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Würzburg/Schweinfurt
Bitcoin-Experte: Wie Kryptogeld in Mainfranken ankommt
Ein Bitcoin-Automat lenkte vor Wochen in Schweinfurt den Blick mal wieder auf Kryptogeld. Ein kontroverses Thema. Was in Mainfranken aus der Aufregung von einst geworden ist.
Solche Bitcoin-Münzen gibt es nur symbolisch. Das künstliche Geld ist vielmehr ein Spekulationsobjekt. Ob es mal das Zeug zu einer richtigen Währung hat, ist umstritten.
Foto: Jens Kalaene, dpa (Symbolbild) | Solche Bitcoin-Münzen gibt es nur symbolisch. Das künstliche Geld ist vielmehr ein Spekulationsobjekt. Ob es mal das Zeug zu einer richtigen Währung hat, ist umstritten.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:20 Uhr

Bitcoin und Blockchain: Zwei Begriffe, die für das Geld der Zukunft und eine noch digitalere Welt stehen. Auch in Mainfranken war das noch vor etwa drei Jahren ein intensiv diskutiertes Thema.

Mittlerweile ist die Fieberkurve wieder nach unten gegangen, wie Experte Andreas Schütz aus Kitzingen beobachtet hat. Der 35-jährige Informatiker ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Würzburg, hält Vorträge über Kryptowährungen und gilt schon deshalb in der Region als einer der profundesten Kenner der Szene.

Nach Monaten der Ruhe – auch wegen der Schlagzeilen rund um Corona – hat sich das Scheinwerferlicht vor wenigen Tagen wieder auf das künstliche Geld gerichtet. Denn Tesla-Chef Elon Musk hatte mit Äußerungen über Bitcoin für einen Kurssprung der Währung auf Rekordhöhe gesorgt. Auch das Kryptogeld Dogecoin sorgte mit schwindellerregenden Werten für Aufregung.

So oder so, Experte Andreas Schütz geht davon aus, dass es noch Jahre dauern wird, bis das digitale Zahlungsmittel im mainfränkischen Alltag angekommen ist. Dennoch bewege sich schon jetzt Einiges.

Digitales Geld hat nach wie vor Zukunft: Andreas Schütz aus Kitzingen ist Experte für Kryptowährungen und als Informatiker wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Würzburg.
Foto: Miriam Schütz | Digitales Geld hat nach wie vor Zukunft: Andreas Schütz aus Kitzingen ist Experte für Kryptowährungen und als Informatiker wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Würzburg.
Frage: In Schweinfurt gibt es seit vier Monaten den ersten staatlich legitimierten Bitcoin-Automaten weit und breit. Er soll der breiten Masse den Weg zu Kryptogeld ebnen. Welche Zukunft hat das? Wird es bald noch mehr solcher Automaten geben?

Andreas Schütz: Dieser Bitcoin-Automat ist ein erster Schritt in Richtung Akzeptanz. Da hat man was zum Anfassen. Weil der Automat in Schweinfurt von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zertifiziert worden ist, kommen die Kryptowährungen ein bisschen aus dem Schattendasein. Die hatten ja bisher einen schlechten Ruf. Trotzdem hängt die Verbreitung solcher Automaten mit der Akzeptanz zusammen. Und die ist immer noch schleppend. Tesla hat ja angekündigt, dass man dort bald mit Bitcoin bezahlen kann. Das ist schon mal ein Schritt dahin, dass Bitcoin massentauglich wird.

Und wann wird das in Mainfranken der Fall sein? Wann also wird Otto Normalverbraucher im Alltag mit Kryptogeld bezahlen?

Schütz: Ich schätze, dass es uns in fünf bis zehn Jahren immer wieder im Alltag begegnet. Die Frage wird auch sein, welche Kryptowährung sich durchsetzen wird. Bitcoin war die erste, aber vielleicht wird es ja irgendwann eine offizielle Kryptowährung von der Europäischen Zentralbank geben. Da sind überall noch große Fragezeichen.

Gibt es in Mainfranken Unternehmen, die jetzt schon mit Kryptogeld bezahlen – und wenn es nur am Rand ist?

Schütz: Fällt mir keines ein. Das Problem sind sicherlich die Kursschwankungen.

Was tut sich generell in Mainfranken rund um Kryptowährungen?

Schütz: Es ist in der Corona-Zeit ruhig geworden. Die Firma Crypto Supply in Schweinfurt ist das Einzige, was mir in dieser Hinsicht einfällt. Sie bietet neben dem neuen Bitcoin-Automaten Mining-Zubehör an und beschäftigt sich immer wieder experimentell mit dem Thema. Ich habe abgesehen davon das Gefühl, dass sich mit der Corona-Krise die Perspektive verändert hat und dass es jetzt eher um Standard-Digitalisierung geht anstelle experimenteller Technologien wie Blockchain.

Wird das Thema Kryptowährung nach der Corona-Krise wieder hochkommen – auch in der regionalen Wirtschaft?

