Die Ära der Prämiensparverträge neigt sich offenbar dem Ende zu. Zum Ärger vieler Sparer kündigen derzeit zahlreiche Sparkassen in Bayern diese Verträge, die als risikoarme und lukrative Geldanlagen galten. So verschickte beispielsweise auch die Sparkasse Mainfranken im Oktober Kündigungsschreiben an fast 9000 Kunden. Die Sparkasse begründet die Kündigung der Verträge mit der derzeitigen Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, insbesondere mit Negativzinsen. Die Sparkasse solle so "betriebswirtschaftlich leistungsfähig" bleiben. Während einige Sparer in Bayern gegen die Kündigungen Widerspruch einlegen, gibt es nun auch Streit um die Zinsen. Denn in vielen älteren Sparverträgen fehlt laut der Verbraucherzentrale Bayern eine wirksame Zinsanpassungsklausel.
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In solchen Sparverträgen wird üblicherweise ein variabler Grundzins vereinbart, der sich an der Zinsentwicklung am Markt orientiert. Eine Klausel im Vertrag soll für den Kunden nachvollziehbar regeln, wie genau die Änderung der Zinsen erfolgt und welchen Referenzzins das Geldinstitut dafür verwendet. Doch das ist aus Sicht der bayerischen Verbraucherschützer nicht geschehen. Sie werfen den Sparkassen nun vor, sie hätten die Zinsen nach "eigenem Gutdünken"angepasst.
Kritik: Berechnung ist für Kunden nicht transparent
"In Bayern haben wir die Zinsen in über 600 Fällen nachrechnen lassen. Und immer weicht das Ergebnis zum Nachteil der Kunden ab", sagt Sascha Straub von der Verbraucherzentrale Bayern. Dabei gehe es im Durchschnitt um Beträge von rund 3000 Euro, verteilt über einen Vertragszeitraum von teilweise mehr als 15 Jahren. "Die Sparkassen tragen nicht nach außen, wie sie zu diesem Ergebnis kommen, das ist intransparent und nicht nachvollziehbar." Dieses Verhalten schade "dem Vertrauen der Bürger in die Sparkassen enorm", meint Straub.
Da die Sparkassen ihre Berechnungsmethode laut Straub in der Regel nicht angeben, verwenden die Kreditsachverständige der Verbraucherzentrale einen Referenzzins, den sie für geeignet halten – auch wenn dieser nie mit einer Sparkasse vereinbart wurde. Damit versuchen sie nachzurechnen, ob die Kunden von der Sparkasse genug Zinsen erhalten haben. Doch wie aussagekräftig ist diese Berechnung? Eine Klage der Verbraucherzentrale Sachsen soll mehr Klarheit bringen. Straub: "Wir warten auf eine gerichtliche Klärung, ob der Referenzzinssatz, den wir verwenden, legitim ist und welcher es ansonsten wäre." Auf dieses Urteil könne man sich dann auch in Bayern beziehen.
Sparkassen weisen Vorwürfe von sich
Die bayerischen Sparkassen sehen die Lage in der Regel anders. So beispielsweise auch die Sparkasse Mainfranken. "Wir haben die Zinsen zu jedem Zeitpunkt so berechnet, wie es die aktuelle Entwicklung der Rechtsprechung vorgegeben hat", sagt ein Sprecher des Geldinstituts. Tatsächlich gibt es laut Verbraucherzentrale eine Besonderheit in Unterfranken. Die Sparkasse Mainfranken habe einem ihrer Kunden ein Vergleichsangebot gemacht und Zinsen nachgezahlt, sagt Straub. Das sei in Bayern sehr unüblich und der einzige Fall, der ihm bekannt ist. Zuvor habe der Kunde für seinen Sparvertrag ein Gutachten von der Verbraucherzentrale eingeholt. Nach diesem habe er rund 2500 Euro zu wenig an Zinsen erhalten. Zudem habe Sparkasse Mainfranken ihre Berechnungsgrundlage offen angegeben, was der Finanzexperte als positiv wertet.
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"Zu Ergebnissen einzelner Fälle geben wir keine Auskunft", teilt der Sprecher der Sparkasse Mainfranken mit. Unabhängig von der kürzlich erfolgten Kündigung der älteren Verträge hätten sich immer wieder Kunden an die Sparkasse Mainfranken gewandt, die Nachberechnungen gefordert haben. "Wir haben alle Fälle einer gesonderten Prüfung unterzogen."