Die Digitalisierung ist auch in Zeiten von Corona eines der wichtigsten Themen in Unternehmen geblieben - und durch Corona erst recht. Denn die Einschnitte in Folge der Pandemie haben die Vorteile digitaler Instrumente gezeigt. Online-Besprechungen und Homeoffice sind dafür die gängigsten Beispiele.
Doch während sich ein Industriebetrieb mit Maschinen und Fließbändern mit dem Einsatz zum Beispiel von Robotern leicht tut, hat mancher Handwerker offenbar noch Berührungsängste. Die Region Mainfranken GmbH und die Handwerkskammer für Unterfranken laden deshalb an diesem Donnerstag zu einer Online-Veranstaltung zum Thema. Wo liegen für das Handwerk Chancen der Digitalisierung - und was ist der Hemmschuh? Ein Überblick in Fragen und Antworten.
Fünf Prozent. So jedenfalls ist die Schätzung von Lukas Walter, der an der Handwerkskammer in Würzburg das dreijährige Projekt "Robonet" leitete. Im März 2020 zu Ende gegangen, untersuchte es den Einsatz von Robotern in Betrieben. In diesem Zusammenhang habe er Firmen kennengelernt, die noch nicht einmal einen Internetauftritt hatten, sagt Walter. Die Bereitschaft, sich auf den Einsatz von Robotern einzulassen, sei insgesamt "noch gering". Und das, obwohl "die Technologie da ist".
Mit Hilfe von Robotern hergestellte Teile "sind viel präziser", ist die Erfahrung von Frank Ackermann. Der Geschäftsführer einer auf Innenausbau spezialisierten Möbeltischlerei in Wiesenbronn (Lkr. Kitzingen) hat in den vergangenen Jahren auf Digitalisierung gesetzt. Die Geschäfte florierten schon deswegen, sagt Ackermann. Die Zahl der Beschäftigten habe sich auf 120 versechsfacht, sein Unternehmen sei profitabler geworden.
Heute setzt Ackermann einen Roboter und elf sogenannte CNC-Maschinen ein, die eigenständig computergesteuerte Arbeitsschritte ausführen. Gerade die Erledigung monotoner oder beschwerlicher Handgriffe sei der Vorteil von Robotern, sagt Ackermann. Das sieht auch Ludwig Paul, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Unterfranken, so. Den größten Mehrwert brächten Roboter deshalb im Bereich Bau und Ausbau. Auch den Einsatz zum Beispiel bei Bäckern sieht Paul als vorteilhaft - etwa wenn es um das gleichmäßige Umsetzen von Teiglingen auf die Backbleche geht. Freilich sei das Potenzial zum Automatisieren in den einzelnen Handwerksbranchen "sehr unterschiedlich".
Umsonst gibt es die Digitalisierung natürlich nicht: Ackermann gibt nach eigenen Worten pro Jahr 50 000 Euro allein für Software und Wartung der digitalen Helfer sowie im Schnitt 400 000 Euro für neue CNC-Maschinen aus.
Auf dem Bau. Seit etwa vier Jahren heißt das Zauberwort BIM. Die Abkürzung für Building Information Modeling steht für ein von Architekten erstelltes 3D-Modell, das von der kleinsten Schraube bis zur hintersten Dachrinne sämtliche Daten eines geplanten Gebäudes enthält. Alle am Bau beteiligten Firmen können auf dieses Modell zugreifen, so dass der bislang auf Baustellen übliche Papierkram mit Bergen von sperrigen Plänen und Arbeitszetteln entfällt. "Das wird Einiges an Wirtschaftlichkeit und Qualität bringen", ist sich Unternehmer Ackermann sicher.
Nein, hieß es schon im Mai 2019 bein Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Eine Untersuchung habe gezeigt, dass der Einsatz von Digitalisierung mehr Jobs schaffe als abschaffe. Allenfalls gering qualifizierte Beschäftigte müssten sich Sorgen machen. Für Hauptgeschäftsführer Paul von der Handwerkskammer steht nach wie vor das Spezialwissen der Handwerker und ihr Austausch mit den Kunden im Vordergrund. "Roboter können menschliche Arbeitskräfte hier nicht eins zu eins ersetzen." Freilich könne in einigen Branchen der Einsatz von Robotern dem Fachkräftemangel entgegenwirken.
Ähnlich sieht das der Wiesenbronner Unternehmer Ackermann. Schon mit Blick auf die Vervielfachung der Zahl seiner Beschäftigten "kann man nicht sagen, dass Digitalisierung Arbeitsplätze vernichtet". Auch Lukas Walter von der Handwerkskammer ist davon überzeugt, dass der Einsatz von Robotern und anderen Hilfsmitteln neuen Absatz schafft und somit einen Betrieb wachsen lasse.
Leider sei die Programmierung von Robotern nicht einheitlich, sagt Lukas Walter. Insofern müssten Mitarbeiter sich das jeweils für den Einzelfall aneignen. Er kann sich allerdings vorstellen, dass die Programme einfacher werden und Roboter bald zum Beispiel allein durch Gesten steuerbar sind. Das Projekt "Robonet" habe gezeigt, dass der Einsatz von AR-Brillen Anklang bei Betrieben finde. Solche Brillen blenden in das Sichtfeld des Nutzers computeranimierte Daten ein - Stichwort Augmented Reality, kurz AR. So kann zum Beispiel ein Installateur einem Kunden mit Hilfe der Brille zeigen, wie das neue Badezimmer aussehen könnte. Der Einsatz von AR und Robotertechnik "wird mehr und mehr ein Teil der Ausbildung werden", so Kammerchef Paul Ludwig.
Das ist für Hauptgeschäftsführer Ludwig Paul kein Thema: "Ein Roboter ist nichts anderes als ein Werkzeug oder eine Maschine, die der Handwerker nutzt. Dementsprechend gibt es hier keine gesonderten Regeln." Die Klärung von Haftung oder Gewährleistung läuft dann ab wie in Fällen, in denen der Handwerker keinen Roboter einsetzt.