
Sabine Wolfinger ist sauer. Sauer auf die Staatsregierung. Ihr Fachgeschäft "Spielzeugwiese" in der Würzburger Innenstadt darf sie seit Mitte Dezember nicht öffnen. "Und ein Ende des Lockdowns ist nicht in Sicht", ärgert sich die Geschäftsfrau. Große Drogeriemärkte aber dürfen ab sofort unter anderem auch Spielzeug wieder verkaufen. Nach einem Gerichtsurteil von Montag hat das Gesundheitsministerium jetzt die bisherigen Beschränkungen für Teilsortimente gestrichen.
Zuvor hatte das Verwaltungsgericht Augsburg Verkaufsverbote der Städte Kempten und Memmingen aufgehoben. Eine Supermarkt-Kette hatte sich dagegen gewehrt, dass sie bestimmte Abteilungen der Läden, in denen sie Spielzeug, Haushaltswaren oder Sportartikel verkauft, per Absperrband vom übrigen Geschäft abtrennen und damit schließen musste. Eine solche Beschränkung sei durch die Infektionsschutzverordnung des Gesundheitsministeriums nicht gedeckt, urteilten die Augsburger Richter. In der Verordnung heißt es, dass Geschäfte komplett öffnen dürfen, wenn der Schwerpunkt ihres Sortiments - also mehr als 50 Prozent - auf Produkten wie Lebensmittel und Drogerieartikel liegt und sie im Übrigen nichts in die Regale stellen, was sie nicht sonst auch verkaufen.
Der Vollzugshinweis des Ministeriums, dass diese "Mischbetriebsregelung" nicht gilt, wenn prinzipiell nicht erlaubte Sortimente "in eigenen, gut abgrenzbaren Abteilungen" angeboten werden und somit abgeschlossen werden können, war aus Sicht der Richter unerheblich. Das Ministerium hat die "Sonderregelung Großbetriebsformen" deshalb jetzt aus dem Papier "Corona-Krise und Wirtschaft" gestrichen, an dem sich der Einzelhandel orientiert.
Noch keine Entscheidung bei Müller
In Unterfranken ist es vor allem die Drogeriekette Müller aus Ulm, die in ihren Märkten die Abteilungen für Spielwaren, Haushaltswaren und Multimedia bislang absperren musste. Ob es dabei bleibt, konnte eine Unternehmenssprecherin am Mittwoch nicht sagen. "Noch ist zu, wir warten auf eine schriftliche Anweisung der Zentrale in Ulm", hieß es in einer Filiale.

Der Fachhandel ist gleichwohl alarmiert. Jede Menge Mails und SMS habe er erhalten, in denen vor allem Haushalts- und Spielwarenhändler ihren Frust äußern, berichtet Volker Wedde, Bezirksgeschäftsführer beim Einzelhandelsverband. Darunter sind Geschäftsleute wie Thorsten Drechsler, der in Würzburg den Spielzeugladen "Die Murmel" betreibt. Er sei "sehr traurig", dass er sein Geschäft nicht aufmachen könne, verstehe aber, dass angesichts der Corona-Zahlen weiter "Zurückhaltung angezeigt ist". Das Augsburger Urteil kommentiert Drechsler trocken: "Eine Pandemie ist nie gerecht."
Deutlich aufgebrachter reagiert seine Kollegin Sabine Wolfinger. Für sie ist die Neuregelung zugunsten der Drogeriemärkte ein "Faustschlag in die Magengrube". So setze sich im Kampf gegen Corona die "Ungleichbehandlung von Geschäften" fort. "Wir Fachhändler sind die Bauernopfer", empört sich die Inhaberin. Die Beschlüsse der CSU-geführten Staatsregierung empfinde sie vielfach als "Willkür", sagt Wolfinger, die selbst für die CSU im Würzburger Stadtrat sitzt: "Ich hadere mit meiner Partei, das können Sie ruhig schreiben."
Als letzten Ausweg, um doch wieder "richtig arbeiten zu können", überlege sie nun, ihr Sortiment schwerpunktmäßig auf Kleinkinderbedarf umzustellen, sagt Wolfinger. Baby-Fachmärkte dürfen nämlich in Bayern nach wie vor öffnen.
(mit Informationen von dpa)