zurück
Würzburg/Ansbach
Ratlos nach dem Schulabschluss: Junge Würzburger Beraterin will Wege aufzeigen
Zeugnis in der Tasche - und dann? Nach dem Schulabschluss sind viele aus der Generation Z orientierungslos. Was die 21-jährige Unternehmerin Sophie Hepper jungen Leuten rät.
Ausbildung, Studium oder erst mal gar nichts: Schulabgänger plagen mitunter große Zweifel, wie es weitergehen soll. Die Corona-Pandemie hat das nicht einfacher gemacht.
Foto: Hendrik Schmidt, dpa (Symbolbild) | Ausbildung, Studium oder erst mal gar nichts: Schulabgänger plagen mitunter große Zweifel, wie es weitergehen soll. Die Corona-Pandemie hat das nicht einfacher gemacht.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:47 Uhr

Abitur - und dann eine Berufsausbildung? Oder doch lieber ein Studium? Oder erst mal gar nichts? Die Einschränkungen der Corona-Pandemie haben die Suche nach einem Weg fürs weitere Leben nicht einfacher gemacht. Die Würzburger Jungunternehmerin Sophie Hepper hat sich mit ihrer Mission.Myself GmbH darauf spezialisiert, Gleichaltrigen Wege zu zeigen. Die 21-Jährige gibt dem Schulsystem hierzulande keine guten Noten und appelliert an zweifelnde junge Menschen, sich erst einmal Zeit für sich zu nehmen.

'Es ist wichtig zu wissen, was man will und warum': Jungunternehmerin Sophie Hepper (21) aus Würzburg berät Gleichaltrige bei der Frage, wie es mit Beruf oder Studium weitergehen kann.
Foto: Sophie Hepper | "Es ist wichtig zu wissen, was man will und warum": Jungunternehmerin Sophie Hepper (21) aus Würzburg berät Gleichaltrige bei der Frage, wie es mit Beruf oder Studium weitergehen kann.
Frage: Studium, Ausbildung oder erst mal gar nichts - wieso stehen so viele junge Menschen am Ende der Schulzeit ratlos vor dieser Frage?

Sophie Hepper: In der Schule lernt man, alles zu reproduzieren, was einem vorgegeben wird. Man lernt aber nicht, sich mit sich selbst zu beschäftigen und damit, worauf man Lust hat. Es gibt an den Schulen auch relativ wenige Praktika oder Möglichkeiten, sich auszuprobieren. Denn Fehler werden zu oft als negativ gewertet. Deswegen wird es als eher gering angesehen, Erfahrungen zu machen. Insofern können Schulabgänger irgendwelche Theorien auswendig, haben aber keinen Plan für ihr Leben.

Was ist Ihr Tipp für Schulabgänger, einen Plan zu bekommen?

Hepper: Einfach mal vom Außen ins Innen zu kommen. Mit sich selbst beschäftigen – und nicht mit dem, was man vielleicht nach außen hin sein möchte. Sich die Frage stellen: Was macht mir eigentlich Spaß, wofür brenne ich?

Sie selbst haben dafür Seminare zur Persönlichkeitsentwicklung besucht. Nicht alle Schulabgänger werden für so etwas Zeit oder Geld aufbringen wollen.

Hepper: Sich mit sich selbst zu beschäftigen, das kann man immer. Wenn man sich keine Zeit dafür nimmt, dann muss man damit rechnen, dass man in eine Lebensrichtung geht, die einem langfristig nicht guttut. Das Selbst ist das Wichtigste, in das man Zeit und Geld investieren kann.

Oft ist zu hören, dass sich viele schnell und unbedacht in ein Studium stürzen, um nach der Schule einfach irgendwas zu machen oder weil sie von den Eltern dazu gedrängt wurden. Von Akademisierungswahn ist dann gerne die Rede. Was also ist aus Ihrer Sicht besser: Studium oder Berufsausbildung?

Hepper: Den besten Weg muss jeder individuell finden. Ein Studium ist genauso gut wie eine Ausbildung oder die Selbstständigkeit. Ich sehe da keine Hierarchie. Wegen der Corona-Pandemie haben die jungen Menschen oft keine Möglichkeit, zu sich selbst zu finden. Freunden von mir wurden die Ausbildungen abgesagt, sie haben ihren Job verloren. Was blieb ihnen übrig? Sie studierten dann halt. Nach dem Motto: Mal schauen, ob es mir gefällt, ich kann es ja zur Not abbrechen und dann was anderes machen.

Ein Slogan auf der Website Ihres Unternehmens Mission.Myself lautet: "Die wirklich wichtigen Dinge fürs Leben lernt man leider nicht in der Schule oder Uni." Wo sonst?

