Keine guten Nachrichten kommen vom Automobilzulieferer Preh aus Bad Neustadt: Der wichtige Arbeitgeber der Region hat eine seit 2007 bestehende Betriebsvereinbarung zur Standortsicherung gekündigt. Von "dramatischen Umsatz- und Gewinnrückgängen" ist die Rede, von "strategischer Neuausrichtung", aber auch von "Personalanpassungen", wie es im Managerdeutsch heißt. Mit der Auflösung der Betriebsvereinbarung wären auch betriebsbedingte Kündigungen wieder möglich.
Betriebsrat ist besorgt
"Wir betrachten das mit Sorge", lautet die Reaktion des Preh-Betriebsrates, der 1900 Beschäftigte in Bad Neustadt vertritt. In einer Mitarbeiterinformation bezeichnet Stephan Weng, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Preh GmbH, die Betriebsvereinbarung "Zukunfts- und Standortsicherung Nr. 96" als "in die Jahre gekommen und heute nicht mehr zeitgemäß". Weng ist erst seit Juli dieses Jahres CEO der Preh GmbH, er hat die Führung der Bad Neustädter Preh-Zentrale also mitten in der Corona-Krise übernommen.
In dem Schreiben an die Belegschaft werden die Herausforderungen für Preh durch zunehmende Marktsättigung, die Globalisierung und die Preisentwicklung skizziert, die durch die Corona-Epidemie noch verstärkt worden seien. Stephan Weng spricht von einer neuen Organisationsstruktur, die "tiefgreifende Veränderungen vor allem in den Bereichen Vertrieb und Entwicklung" bringen werde.
Bad Neustadt ist unter den Preh-Standorten das Zentrum für die Entwicklung von Premium-Bedienteilen für die Automobilindustrie, aber auch für Nutzfahrzeug-Hersteller. Erst 2017 wurde das neue Entwicklungszentrum, ein 12,5-Millionen-Projekt, feierlich in der Kreisstadt in Betrieb genommen.
Die Rede ist von "Personalanpassungen"
Der Preh-Chef verlangt weiter "eine unbedingte Kostendisziplin bei Sachkosten wie bei Personalkosten". Aufhorchen lässt den Betriebsrat vor allem der darauf folgende Satz: "Ehrlicherweise werden dazu auch Personalanpassungen gehören." Am Montag reagierte die Arbeitnehmervertretung mit einem "Betriebsrat-Ticker" auf die Mitteilung des CEO zur Kündigung der Betriebsvereinbarung.
Große Chancen sieht Weng in der weiteren Entwicklung der E-Mobility-Sparte bei Preh, wo unter anderem an Batteriemanagement-Systemen geforscht und gearbeitet wird. Die beiden anderen Säulen des Unternehmens sind Bedien- und Steuerelemente für Audio- oder Klimasysteme bei Pkw oder Nutzfahrzeugen wie Traktoren.
Am Schluss des Mitarbeiter-Schreibens geht der Preh-CEO auf die "mehr als 100-jährige Geschichte als Arbeitgeber in Bad Neustadt" ein. Das Engagement von Preh sei "für seine Stakeholder, seine Mitarbeiter und die Region Bad Neustadt so stark wie eh und je".
IG Metall: "Massive Verunsicherung"
Der Schlusssatz nimmt der Preh-Arbeitnehmerschaft freilich nicht die Ängste, die durch das Schreiben ausgelöst werden. "Die IG Metall Schweinfurt ist besorgt und bedauern die Entscheidung der Geschäftsführung sehr. Die Standortvereinbarung war für die Belegschaft jahrelang ein Rückhalt für den Standort", so Betriebsbetreuerin Nadine Knauff von der IG Metall in Schweinfurt.
Die Geschäftsführung müsse sich eindeutig zum Beschäftigungserhalt in Bad Neustadt aussprechen, so die IG Metall weiter, die auf "nur sehr spärliche Informationen seitens der Geschäftsführung" verweist. Die IG Metall unterstütze den Betriebsrat, um ein "nachhaltiges und innovatives Zukunftspaket für den Standort zu schnüren", heißt es abschließend von der Gewerkschaft. Eine gewünschte Stellungnahme der Preh-Pressestelle war am Donnerstag bis Redaktionsschluss nicht mehr eingegangen, der Betriebsrat wollte sich erst Freitag äußern.
Preh-Bilanz 2019 sah nicht allzu dramatisch aus
Im Mai 2020 wurde noch kein so düsteres Bild der Unternehmensentwicklung gezeichnet. 2019 konnte der Umsatz gegen den Markttrend noch um 14 Prozent auf rund 1,5 Milliarden Euro gesteigert werden, Bestmarke in der über 100-jährigen Unternehmensgeschichte. Das operative Ergebnis lag bei rund 174 Millionen Euro. Ende 2019 wurde der Abbau von rund 80 Arbeitsplätzen beschlossen. Nach Wochen der Kurzarbeit wurde laut Geschäftsbericht vom Mai die Produktion in der Preh-Gruppe sukzessive wieder hochgefahren.