"Fridays for Future" will auch da sein: Wenn von diesem Freitag an Tausende Landwirte und Verbraucher zur Agrarmesse Grüne Woche nach Berlin kommen, könnten sie Vertreter der jungen Klimaschützer direkt vor Ort treffen. Es soll Diskussionen geben, wohl einen eigenen Stand.
Überhaupt ist der traditionelle Jahresauftakt der Ernährungsbranche diesmal politisch besonders aufgeladen. Bei vielen Bauern brodelt es. Nach Traktor-Protesten in der halben Republik - darunter auch in Würzburg - sagte ihnen Kanzlerin Angela Merkel mehr Gehör bei neuen Umweltauflagen zu.
Indes haben die Bauern in Mainfranken weitere Proteste angekündigt: An diesem Freitag demonstrieren sie in Iphofen bei Kitzingen und Nürnberg.
Für die erwarteten 400 000 Messebesucher in Berlin geht es bis 26. Januar aber auch ums Sehen, Riechen und Schmecken. Auf der weltweit größten Schau ihrer Art präsentieren sich mehr als 1800 Aussteller aus 72 Ländern. Sie kommen aus der Landwirtschaft, Ernährungsindustrie und dem Gartenbau. Darunter sind auch einige wenige Aussteller aus Mainfranken wie zum Beispiel die Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim oder die Frankenwein-Frankenland GmbH aus Würzburg. Partnerland der Messe ist Kroatien.
Welche Rolle die Ernährungswirtschaft in Mainfranken spielt
Im Vorfeld der Grünen Woche hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt das Augenmerk auf die Ernährungswirtschaft in der Region geworfen. Sie habe "eine hohe Bedeutung für die mainfränkische Wirtschaft", heißt es in einem vor wenigen Tagen veröffentlichten Branchenreport der Kammer.
Demnach gibt es in Mainfranken 694 Unternehmen, die sich der Erzeugung oder Weiterverarbeitung von Nahrungs- oder Futtermitteln sowie Getränken widmen. Ein Drittel davon ist im Handelsregister eingetragen, der Rest nicht und gilt somit als Kleingewerbe.
Wie viel Geld die Mainfranken für Nahrung ausgeben
Die Branche kann mit stattlichen Zahlen aufwarten: So seien 2018 in der Region 2,7 Milliarden Euro für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren ausgegeben worden, ist in dem IHK-Report zu lesen. Pro Kopf seien das 2842 Euro (in 2019). Damit machen die Mainfranken beim Essen, Trinken und Rauchen weniger Geld locker als die Menschen im restlichen Bayern (3029 Euro) und Deutschland (2918 Euro).
Auf die Region bezogen gibt es die meisten Unternehmen der Ernährungswirtschaft im Kreis Main-Spessart (115), gefolgt von den Landkreisen Kitzingen (109), Würzburg (102) und Haßberge (80). In fast allen Stadt- und Landkreisen dominieren dabei die Kleinbetriebe.
Was auf der Grünen Woche im Trend liegt
Auf der Grünen Woche bleiben regionale Produkte im Trend. Auch veganes Essen und Trinken: Gab es vor fünf Jahren gerade mal zwei Aussteller dazu, sind es nun 150. In den Messehallen kommen Genüsse vom Krustenbraten bis Insekten auf den Teller. Es gibt Reitturniere und Tierschauen, Feldroboter in Aktion und für viele Großstädter ein sonst nur seltenes Angebot: mit Landwirten ins Gespräch zu kommen.
Viele Bauern sehen sich dabei selbstbewusst als Klimapraktiker. Im "Erlebnisbauernhof" auf dem Messegelände will sich die Branche auch zu diesem Thema stellen, 100 Landwirte sollen als "Agrarscouts" für Besucherfragen da sein.
Was die Bauern schmerzt
Wirtschaftlich gehen viele Bauern angespannt ins Jahr. Die Gewinne sackten im vergangenen Wirtschaftsjahr 2018/19 auf breiter Front ab. Dabei schlugen auch Ernteschäden wegen der extremen Dürre 2018 in vielen Regionen ins Kontor.
Im Vorfeld der Grünen Woche wurde auch bekannt, dass Lebensmittelkäufer ab 2021 Schweinefleisch mit dem Tierwohl-Kennzeichen in den Kühlregalen finden sollen. Wie die von Ernährungsbranche und Handel getragene Initiative Tierwohl am Donnerstag mitteilte, startet im kommenden Jahr die dritte Projektphase der Initiative.
Bis 2024 sollen Ferkelerzeuger honoriert werden, wenn sie höhere Standards im Stall einhalten. Dafür sollen jährlich 30 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Finanzieren soll das der Lebensmitteleinzelhandel, der 2 Cent pro verkauftem Kilogramm Schweinefleisch zahle.
(Mit Informationen von dpa.)