Hepper: Bei sich selbst. Genau da setzen wir mit Mission.Myself an: Wenn man aus der Schule kommt, hat man nicht gelernt, sich mit sich selber zu beschäftigen. Von Jugendlichen für Jugendliche, so nehmen wir die anderen an die Hand.

Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass die Corona-Pandemie zu Vereinsamung oder Verunsicherung geführt hat und dass gerade Jugendliche darunter leiden. Hat Corona die Orientierungslosigkeit verschärft?

Hepper: Ja, enorm. Und das in allen möglichen Bereichen. Das hat zu noch mehr Verunsicherung geführt. Gerade für junge Menschen ist es wichtig, sich auszutauschen, um darüber Erfahrungen zu sammeln. Wenn man also keine Möglichkeit hat, mit seinem Umfeld zu interagieren und davon zu lernen, dann vereinsamt man stark. Da gibt es Wohnheime voller junger Menschen, die alle etwas erreichen wollen. Jetzt sitzen sie isoliert in ihren Zimmern und bewegen sich vom Schreibtisch zum Bett oder zur Küche.

"Das hat zu noch mehr Verunsicherung geführt."
Beraterin Sophie Hepper über die Folgen der Corona-Krise für die Psyche junger Menschen
Mainfrankens Wirtschaft ist vom Mittelstand geprägt. Mit Blick auf eine Berufsausbildung: Wie sollten diese hauptsächlich kleinen und mittelgroßen Betriebe mit der Generation Z umgehen?

Hepper: Da kann man nicht alle Unternehmen über einen Kamm scheren. Wichtig ist aber auf jeden Fall – egal, ob großes oder kleines Unternehmen: Beachten, dass unsere Generation natürlich eine andere Lebenserfahrung mitbringt als etwa die Generation von meinem Vater. Das heißt, viele junge Leute sind häufiger orientierungslos und zweifeln an sich, weil das Schulsystem sie weniger ausprobieren ließ.

Noch konkreter: Was genau soll ein Chef im Alltag tun, um seinen orientierungslosen Azubi der Generation Z da abzuholen, wo er ist?

Hepper: Er sollte eine ganz genaue Beschreibung des Berufs abgeben, damit der junge Mensch weiß, auf was er sich einlässt. Damit können falsche Vorstellungen und Erwartungen sowie ein Abbruch der Ausbildung verhindert werden. Außerdem sollten dem Auszubildenden Erfolge ermöglicht werden, die auch nach außen hin sichtbar sind. Dass also der Azubi sagen kann: Okay, hier kann ich etwas bewirken und mir Selbstbewusstsein erarbeiten, indem ich mit der Firma etwas gemeinsam tue.

Sie haben sich parallel zum Studium mit Mission.Myself selbstständig gemacht. Ist das eigene Unternehmen ein Weg, den Sie anderen jungen Menschen empfehlen? Wer sollte ihn gehen?

Hepper: Natürlich ist es immer eine Herausforderung und mit einer Unsicherheit verbunden, wenn man in die Selbstständigkeit geht statt in ein Angestelltenverhältnis. Jeder sollte für sich herausfinden, was in sein Leben passt.

Sophie Hepper und Mission.Myself

Sophie Hepper (21) studiert seit 2020 Wirtschafts- und Medienpsychologie an der Fachhochschule in Ansbach. Ihr Abitur machte sie 2019 an einer Fachoberschule in Würzburg. Wenig später gründete sie in Würzburg das Beratungsunternehmen Mission.Myself zusammen mit ihrem Vater Ronald Hepper. Er war unter anderem Geschäftsführer beim Würzburger Industrieunternehmen Bilfinger Noell. Mission.Myself soll jungen Menschen vor allem nach dem Schulabschluss helfen, den weiteren Weg zum Beispiel in einen Beruf oder ein Studium zu finden. Beratungen gibt es auch für Eltern. Sophie Heppers Credo: "Es ist wichtig zu wissen, was man will und warum."
Bei der "Fachkräftekonferenz Mainfranken" , am Donnerstag, 24. Juni (9 bis 15.30 Uhr, online) veranstaltet von der Region Mainfranken GmbH, wird Sophie Hepper über die "Generation Z auf dem Weg in die Arbeitswelt" sprechen - und über Möglichkeiten, wie Unternehmer Nachwuchspotenziale sichern und fördern können. Weitere Themen der Online-Konferenz sind unter anderem virtuelle Jobmessen, Anwerben junger Fachkräfte, agile Führungsmethoden in Unternehmen sowie die aktuelle Arbeitsmarktsituation in der Region.
aug
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Jürgen Haug-Peichl
Abitur
Abschlüsse bei Schulen
Auszubildende
Berater
Beratungsunternehmen
Berufliche Ausbildung und Weiterbildung
Industrieunternehmen
Medienpsychologie
Region Mainfranken
Schulen
Schulsysteme
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen