Das Klischee sagt: Wer studiert, befasst sich immer nur mit der Theorie und hat somit keinen Fuß im wahren Leben. Das Gegenteil bewiesen jetzt 22 Studenten der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt, besser bekannt als Fachhochschule mit der Abkürzung FHWS. Was sie in monatelanger Arbeit realisiert haben, ist kein Massenprodukt. Es soll vielmehr als Beispiel dienen: Wissenschaft trifft Wirtschaft.
Die Rede ist von "Tropzz", einer neuen Biersorte. In Zusammenarbeit mit der Distelhäuser Brauerei in Tauberbischofsheim haben die Würzburger Studenten von der Grundidee über die Rezeptur und die Platzierung im Markt bis hin zur Produktion alles selbst ausgetüftelt, begleitet und umgesetzt.
"Wir waren begeistert von der Idee, ein eigenes Produkt zu entwickeln und einmal alles aus einer Hand zu liefern", beschreibt Projektleiter Malte Schroth den Grundgedanken. Entstanden sind nach FHWS-Darstellung 150 Liter eines "fruchtig-hellen Sommerbieres" mit tropischen Zitrusaromen. Zielgruppe: junge Menschen.
Gebraut wurde das Bier Mitte Juni bei Distelhäuser, wo es zurzeit zur Reife lagert. In etwa vier Wochen werde es in Flaschen gefüllt, sagt der Marketingleiter der Brauerei, Frank Störzbach. Ausgeschenkt wird es dann voraussichtlich im Oktober bei der Wintersemester-Eröffnungsparty der Studenten in der Diskothek "Das Boot" in Würzburg.
150 Liter passen in 300 herkömmliche Bierflaschen, also in 15 herkömmliche Bierkästen. Eine überschaubare Menge also, die zeigt, dass "Tropzz" kein Massenprodukt geworden ist. Und wohl auch nicht werden wird: Distelhäuser habe derzeit nicht vor, "Tropzz" in sein Biersortiment zu übernehmen. Aber ausgeschlossen sei nichts, so Marketingleiter Störzbach.
Dazu muss man wissen, dass Getränkehersteller im Allgemeinen und Brauereien im Besonderen seit langem versuchen, mit immer neuen Geschmacksvariationen beim Verbraucher zu punkten. Hinzu kommt die eifrige Szene der Hobbybrauer und Craft-Bier-Freunde, die zum Teil jenseits des Reinheitsgebotes außerordentlich experimentierfreudig sind. Und: Distelhäuser bietet bereits ein mit "Tropzz" vergleichbares, weil auch mit Fruchtaromen versehenes Bier an.
Diese Aromen kommen beim Produkt der FHWS-Studenten im Übrigen von einer speziellen Hopfensorte, wie Störzbach erläutert. Insofern halte sich "Tropzz" ans gut 500 Jahre alte Reinheitsgebot für Bier, das demnach nur aus Wasser, Hefe, Malz und eben Hopfen hergestellt werden darf.
Wie die "Tropzz"-Idee entstanden ist
Von Seiten der FHWS hat Markus Besenbeck von der Fakultät Wirtschaftswissenschaften das Projekt begleitet. Der Professor war im vergangenen Herbst im Marketingclub Mainfranken mit Distelhäuser-Marketingleiter Störzbach wegen der Bier-Idee ins Gespräch gekommen. Ein Vorhaben dieser Art habe es in seiner Fakultät bislang noch nicht gegeben, betont Besenbeck.
Auch er rechnet nicht damit, dass "Tropzz" auf dem Markt überleben wird. Das sei aber auch nie das Ziel des Projektes gewesen. Vielmehr sei es für die Studenten darum gegangen, das Produkt bis zur Marktreife voranzubringen. "Praxisprojekte sind ein wichtiger Teil der Ausbildung an unserer Fakultät", so Besenbeck.
Für "Tropzz" teilten sich die 22 Studenten nach FHWS-Angaben in drei Gruppen auf. Die angehenden Betriebswirtschaftler hatten sich unter anderem um die Rezeptur des Biers, die Zielgruppen, die "strategische Positionierung" auf dem Markt sowie um die Werbung zu kümmern. Und um den Namen: "Tropzz" soll den tropisch-fruchtigen Geschmack des Bieres und das Zischen beim Öffnen einer Bierflasche mit einem Wort ausdrücken.
Was die Marktforschung angeht, setzten die Studenten laut Besenbeck zum Beispiel Umfragen im Internet sowie unter Getränkehändlern ein. Außerdem sei Design Thinkingzum Tragen gekommen - eine modern gewordene Teamarbeit, wenn es etwa um die Frage geht, ob der Markt ein neues Produkt annehmen wird.
Genau hier sieht Distelhäuser einen Nutzen des Studentenprojektes für sich: "Das ist für uns auch eine kleine Marktforschung", sagt Marketingleiter Störzbach, der selbst an der FHWS studierte. "Wir unterstützen sehr gerne die Idee einer praxisorientierten Ausbildung an Hochschulen."