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Würzburg
s.Oliver-Gründer Freier geht: Abschied eines Modemoguls
Am 4. November wechselt Konzerngründer Bernd Freier in den Ruhestand: Über einen Unternehmer, der aus einer Würzburger Boutique einen Milliardenkonzern formte.
Bernd Freier (links) will sich im November als Chef seines Modekonzerns s.Oliver zurückziehen. Die Leidenschaft für die von ihm geförderten Würzburger Bundesliga-Basketballer (hier ein Archivbild von 2018) wird er aber wohl behalten
Foto: Silvia Gralla | Bernd Freier (links) will sich im November als Chef seines Modekonzerns s.Oliver zurückziehen. Die Leidenschaft für die von ihm geförderten Würzburger Bundesliga-Basketballer (hier ein Archivbild von 2018) wird er ...
Corbinian Wildmeister
Corbinian Wildmeister
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:03 Uhr

Dass Bernd Freier ein "unglaubliches Verkaufstalent" hat, habe er schon in seinem ersten Laden gezeigt. Es ist eine Anekdote, die im Modeunternehmen s.Oliver gerne erzählt wird: Wenn dem Kunden ein Teil zu groß war, habe Freier einfach gesagt, dass man das in Paris gerade so trägt.

50 Jahre später geht Freier nun am 4. November in den Ruhestand. Zum Ende seines Berufslebens wird der Gründer und Firmeninhaber des mainfränkischen Konzerns mit Sitz in Rottendorf (Lkr. Würzburg) nichts sagen – zumindest öffentlich. Im Laufe seines Aufstiegs hat sich der 73-jährige Unternehmer zunehmend rar gemacht in den Medien, seit vielen Jahren lehnt er Interviewanfragen dieser Redaktion ab. Auch zu einem Rückblick auf seine Karriere war er nicht bereit. 

Aus "Sir Oliver" wurde "s.Oliver": Für Freier ein Glücksfall

Die Geschichte von s.Oliver begann 1969. Seit seiner Jugend hatte Freier großes Interesse an Mode und Bekleidung, teilt das Unternehmen stellvertretend für Freier mit. Regelmäßig fuhr er nach Paris, um sich modisch aktuell einzukleiden. Bald wurde er auch von seinen Freunden und Bekannten gebeten, Kleidung mitzubringen, die in Deutschland nicht erhältlich war. Mit der Eröffnung einer 100 Quadratmeter großen Herrenmode-Boutique in der Herrnstraße in Würzburg legte er den Grundstein für das Unternehmen s.Oliver.

Bernd Freier (Mitte) stellte 2003 Gerhard Schröder s.Oliver vor. Mit dem ehemaligen Bundeskanzler ist Freier eng befreundet.
Foto: Theresa Ruppert | Bernd Freier (Mitte) stellte 2003 Gerhard Schröder s.Oliver vor. Mit dem ehemaligen Bundeskanzler ist Freier eng befreundet.

Die Boutique trug den Namen "Sir Oliver". Der Name war inspiriert von der Modewelt Großbritanniens, die in den 60ern vielen Geschäften Namen mit "Sir" am Anfang bescherte. Bei der Wahl des Zusatzes "Oliver" ließ er sich von dem berühmten Gesellschaftsroman "Oliver Twist" von Charles Dickens inspirieren. In seiner Boutique führte er gemeinsam mit drei Angestellten hochwertige Markenmode. Die Kunden waren junge Männer, die modisch in sein wollten. 1970 zog die Boutique in die Martinspassage um; 1975 besaß Freier bereits drei Geschäfte in der Stadt und begann erstmals auch Frauenmode zu verkaufen.

Das Madraskarohemd – der Beginn des Großhandels

In den 70er Jahren kam es zu Lieferengpässen seitens der Händler. Da die Nachfrage in seinen Läden stetig wuchs, entschied Bernd Freier selbst Kleidung herzustellen. Begehrt waren damals vor allem Hemden mit "Madraskaro", die in Indien produziert wurden. Die erste Reise dorthin machte Bernd Freier 1974. Es gab keine Erfahrungswerte und keine direkten Kontakte zu Textilproduzenten, trotzdem war er erfolgreich. Zwei Wochen nach seiner Rückkehr kam eine Lieferung Madraskarohemden im Wert von 25 000 Mark. Da sie in großen Mengen geliefert werden konnten, waren die Hemden von Sir Oliver sehr gefragt. Zu den ersten Großhandelskunden gehörten Wöhrl und Breuninger.

Das berühmte Madraskarohemd, das Bernd Freier in den 1970ern erstmals selbst für seine Boutiquen aus Indien importierte.
Foto: s.Oliver / Repro: Daniel Staffen-Quandt | Das berühmte Madraskarohemd, das Bernd Freier in den 1970ern erstmals selbst für seine Boutiquen aus Indien importierte.

Auch bei den Madrashemden hat sich Freiers Geschäftstüchtigkeit unter Beweis gestellt. Von Seiten des Unternehmens heißt es, es habe einmal den Fall gegeben, dass diese in lila geliefert wurden statt in blau –Freier hat wohl eine leichte Farbschwäche und das falsche Muster bei der Bestellung angekreuzt. Auch hier habe er einen Handelspartner überzeugen können, ihm die Hemden abzunehmen. Er behauptete schlichtweg, Lila sei das neue Blau. Kurz danach habe er Freunde und Verwandte mobilisiert, um die Hemden zu kaufen, sodass die Händler bald nachorderten.

Aus Sir Oliver wird s.Oliver

Ende 1978 kam es zu einem Rechtsstreit mit der Parfümmarke "4711", das den Herrenduft "Sir" vertrieb – ein rechtlich geschützter Begriff. Aus Sir Oliver wurde s.Oliver. "Der Rechtsstreit und der daraus resultierende Namenswechsel, waren ein Glücksfall für uns", sagt ein langjähriger Mitarbeiter laut Pressemitteilung. "So kamen wir zum heutigen s.Oliver, das sich für Damen- und Herrenmode eignet." Ende der 70er Jahre hatte das Unternehmen bereits rund 40 Mitarbeiter und acht Einzelhandelsgeschäfte. Seit 1980 ist der Sitz des Unternehmens am heutigen Standort in Rottendorf.

Heute hat s.Oliver weltweit 6400 Mitarbeitern und verbucht einen Jahresumsatz von aktuell 1,3 Milliarden Euro.Darüber hinaus ist das Unternehmen als Sport-Sponsor bekannt – und zwar nicht nur für die Würzburger Bundesliga-Basketballer. In der Vergangenheit haben auch Sportgrößen wie Dirk Nowitzki (Basketball), Ralf Schuhmacher (Formel 1) und Wladimir Klitschko (Boxen) mit s.Oliver zusammengearbeitet. 

Klitschko war auch bei den Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen des Modekonzerns im Juli dabei. Auch über Twitter gratulierte der ehemalige Boxweltmeister Freier und schrieb: "Keep on punching, my friend!" Freier ist zudem auch Gründer der Zukunftsstiftung Würzburg, die eine Multifunktionshalle in der Domstadt realisieren soll.

Bei besagtem Fest in Giebelstadt (Lkr. Würzburg) offenbarte Freier auch seinen Entschluss, dass er sich endgültig aus der operativen Geschäftsführung und aus dem Beirat von s.Oliver zurückziehen will. Wer sein Nachfolger sein sollte, blieb zunächst offen. Nun ist klar: Claus-Dietrich Lahrs, ehemaliger Chef von Hugo Boss, übernimmt die Führung des Modeunternehmens. 

 
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