Schütz: Kann ich mir vorstellen. Wobei es ja im Moment eben um Standard-Digitalisierung wie Telearbeit geht. Wenn es wieder um Fragen gehen kann, wie man seine Prozesse optimiert, dann könnte es durchaus sein, dass sich die Unternehmen wieder an Themen wie Blockchain wagen.

Das heißt also, dass Unternehmer nach dem Hype vor zwei, drei Jahren nun ruhiger an Blockchain rangehen? Wie genau wird das aussehen?

Schütz: Damals war es eine junge Technologie und man wusste gar nicht genau, was man damit anfangen kann. Jetzt stellt sich heraus: Es ist eine Nischentechnologie, die sich ganz gut für bestimmte Sachen eignet.

Für was genau? Denn Mainfrankens Wirtschaft wird von kleinen und mittelgroßen Unternehmen dominiert. Die werden sich mit Blockchain schwer tun. Welche Branche des Mittelstandes sollte sich also auf jeden Fall damit befassen?

Schütz: Generell der komplette Finanzsektor. Was bei Blockchain zurzeit boomt, ist DeFi, also Decentralized Finance oder Dezentralisierte Finanzmärkte. Da werden ganze Finanzdienstleistungen über Blockchain abgewickelt. Von Versicherungen über Sparbücher bis zu Mikrokrediten.

Ist jetzt ein guter Zeitpunkt für Unternehmer oder Verbraucher, Kryptowährungen zu kaufen?

Schütz: Das ist ein Blick in die Glaskugel. Bei Aktien zum Beispiel hängt man an einer Branche und kann einschätzen, ob es da gut aussieht. So etwas fällt bei Kryptowährungen weg. Man tut sich da schwer mit Vorhersagen. In der Vergangenheit war es immer so, dass nach einem starken Anstieg die Kurse schnell wieder stark gefallen sind. Im Moment steigen die Kurse. Die Frage ist, wann sie ihren Höhepunkt finden. Ich schaue immer, dass ich tief einsteige. Wichtig ist für Einsteiger, sich intensiv mit dem Risiko zu befassen und nur Geld zu nehmen, auf das man verzichten kann. Auch sollten sie sich erst mal mit Grundlagen des Investments beschäftigen. Was Bitcoin angeht: Das ist das Zugpferd. Wenn da die Kurse einstürzen, gehen sie bei den anderen Kryptowährungen auch runter.

Wichtige Begriffe rund um Kryptogeld

Kryptowährungen: Derzeit gibt es auf der Welt nach Angaben des Fachportals CoinMarketCap etwa 7400 Kryptowährungen – Tendenz steigend. Das Marktkapital aller Kryptowährungen beläuft sich aktuell auf 280 Milliarden Euro.
Bitcoin ist das bekannteste digitale Geld. Es gibt es seit 2009. Populär sind auch Ethereum, Tether, XRP oder Litecoin. Mittlerweile kann man in vielen Ländern in speziellen Geschäften mit Kryptogeld bezahlen, wobei Kryptogeld keine Scheine oder Münzen hat. Es geht um rein digitale Vorgänge. Weil Kryptogeld außerhalb der herkömmlichen Bahnen im Umlauf ist und direkt zwischen Sender und Empfänger übermittelt wird, braucht es dafür keine Banken. Für den Handel mit Kryptowährungen existieren eigene digitale Börsen, bei denen sich Nutzer anmelden.
Blockchain: Hinter vielen Kryptowährungen steht die sogenannte Blockchain-Technologie, die auch als digitaler Kontoauszug bezeichnet wird. In den miteinander verketteten Datenblöcken sind alle jemals getätigten Transaktionen abgespeichert und einsehbar. Mit Verschlüsselungstechniken wird gewährleistet, dass nur die Eigentümer von zum Beispiel Bitcoins Transaktionen vornehmen können. Außerdem wird sichergestellt, dass eine Bitcoin-Einheit nur einmal ausgegeben werden kann. Das Teilwort "Krypto" deutet darauf hin, dass die Daten rund ums künstliche Geld verschlüsselt sind. Das Erzeugen neuer Datenblöcke für die Blockchain wird als Mining bezeichnet.
Kurse: Typisch für Bitcoin und andere Kryptowährungen sind sehr schnelle und starke Kursschwankungen. Deshalb gilt ihr Kauf als riskant. Millionenschwerer Diebstahl von Kryptogeld durch Hacker sorgt immer wieder für Schlagzeilen.
Wallet: Grob vergleichbar mit einem herkömmlichen Bankkonto können Kryptowährungen mit einem Wallet (englisch: Brieftasche) verwaltet werden. Im Wallet liegen hochsensible Daten, mit deren Hilfe der Nutzer an seine Guthaben kommt. Wer diese Daten verliert, verliert auch sein Guthaben. Ein Wallet kann verschiedene Formen haben und zum Beispiel ein Computerprogramm oder ein USB-Stick sein.
aug/dpa
 
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