Massenhaft abgesagte Weihnachtsfeiern sowieso schlechte Geschäfte und mancherorts Einbußen bis zu 90 Prozent: Die Gastronomie hängt wegen der Corona-Krise in den Seilen. Eine Krise, die Wellen in die Reihe dahinter wirft: Die Zulieferbetriebe der Gasthäuser spüren ebenfalls starken Gegenwind – und haben zudem ein sensibles Problem. Denn sie müssen um ihr Personal bangen und bleiben auf Lebensmitteln sitzen.
"Wir mussten viel Ware vernichten", klagt Friedrich Walther in Kitzingen. Der Geschäftsführer des Frischdienstes Walther erinnert sich, dass er während des ersten Lockdowns 5000 Kilogramm frische Pommes in ein Müllheizkraftwerk bringen ließ, weil es keine Abnehmer in der Gastronomie gegeben habe.
Lebensmittelverschwendung – und dann auch noch Kurzarbeit
Damit nicht genug: Walther musste seine Belegschaft zeitweise in die Kurzarbeit schicken, zum Teil wanderte Personal wegen der unsicheren Aussichten ab. Heute hat das Kitzinger Unternehmen statt 75 noch 65 Beschäftigte. "Wir hatten viele Gespräche mit unseren Mitarbeitern", so der Chef.
Walther beunruhigte der Gemütszustand in seinen Reihen: "Es war für viele zum ersten Mal eine Situation, die sie so noch nicht erlebt haben." Wegen der Corona-Krise werde heuer der Umsatz seines Unternehmens von 20 Millionen Euro in 2020 wohl auf 15 Millionen fallen.
Beispiel Nußbaumer: Umsatz schrumpft deutlich
Ähnlich geht es Geschäftsführer Markus Bammes vom Gastro-Zulieferer Nußbaumer in Kürnach (Lkr. Würzburg). Er geht davon aus, dass der Jahresumsatz von 50 auf 30 Millionen Euro schrumpfen wird. "Wir sind zum Glück nicht auf Kante genäht", so Bammes. Sein Unternehmen werde weiterleben, Aufgeben komme nicht in Frage.
Um die Misere abzufedern, habe Nußbaumer Investitionen zurückgestellt. Außerdem sei von März bis Juli 2020 und von November 2020 bis Mai 2021 Kurzarbeit für die gesamte Belegschaft angeordnet worden. Für kommenden Januar rechnet Bammes mit einem ähnlichen Schritt.
Miesepeter will Bammes aber nicht sein. Personalabbau gebe es bei ihm nicht. "Ich halte sie alle", sagt der Geschäftsführer hinsichtlich seiner 150 Beschäftigten – auch wenn er mit Blick auf die Lohnkosten zeitweise "jeden Morgen 10 000 Euro angezündet" habe.
Auch die Getränkelieferanten der Gasthäuser spüren deren Krise offenbar intensiv. "Wir stecken im Sog drin", drückt es Geschäftsführer Gert Rummel von der Theo Faulhaber Getränke GmbH in Würzburg aus.
Was der Mangel an Lkw-Fahrern zu bedeuten hat
Ein plötzliches Minus von 92 000 Euro bei einem Umsatz in normalen Jahren von fünf Millionen Euro musste Faulhaber im Jahr 2020 verkraften. "Klar, das ist eine Corona-Folge gewesen", so Rummel. "Wir haben die selben Probleme wie die Gastronomie."
Besonders dünnes Eis für den Geschäftsführer ist der allgemeine Mangel an Lastwagenfahrern. Etwa die Hälfte seiner 13 Beschäftigten steuern die Getränke zur Kundschaft. Doch in den vergangenen Corona-Monaten sei es vorgekommen, dass die Fahrer "an manchen Tagen gar nichts zu tun hatten".
Kurzarbeit habe zeitweise das Schlimmste überbrücken können. Aber Rummel muss mit der einen oder anderen "kleinen Sonderleistung" an seine Fahrer dagegen kämpfen, dass sie ihm nicht von der Fahne gehen. Dann Nachfolger zu bekommen, sei schier unmöglich.
Faulhaber: Warum mancher Auftrag abgelehnt wurde
Was an Kundschaft noch geblieben ist, bestelle noch kurzfristiger als früher – und in deutlich kleineren Mengen. "Das Problem ist der geringe Bedarf", klagt Rummel. Er habe schon Kleinaufträge mit lediglich vier, fünf Getränkekisten absagen müssen, weil sich das für Faulhaber beim besten Willen nicht rentiere. Mittlerweile drehe sich die Logistik um: Nicht Faulhaber fährt zur Kundschaft, sondern die Kundschaft holt ihre Getränke bei Faulhaber ab.
Den Schuldigen an der Misere all der Zulieferer sieht Nußbaumer-Chef Bammes in der Politik: "Wir sind das Bauernopfer, für uns interessiert sich keiner." Die Regierungen hätten mit ihren Entscheidungen keine Verlässlichkeit und keine Konstanz garantiert. Wegen der unsicheren Lage seien die Bestellungen der Gastronomie noch unkalkulierbarer geworden.
Frischdienst Walther und die Sache mit dem Ketchup
Das sieht Friedrich Walther in Kitzingen ähnlich: Die Lieferketten seien "extrem stark belastet". Zu erkennen zum Beispiel beim Ketchup: Ließen sich die Gastwirtschaften die rote Zutat sonst gleich eimerweise ins Haus bringen, bestellen sie sie laut Walther nun nur noch in kleinen, abgepackten Portionen.
Die straffen Zeitfenster bei der Auslieferung haben dem Familienunternehmen einen Engpass im Fuhrpark mit seinen 23 Lastwagen eingebrockt: Vier Beschäftigte seien in jüngster Zeit artfremd als Fahrer eingesprungen. Beschäftigte, die immerhin einen Lkw-Führerschein haben, aber ansonsten bei Walther in ganz anderen Abteilungen arbeiten.
Wer noch Optimismus hat
Ein Glücksfall für den Unternehmer, denn seine Kunden haben ihre Planung offenbar deutlich umgestellt: Die Lagerhaltung sei minimiert worden, die Aufträge kämen noch spontaner als bisher herein. Das verdichte seinen Personaleinsatz und eben die Koordination des Fuhrparks, so Walther.
Alles in allem gehe er aber jeden Tag "mit einem optimistischen Gefühl" in den Feierabend. Seine Firma bleibe auf Kurs. Dazu trage die Tatsache bei, dass der Großteil der Kundschaft klassisch-fränkische und wirtschaftlich robuste Gasthöfe in einer bei Touristen populären Region sei.
"Wir werden das durchstehen", betont auch Geschäftsführer Bammes vom Zulieferer Nußbaumer. Zwar werde die Gastronomie die Öffnungszeiten und das Speiseangebot wegen der Corona-Krise weiter ausdünnen. "Aber Schnitzel mit Pommes wird's immer geben."