
Gründonnerstag und Karsamstag sollten "Ruhetage" werden: Als dies am Dienstag in Berlin im Zuge der Lockdown-Verschärfung verkündet wurde, herrschte helle Aufregung vor allem im Einzelhandel. Geschäftsleute rauften sich die Haare, weil sie ihren Betrieb schnell umstellen mussten und gerade am Ostersamstag mit einem Mega-Ansturm auf Lebensmittelgeschäfte zu rechnen war.
Mittlerweile hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Ruhetagsregelung wieder zurückgenommen. Normalisiert hat sich die Lage im Handel dadurch nur stellenweise, wie Sebastian Kohrmann verdeutlicht. Der 37-Jährige ist Vorstandssprecher von Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen mit Sitz in Rottendorf bei Würzburg.
Diesem Verbund gehören knapp 900 Geschäfte mit zusammen 45 000 Mitarbeitern an, die meistens von eigenständig handelnden Edeka-Kaufleuten geführt werden. In Mainfranken hat der auf Lebensmittel spezialisierte Genossenschaftskonzern 148 solcher Geschäfte, in denen 6300 Menschen arbeiten. Angegliederte Ladenketten sind Kupsch, Diska sowie Nah & Gut.
Die Pandemie habe das Einkaufsverhalten der Kunden verändert, sagt Vorstandssprecher Kohrmann. Und er legt dar, was sie vor Ostern in den Geschäften in puncto Corona-Regeln und Ansturm zu erwarten haben.
Sebastian Kohrmann: Gründonnerstag ist normalerweise einer der umsatzstärksten Tage im Jahr, von daher rechnen wir mit einem hohen Aufkommen. Sicherlich wird auch der Karsamstag intensiv für die eine oder andere vergessene Zutat für den Sonntagsbraten genutzt.
Kohrmann: Wir können nur immer wieder dazu aufrufen, Geduld zu bewahren, Rücksicht zu üben und Abstand zu halten. Unsere Beschilderungen bezüglich Hygiene- und Abstandsmaßnahmen sowie Lautsprecherdurchsagen helfen, sich zu orientieren.
Kohrmann: In der Osterwoche wird zu Stoßzeiten in vielen unserer Märkte zusätzlich eine Einlasskontrolle durch eigene Mitarbeitende oder Sicherheitsdienste erfolgen müssen. Bislang waren die Einkaufswagenpflicht oder die digitalen Monitore pragmatische Instrumente zur Steuerung der Kundenzahl. Dies entscheiden unsere Kaufleute nach den Gegebenheiten vor Ort.
Kohrmann: Sagen wir einmal so: Ich empfehle, die Ostereinkäufe nicht nur am Gründonnerstag oder Ostersamstag, sondern schon verteilt innerhalb der Woche zu tätigen. Am Ostersamstag sind die Randzeiten ganz früh und später am Nachmittag mutmaßlich mit weniger Wartezeiten und Besucherandrang verbunden.
Kohrmann: Definitiv. Das Ostergeschäft ohne den Gründonnerstag schultern zu müssen, wäre eine Herkulesaufgabe geworden. Die kurzfristig vorgesehene Schließung des Lebensmittelhandels am Gründonnerstag hätte zu erhöhtem Kundenandrang an den Tagen davor und danach geführt. Gerade in Pandemiezeiten wäre dies sehr kontraproduktiv gewesen. Wir sind sehr erleichtert, dass der Beschluss gerade noch rechtzeitig gekippt wurde. Es hilft uns, die Kundenfrequenz wieder etwas zu entzerren. Und es entlastet unsere Mitarbeitenden enorm im Feiertagsgeschäft. Aber auch organisatorisch können wir jetzt wieder nach dem normalen Oster-Tourenplan arbeiten. Die Märkte bestellen zu ihren gewohnten Sendezeiten und unsere Großhandlung liefert im geplanten Rhythmus. So eine Entscheidung zieht eine lange Kette nach sich, von verderblicher Ware wollen wir erst gar nicht sprechen.
Kohrmann: In erster Linie kosten uns solche Wechselspiele enorm viel Zeit. Dutzende Mitarbeiter in Einkauf, Logistik, IT und Vertrieb sowie hunderte Marktinhaber haben den kompletten Dienstag mit dem Umorganisieren der Warenströme verbracht. Aber ein Nachkarten bringt nichts, sondern würde uns nur noch mehr Zeit kosten. Wir haben in einem Jahr Pandemie gelernt, flexibel zu sein. Ich bin unglaublich stolz darauf, wie schnell wir inzwischen in unserer Corona-Taskforce und in der Krisenkommunikation sind. Unsere Kaufleute fühlen sich gut abgeholt und wir sind ein zuverlässiger Partner bei der Versorgung der Bevölkerung.
Kohrmann: Das Kaufverhalten hat sich tatsächlich verändert. Unsere Kunden kaufen nicht mehr so oft ein, sondern planen wieder mehr Großeinkäufe. Wir sprechen im Handel vom One-Stop-Shopping. Und sie greifen verstärkt zu höherwertigen Produkten, gönnen sich zum Beispiel mal ein gutes Stück Fleisch oder einen erlesenen Wein.
Kohrmann: Der Wettbewerb im Lebensmittelhandel ist hart. Insofern kann sich kein Anbieter leichtfertig Preiserhöhungen erlauben. Das Gegenteil ist sogar der Fall. Wir haben zum Beispiel im Februar mehr als 1000 Markenartikel im Preis gesenkt. Preissteigerungen kommen im Lebensmittelhandel in der Regel aus gestiegenen Rohstoffkosten und nicht aus einer erhöhten Nachfrage.
Kohrmann: Der Lebensmittelhandel hat in Krisenzeiten mit viel Aufwand und einem hohen Engagement der Mitarbeitenden die Versorgung der Bevölkerung sichergestellt. Er war ein wichtiger Vertrauensanker und hat gezeigt, dass auch in Krisenzeiten Dinge reibungslos laufen können. Insofern hat für mich der Ausdruck "Profiteur" den falschen Beigeschmack. Unabhängig davon gibt es zahllose Partnerschaften und Aktionen unserer Kaufleute zur Unterstützung von Restaurants, Vereinen, Kulturbetrieben oder Gewerbetreibenden vor Ort. Wir wissen zum Beispiel von einem fränkischen Edeka-Kaufmann, der Einkaufsgutscheine im Wert von 60 000 Euro an seine Mitarbeitenden ausgegeben hat, die bei den örtlichen Gewerbetreibenden eingelöst werden können.