Was braucht ein Kunde, der einen Handwerker beauftragen möchte? Richtig – er braucht Geduld. Unterfränkische Häuslebauer und Häusle-Sanierer jammern verstärkt darüber, dass Handwerker in diesem Jahr unglaublich schwer zu kriegen sind. Laut dem Zentralverband des Deutschen Handwerks beträgt bundesweit die durchschnittliche Warterei auf einen Handwerker zehn Wochen; dies dürfte auch unterfränkischen Verhältnissen entsprechen. Warum ist das so? Warum müssen Unterfrankens Privatkunden ihren Handwerkern hinterherlaufen?
Auch der Kunde ist verantwortlich für Handwerker-Mangel
Sebastian Kaidel etwa, Vize-Obermeister der Dachdeckerinnung Unterfranken, glaubt, dass der Kunde selbst seinen Anteil an der Warterei hat: „Der Kunde“, sagt Kaidel, „nimmt momentan gern sein Geld in die Hand und investiert in sein Haus.“ Unklug sei das nicht, so Kaidel, denn: „Bevor ich's auf der Bank liegen lasse, wo es für das Geld kein Geld gibt, stecke ich es doch lieber in meine Immobilie – und habe dann eine Wertsteigerung“.
Verbraucher stecken ihr Geld lieber ins Haus anstatt es auf der Bank zu lassen
Weil Kaidel zufolge angesichts der Nullzins-Politik der Banken viele Kunden mit vielen Kundenwünschen zu einem Auftragshoch beitragen, fällt es den Handwerksbetrieben natürlich schwer, alle Aufträge zeitnah auszuführen. „Ich tue mir auch schwer, Aufträge noch für dieses Jahr zu versprechen; frühestens in acht Wochen wär' bei mir wieder was frei“, sagt Kaidel, der in Kitzingen einen Betrieb mit rund fünfzehn Mitarbeitern führt. Gerade bei Dachdeckern sind Termine aber nicht in Stein gemeißelt, sondern hängen auch vom Wetter ab. „Um Heiligabend, wenn das Wetter hält, könnte noch was frei sein. Aber wenn es wie aus Eimern schüttet oder richtig kalt wird, dann gehen meine Leute nicht mehr aufs Dach.“
Viele Häuser aus den 50er und 60er Jahren brauchen gerade Komplettsanierung
Das Auftragshoch der unterfränkischen Handwerker könnte auch darin mit begründet sein, dass viele Häuser aus den 50er und 60er Jahren gerade einen Besitzerwechsel erleben. „Die Alten sind nicht mehr da; die Kinder oder Enkel ziehen ein und wollen eine Komplettsanierung“, berichtet Heinz Schuchbauer, Obermeister der Innung Schweinfurt-Main-Rhön für Spengler Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Ob Komplettsanierung oder barrierefreier Häusleumbau – auch der Gerolzhöfer Schuchbauer hat in den nächsten Wochen kaum noch Termine frei. Ob sich der Umstand, dass gute Handwerker gerade wahnsinnig gefragt sind, auf die Preise niederschlägt? „Na klar“, sagt Schuchbauer. „Unverschämt sind wir nicht. Aber die Preise ziehen langsam an. Ist logisch. Wir müssen unseren Mitarbeitern ja auch was bieten. Die Leute, die wir haben, ob Azubis oder Gesellen, die wollen wir halten.“
Mangel an geeignetem Nachwuchs treibt viele Handwerksbetriebe um
Damit ist Schuchbauer bei dem Thema, das allen befragten Handwerksmeistern auf den Nägeln brennt: dem Mangel an geeignetem Nachwuchs. Dem Mangel an Gesellen. „Hätt' ich mehr Leute, könnte ich mehr Aufträge machen“, sagt Schuchbauer. Heizungsbau sei ein technisch anspruchsvoller Beruf, Interessenten müssten ein gutes Verständnis für Mathe und Physik mitbringen, aber auch sprachlich gut genug sein, um Regieberichte ordentlich zu fertigen. Und die Lehrlinge kommen nicht? „Es ist schwierig“, sagt Schuchbauer. Er könne keine schlechten Mittelschüler nehmen; für solche jungen Leute seien die Berufsschulanforderungen zu hart. Natürlich wolle er junge Leute mit gutem mathematischen Verständnis – gern auch Mädchen – ansprechen. Die aber orientierten sich oft eher Richtung FOS und Studium.
„Irgendjemand muss doch auch die Unis bauen, in denen die ganzen jungen Leute studieren“, klagt auch Alexander Erk, Dachdecker aus Frankenwinheim im Kreis Schweinfurt und Schriftführer der Dachdecker-Innung Unterfranken. Eck bestätigt, dass generell im unterfränkischen Handwerk nicht nur die Lehrlinge fehlen, sondern es auch an Gesellen mangelt; sie machten sich entweder selbstständig oder wanderten in die Industrie ab.
Zahl der Lehrverträge ist im Vergleich zum Vorjahr stabil: laut HWK ein gutes Zeichen
Zum diesjährigen Ausbildungsstart hat die Handwerkskammer für Unterfranken 2376 neue Lehrverträge registriert. Laut Sprecherin Nadine Heß ist diese Zahl erfreulich; zeigt sie doch, dass die Menge der Lehrverträge im Vergleich zum Vorjahr stabil geblieben ist. Doch viele Betriebe suchen noch; zum Ausbildungsstart im September blieben 1000 Stellen offen.