Das Modehaus Rudolf Wöhrl will mit einer Sanierung in Eigenregie eine drohende Insolvenz verhindern. Die Hauptversammlung des Nürnberger Textilhandelsunternehmens mit knapp 2000 Mitarbeitern habe dafür ein Schutzschirmverfahren beschlossen, teilte die Rudolf Wöhrl AG in der Nacht zum Dienstag mit: „Ziel ist es, die Wöhrl Gruppe als Ganzes zu erhalten und nachhaltig in die Profitabilität zurückzuführen.“
Die Modehaus-Kette hat auch Filialen in Unterfranken: zwei in Würzburg (Wöhrl am Grafeneckart und Völk am Marktplatz) sowie je eine in Aschaffenburg, Schweinfurt und Bad Neustadt. Was mit ihnen geschehen wird, war am Dienstag noch offen.
Die operativen Geschäfte an den 34 Standorten der Gruppe in Ost- und Süddeutschland sollen zunächst ohne Einschränkungen weiterlaufen, heißt es in der Firmenmitteilung. Defizitäre Filialen ohne Wachstumspotenzial sollen aber geschlossen und das Online-Geschäft ausgebaut werden.
Schutzschirmverfahren wehrt Gläubiger ab
Das Insolvenz-Schutzschirmverfahren schützt in die Krise geratene Unternehmen vor dem Zugriff der Gläubiger, ohne dass die Betriebe bereits Insolvenz anmelden müssen. Die Geschäftsführung kann das Unternehmen weiter verantwortlich lenken und selbstständig sanieren. Ihr wird allerdings ein Anwalt als Sachwalter und externer Berater zur Seite gestellt.
Für das Geschäftsjahr 2015/2016 (1. August bis 31. Juli) erwartet der Vorstand nach vorläufigen Berechnungen einen weiteren Rückgang des Konzernumsatzes von 316 auf rund 300 Millionen Euro. Der Jahresfehlbetrag werde voraussichtlich höher ausfallen als im Vorjahr (1,0 Mio. Euro).
Operatives Geschäft schwächelt
Als Gründe nannte das Unternehmen ein schwächeres operatives Geschäft und geringer als geplant vereinnahmte Sondererträge. Der negative Trend im deutschen Textileinzelhandel und das veränderte Kaufverhalten der Verbraucher machten eine Sanierung des Modehauses erforderlich.
Wie die Rudolf Wöhrl AG weiter mitteilte, wurde der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende Andreas E. Mach mit sofortiger Wirkung zum neuen Vorstandsvorsitzenden bestellt. Der bisherige Vorstandsvorsitzende Olivier Wöhrl bleibe im Vorstand verantwortlich für die strategische Weiterentwicklung des Geschäftsmodells – in der neu geschaffenen Funktion des Chief Strategic Officer. Darüber hinaus bestellte der Aufsichtsrat Christian Gerloff von der Münchner Kanzlei Gerloff Liebler Rechtsanwälte zum Vorstandsmitglied und Chief Restructuring Officer.
Kein Kommentar aus Würzburg
Wie nun die Stimmung in den Würzburger Wöhrl-Filialen ist, blieb am Dienstag unklar. Sie gebe keine Auskünfte, das mache allein die zentrale Pressestelle des Unternehmens, sagte die stellvertretende Würzburger Geschäftsleiterin Anja Jung auf Anfrage.
Schock in Bad Neustadt
In der Wöhrl-Filiale in Bad Neustadt hingegen sind die Mitarbeiter ob der Nachrichten geschockt. „Wir müssen das erst einmal alle selbst verarbeiten.“ Konkretes weiß man vor Ort offenbar auch noch nicht. Geschäftsleiterin Irmtraud Schmitt sei zu Gesprächen in Nürnberg und erst am Mittwoch wieder zu sprechen.
2009 eröffnete Wöhrl die Filiale in der Hohnstraße. Das Nürnberger Mode-Unternehmen war nach der Insolvenz der Bad Neustädter Traditionsfirma Schewa in das prominent gelegene Haus mit drei Etagen und über 1500 Quadratmetern Verkaufsfläche gezogen. Circa 20 Mitarbeiter sind dort derzeit beschäftigt.