Wer einen Handwerker braucht, muss zukünftig mit noch längeren Wartezeiten als jetzt rechnen – die bundesweite Entwicklung, die der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer, diese Woche prognostiziert hat, lässt sich laut Handwerkskammer (HWK) auch in Unterfranken beobachten: Wer jetzt einen Handwerker zu sich bestellt, muss 11,3 Wochen warten – das zeigt der aktuelle Quartalsbericht zur Handwerkskonjunktur in der Region. Damit ist die Auftragsreichweite – also die Zeit, die ein Betrieb benötigt, um vorhandene Aufträge abzuarbeiten – im Vergleich zum Vorjahr um eine Woche gestiegen. Vor vier Jahren betrug die Auftragsvorlaufzeit noch 8,6 Wochen – seither ist sie kontinuierlich gestiegen. Für die Entwicklung gibt es zwei entscheidende Gründe: der Mangel an Nachwuchs und die stetig hohe Auftragslage.
So lag die durchschnittliche Kapazitätsauslastung der unterfränkischen Handwerksbetriebe im vergangenen Jahr bei 81 Prozent. Die aktuelle Konjunkturanalyse der HWK für das zweite Quartal belegt zudem, dass die gute Geschäftslage der Unternehmen weiter anhält – somit wird sich vorerst nichts an der aktuellen Situation ändern.
Besonders lange Wartezeiten gibt es laut HWK für Aufträge bei Handwerksbetrieben im Bereich Bau und Ausbau. Das bestätigt auch Obermeister Peter Killinger von der Maler- und Stuckateur-Innung Würzburg: Zwar müsse man in Unterfranken keine elf Wochen auf einen Maler oder Stuckateur warten; Wartezeiten bis zu acht Wochen seien jedoch durchaus realistisch. Vor allem bei Arbeiten im Außenbereich, beispielsweise an der Fassade, empfiehlt er, sich besonders frühzeitig um einen Handwerker zu kümmern. Verantwortlich für die langen Wartezeiten bei den Stuckateur- und Malerbetrieben ist nach Killingers Beobachtung vor allem der Mangel an Nachwuchs: „Wir suchen händeringend berufene Leute, die Freude an der Arbeit haben. Wenn wir die finden, dann ist die Zukunft gesichert.“ Während Unternehmen früher noch unter mehreren Bewerbern auswählen konnten, seien sie mittlerweile froh, wenn sich überhaupt noch jemand bewerbe. Dabei werden qualifizierte Fachkräfte gerade im Handwerk immer wichtiger – auch, um den hohen Anforderungen der Kunden gerecht zu werden, wie Killinger erklärt. „Wenn wir heute nicht termingerecht und fachlich kompetent ausführen, hat ein Handwerksbetrieb zukünftig keine Chance, weiter vernünftige Aufträge zu bekommen.“ Am Beispiel Bau und Ausbau wird laut Handwerkskammer deutlich, wie die beiden Faktoren Fachkräftemangel und gute Konjunktur zusammenspielen: Da aktuell die Zinsen niedrig sind, ist die Konsumbereitschaft der Verbraucher hoch – so wird beispielsweise viel in Bauprojekte investiert. Da es zu wenige Fachkräfte gibt, die Unternehmen aber gern mehr einstellen würden, können die Aufträge nicht so schnell abgearbeitet werden.
Die Wartezeit, bis neue Aufträge verwirklicht werden können, verlängert sich. Unterschiede in den einzelnen Regionen wie Main-Rhön, Würzburg oder Untermain gebe es dabei nicht: Die Auftragsbücher der Unternehmen seien flächendeckend und über alle Branchen hinweg voll. Das heißt: Alle Handwerkskunden in Unterfranken müssen mit ähnlich langen Wartezeiten rechnen. Im Gegensatz zu vielen anderen Handwerksbereichen ist eine Auftragsvorlaufzeit von drei Monaten in der Baubranche nichts Neues, wie Manfred Dallner, Geschäftsführer für Unterfranken beim Landesverband Bayerischer Bauinnungen (LBB), sagt. Wartezeiten von zweieinhalb bis drei Monaten seien dort sogar üblich. Er erinnere sich an Zeiten, in denen die Betriebe konjunkturbedingt unter starkem Druck standen und händeringend jeden Auftrag annahmen.
Die steigende Auftragsvorlaufzeit wertet der LBB-Geschäftsführer daher als sehr positives Zeichen – wünschenswert seien für die Unternehmen sogar noch längere Auftragsspannen: „Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wäre es natürlich toll, wenn die Betriebe noch für die nächsten zwei Jahren zu tun haben“. Gleichzeitig könne er den Wunsch vieler Kunden nachvollziehen, möglichst schnell mit dem Bau beginnen zu wollen – in Anbetracht der monate- oder gar jahrelangen Überlegungs- und Planungszeit falle die Wartezeit jedoch verhältnismäßig gering aus.