
Rund 94.000 Beschäftigte allein in Unterfranken: Schon wegen dieser Zahl bezeichnet sich das Handwerk in der Region als "Wirtschaftsmacht von nebenan". Unbestritten ist, dass die meist kleinen Unternehmen den in Mainfranken starken Mittelstand prägen.
Doch so selbstverständlich Klempner, Schreiner, Bäcker und Co. im Alltag sind, so überraschend sind manche Tatsachen über ihr Handwerk. Eine Auswahl:
1. Handwerk kann auch Kinderbuch

Margit Rosentritt ist Friseurmeisterin mit eigenem Salon in Schweinfurt. Ein Beruf, der normalerweise allein schon einen Arbeitstag ausfüllt. Doch die Obermeisterin der Friseurinnung Main-Rhön fühlt sich so sehr mit dem Handwerk verbunden, dass sie heuer auch Autorin geworden ist. Rosentritt hat das Büchlein "Ich weiß, was ich will! Und du?" herausgebracht.
Rosentritt richtet sich damit an Kinder, denen sie die Vorzüge von Berufen im Handwerk nahebringen will. Mit einer Auflage von 2000 Exemplaren ist das Werk vorrangig für Kindergärten gedacht. Auf der Website der Handwerkskammer für Unterfranken kann man das Buch online lesen oder sich vorlesen lassen.
2. Handwerk als Wirtschaftsfaktor

Die etwa 19.000 Handwerksbetriebe in Unterfranken sind ein Wirtschaftsmotor: Sie machten 2021 zusammen einen Umsatz von 11,3 Milliarden Euro. Das ist zum Beispiel fast doppelt so viel, wie die Bosch Rexroth AG in dieser Zeit weltweit erzielte (6 Milliarden Euro). Bosch Rexroth ist einer größten Arbeitgeber im Regierungsbezirk.
Weiterer Vergleich: Das unterfränkische Handwerk beschäftigt 94.000 Menschen. Das entspricht ungefähr der Einwohnerzahl von Schweinfurt, Bad Kissingen und Kitzingen in der Summe.
3. So viele Ausbilder wie Einwohner in einer Kleinstadt

Im Handwerk kann man sich in etwa 130 Berufen ausbilden lassen. Wichtig dabei ist, dass es in den Betrieben Beschäftigte gibt, die sich speziell um die Lehrlinge kümmern. In den vergangenen zehn Jahren haben in Unterfranken laut Handwerkskammer etwa 7500 solcher Ausbilderinnen und Ausbilder eine Eignungsprüfung abgelegt. Das sind so viele Menschen wie zum Beispiel Münnerstadt (Lkr. Bad Kissingen) Einwohner hat.
Bei der Eignungsprüfung geht es darum, spezielle Kenntnisse im Beruf sowie in Arbeitspädagogik nachzuweisen. Die Prüflinge haben nach Kammerangaben damit die grundsätzliche Befähigung erlangt, Nachwuchskräfte auszubilden.
4. Unterfrankens Handwerk ist international

Das Handwerk in der Region pflegt internationale Freundschaften - und das seit 1966. Damals knüpfte die Handwerkskammer in Würzburg eine Bande mit der Kammer in Calvados-Orne in Frankreich.
Seit 2001 gibt es eine besiegelte Freundschaft der Unterfranken mit der Handwerkskammer Danzig-Pommern in Polen. Seither können junge Handwerkerinnen und Handwerker ein einwöchiges Auslandspraktikum in einem der drei Länder machen. In diesem Jahr finde zum ersten Mal in Würzburg ein trinationaler Austausch von Bäckereien statt, so die Handwerkskammer für Unterfranken.
5. Handwerk mit langer Geschichte: seltene Dokumente

Es war im Februar 1927, als die Gesetzgeber der Weimarer Republik die Handwerkskammern im Deutschen Reich verpflichteten, ein Verzeichnis aller selbständigen Handwerker in ihrem Bereich zu führen. Das war der Beginn der noch heute bekannten Handwerksrolle.
Sie wird mittlerweile digital geführt und listet alle selbstständigen Handwerkerinnen und Handwerker auf. Früher wurde dieses Verzeichnis mit viel Mühe von Hand erstellt. So entstanden Dokumente, die ein Stück Wirtschaftsgeschichte einer Region sind.
In der Handwerkskammer für Unterfranken in Würzburg gibt es Handwerksrollen der alten Art immer noch. Die ältesten Exemplare stammen aus den 1930er Jahren. Noch älter sind Einträge in dem Buch "Meisterliste". Dort datierten die ersten Informationen über abgeschlossene Meisterprüfungen in Unterfranken aus dem Jahr 1904.
6. Handwerk – und jede Menge Bildung

Handwerk ist was für den Grips: Mit bis zu 3500 organisierten Prüfungen pro Jahr im Bereich Ausbildung, Fortbildung und Meisterbrief zählt sich die Handwerkskammer für Unterfranken samt ihren Tochtergesellschaften zu den größten Bildungsträgern in der Region.
Dieser Teil der beruflichen Fortbildung ist für die Kammer auch ein gutes Geschäft: Gut acht Millionen Euro setzt sie damit im Jahr um. Wegen der Corona-Krise hatte es aber zuletzt Einschnitte gegeben.
7. Handwerk ist nicht nur Handarbeit
Handwerk heißt Handwerk, weil es Handarbeit ist. Das gilt zwar auch trotz Digitalisierung, doch die Zeiten ändern sich. Die Handwerkskammer für Unterfranken hat in Aschaffenburg ein Projekt aufgelegt, um die überbetriebliche Ausbildung in der Feinwerkmechanik zu digitalisieren. Kern des Projektes ist es, Bauteile mit Hilfe spezieller Software zu erstellen. Dabei komme auch 3D-Druck zum Einsatz, so die Kammer.
Wie Augmented Reality (AR) im Handwerk eingesetzt werden kann, wird am Bildungszentrum in Schweinfurt getestet. Dabei werden unter anderem AR-Brillen verwendet, die dem menschlichen Auge gewünschte Zusatzinformationen digital einblendet. Beide Projekte werden vom Bundesbildungsministerium unterstützt.