    Anfang des Jahres fand man es toll, dass uns Amerika LNG-Gas schickte, manche Tanker hätten sogar ihre Route Richtung Asien noch geändert.
    In einem Focus-Bericht kann man lesen, dass dieses Gas in den USA 3,80 Dollar je MMBtu ???(ca26 m³) gekostet habe, in Deutschland für 27,20 Dollar gekauft wurde.
    Dafür kann man lange über die Meere schippern.
    Habeck spricht von langfristigem Gasgeschäft mit Katar, der Emir von vorbereitenden Gesprächen.
    Auch die USA verneinen langfristige Preiszusagen und sprechen vom Spotmarkt.
    Gazprom meldete in letzter Zeit immer wieder mal eine Tagesmenge von über 100 Mio m³ Durchleitung durch die Ukraine, das entspräche allein für diese Leitung jeden Tag ein großer LNG Tanker für Deutschland.
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  • H. S.
    Sorry, Schreibfehler.
    RWE hat Gasverträge bis 2038 mit Rußland
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  • D. E.
    "RWE hat Gasverträge bis 2038 mit Rußland"
    Woher haben sie die Information?

    "Von RWE heißt es, das Energieunternehmen habe selbst keine langfristigen aktiven Lieferverträge für Gas aus Russland. Aktuell laufe nur noch ein kurzfristiger Vertrag bis 2023 über 15 Terawattstunden Erdgas aus Russland. Alle weiteren Geschäftsbeziehungen zu Russland - unabhängig von den bestehenden Rohstofflieferungen - stelle der Konzern bis auf Weiteres ein, so der Konzern gegenüber tagesschau.de"

    https://www.tagesschau.de/wirtschaft/konjunktur/erdgas-russland-deutschland-lieferketten-101.html
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  • K. F.
    ich finde es langsam zum kotzen, dass über all die Preise erhöht werden, Spritt, Gas, oder sonst was. und alles wird natürlich wieder auf unehrliche Art und Weise auf den Krieg mit Russland in der Ukraine geschoben. welch heuchlerische und fatale Weise jeden Bundesbürger jetzt alles aus seinem Geldbeutel zu locken. man muss sich langsam fragen was soll das? Am schlimmsten sind die Konzerne ob Gas oder Öl und vorallem voran Vater Staat, die mit über 1 Euro Steuern den Sprittpreis in unendliche Höhen treiben. Wie lange schaut Ottonormalverbraucher da noch zu?
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  • H. G.
    Gasreserven wurden niedrig gehalten, kein Flüssigkeitsterminals in Deutschland gebaut, einseitige Lieferanten. Wo Schröder gesagt hat, der Eiserne Vorhang ist gefallen habe ich Ihn als Vaterlandsverräter zu Nord Stream 2 erklärt, selbst eure Merkel hat euch gefallen, alles Kommunisten, jetzt wo es soweit ist mit Krieg und Völkermord werdet ihr etwas aufmerksam.
    Atomkraftwerke müssen in Deutschland wieder hergestellt werden Strompreise für Firmen und Privatverbraucher auf 15 Cent für zehn Jahre fest gemacht werden . Diese Politik ist nur schwer zu ertragen bzw . nicht mehr zu ertragen. Uns wurde gesagt mit gegangen mit gehangen, heißt wenn ich mein Freund dem Bankräuber ne Waffe gebe häng ich mit oder wäre angegriffen. Schauen wir mal wie lange es noch geht.
    Osterweiterung wurde von den Jüngeren Politikern maßlos missbraucht, und jetzt haben wir die Antwort auf solch Provokationen.
    Wünsch allen Frieden, Frieden, Frieden.
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  • D. H.
    ...... und wieder die Börsen. Es sind letztendlich nur die Zocker, welche die Preise für Gas, Strom und Öl hochtreiben. Nicht zu vergessen, die Händler an den Börsen für Getreide und andere Lebensmittel. Freigegeben hat dies letztendlich ein amerikanischer Präsident in Verbindung mit Greenspan. Ab diesem Zeitpunkt gab es hemmungsloses Pokerspiel an den internationalen Börsen. Auslöser für Unruhen in den ärmeren Ländern. Stichwort Schmetterlingseffekt.
    Jeder, der auch nur geringe Beträge in ETF´s oder in Aktien investiert, stellt Kapital zur Verfügung, das letztendlich zur hemmungslosen Spekulation verwendet wird.
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  • K. W.
    Sie vergessen hierbei, dass selbst eine irgendwie verzinste Geldanlage die Zinsen wahrscheinlich auch oder zumindest z. T. an der Börse erzielt.
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  • A. H.
    "irgendwie", "zumindest" und "z.T." - gehts nit no verdruckster?
    Es wird Zeit, dass man sein Geld wieder mehr mit Arbeit und Leistung verdient und nicht mit "Zocken".... Stichwort (z.B.!!): Handwerk, dort sucht man verzweifelt Hände, die arbeiten WOLLEN und KÖNNEN und die Energiewende umsetzen. Aber solange der "Mein (Einzel)Kind soll es besser haben"-Gedanke vorherrscht, sehe ich da schwarz......
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  • K. W.
    Wissen Sie eigentlich wie Sparer an Ihre Zinsen kommen? Seitdem die Bundesrepublik Geld bekommt, wenn sie sich Geld leiht, sind die Lebensversicherungen in Schwierigkeiten geraten. glaub-nicht-alles, Sie müssen schon erklären wie das Finanzsystem Ihrer Meinung nach funktionieren soll, damit die Sparer zumindest die Inflation ausgleichen können.
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    Auf eigenen Wunsch entfernt.
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  • T. D.
    Sie verdienen sich dumm und deppig und der Bürger zahlt dies !
    So schlicht und einfach lautet die Formel !
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    Auf eigenen Wunsch entfernt.
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  • K. R.
    Jetzt sind die bösen Kunden verantwortlich für den Hohen Gaspreis, weil sie bei anderen Anbietern waren….auch die WVV will nur Gewinne erzielen um die Rendite für den Eigentümer zu erhöhen.
    Anbieterwechsel ist die einzige Lösung
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  • H. N.
    Tipp für einen günstigen Anbieter?
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  • A. H.
    wo soll er denn den her haben??
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  • K. R.
    Am besten selber recherchieren. Aber als Bestandskunde bekommen Sie doch die günstige Energie oder?!
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    Aber wohin????
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  • S. B.
    Das steht so doch gar nicht im Text. Dort steht, die unverantwortlichen billig Anbieter haben das verursacht. Und das zusätzliche Gas muss jetzt eben sehr teuer eingekauft werden.
    Ich möchte nicht, dass das auf alle ungelegt wird.
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  • A. H.
    Nee, nich "die" Kunden im allgemeinen sind gemein t, sondern die obersuperschlauen "Sparfüchse" und Rechenkünstler, die sich ins eigene Knie geschossen haben, weil ihr Billigheimer die Grätsche gemacht hat. Warum soll der treuze Altkunde jetzt für deren Geizg...heit zahlen?
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