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Kitzingen/München
Kupfer, Magnesium und Co.: Versorgung der bayerischen Wirtschaft mit Rohstoffen wird immer schwieriger
Wer produziert, braucht Rohstoffe. Und die sind in jüngster Zeit in Bayern außerordentlich knapp geworden. Das hat auch für regionale Betriebe brisante Folgen.
Unternehmen wie Frankenguss in Kitzingen sind für die Metallverarbeitung auf zum Teil seltene Rohstoffe angewiesen. Die Versorgungslage in Bayern ist jedoch heikel.
Foto: Thomas Obermeier (Archivbild) | Unternehmen wie Frankenguss in Kitzingen sind für die Metallverarbeitung auf zum Teil seltene Rohstoffe angewiesen. Die Versorgungslage in Bayern ist jedoch heikel.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:48 Uhr

Als gäbe es derzeit nicht schon genügend Herausforderungen für die Wirtschaft, wird eine jetzt offenbar besonders gravierend: Rohstoffmangel. Deren Bezug werde aufgrund diverser Gründe immer schwieriger, lautet das Fazit einer am Freitag präsentierten Analyse der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) in München.

Demnach werden 27 Rohstoffe rund um Metalle, Mineralien und Seltene Erden als "sehr kritisch" eingestuft. In einer ähnlichen Analyse vor sieben Jahren waren es laut vbw noch 16 Rohstoffe gewesen. Das zeige einen wachsenden Engpass, so vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Dieser Engpass sei kein Thema allein der Großindustrie, sondern wirke sich "bis in kleinste Unternehmen aus".

Welche Rohstoffe besonders knapp geworden sind

Besonders schwer zu beziehen sind der vbw-Studie zufolge unter anderem Zinn, Gallium, Lithium und Tantal. Auch Kupfer, Silber, Nickel und Aluminium zählen dazu. Allesamt Rohstoffe, ohne die laut Brossardt "zentrale Aufgaben wie die Digitalisierung oder die Energiewende nicht umsetzbar sind".

Erstellt wurde die vbw-Studie vom arbeitgebernahen Institut IW Consult in Köln. Geschäftsführer Karl Lichtblau machte deutlich, dass sich die Rohstoffpreise zum Beispiel von 1999 bis heute versechsfacht haben.

Zum Beispiel Frankenguss in Kitzingen: Preise ums Zigfache gestiegen

So etwas bekommt Einkaufsleiter Josef Karl von Frankenguss in Kitzingen jeden Tag zu spüren. Magnesium zum Beispiel sei vier Mal teurer als noch vor einem halben Jahr. Im Durchschnitt aller gekauften Rohstoffe hat Karl eine Verdopplung der Preise festgestellt.

Da die Preissteigerung im Wesentlichen mit der Verknappung der Rohstoffe zusammenhängt, blickt Karl mit Sorge in die Zukunft. Versorgungsprobleme gebe es seit der Corona-Krise "immer wieder", wenngleich Frankenguss durch langfristige Verträge mit Lieferanten noch gut wegkomme. Dennoch sei die Rohstofflage zurzeit extrem schwankend. "Das macht uns richtig zu schaffen."

Rohstoffversorgung: Das Ausland spielt entscheidende Rolle

Wenn es allein das wäre: Unternehmen wie Frankenguss brauchen wegen ihrer Schmelzöfen viel Energie – und die ist vor allem seit dem Ukraine-Krieg deutlich teurer geworden. Insofern ist die heikle Rohstoffversorgung für den Kitzinger Betrieb mit seinen rund 600 Beschäftigten eine von zwei Riesenhürden.

Eine Hürde, die mit dem Ausland zusammenhängt. Magnesium zum Beispiel beziehe Frankenguss über Zwischenhändler aus China. Die strengen Corona-Regeln dort drosseln die nationale Wirtschaft, was Frankenguss nach Karls Worten beim Bezug des Rohstoffs zu spüren bekommt. Insofern sei es zu begrüßen, wenn die Bundesregierung internationale Handelshemmnisse abbaut. Dann könnten Unternehmen auch bislang schlecht zugängliche Länder als Rohstofflieferanten gewinnen, meint Karl.

Was könnte Recycling von Rohstoffen bringen?

Da liegt der Kitzinger Einkaufsleiter auf einer Linie mit vbw-Chef Brossardt. Der forderte am Freitag den Bund auf, gleichermaßen weitere Rohstoffmärkte auf der Welt zu erschließen und die Rohstoffgewinnung im eigenen Land voranzutreiben.

Auch eine bessere Wiederverwertung von Rohstoffen sah Brossardt als geboten an. Bei Zement etwa gebe es mit Blick auf Bau- und Abbruchabfälle ein "enormes Potenzial".

Das sieht man in Fachkreisen freilich anders. Was den Beton als Verwandten des Zements angeht, wird nach Darstellung des Bayerischen Industrieverbands Baustoffe, Steine und Erden (BIV) viel zu wenig Recyclingbeton aus dem Abbruch von Gebäuden gewonnen. Die Wiederverwertungsquote sei marginal, sagte BIV-Chef Bernhard Kling schon im Mai 2021 gegenüber dieser Redaktion.

Abgesehen davon bremst der allgemeine Rohstoffmangel offenbar auch ein anderes Top-Thema aus: die Energiewende. IW-Consult-Geschäftsführer Lichtblau lenkte am Freitag den Blick auf Kupfer, das unter anderem in Windkraftanlagen in großen Mengen gebraucht werde und deshalb "ein zentraler Rohstoff für die Bewältigung der Energiewende" sei. Der Bedarf an Kupfer hierzulande werde bis 2030 um bis zu 75 Prozent steigen, so der vbw.

 
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