Die Bezirksgruppe Unterfranken der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) hat eine aktuelle Prognos-Studie zum Anlass genommen, um in einem Pressegespräch gangbare Wege im Rennen um die wenigen Fachkräfte zu diskutieren. "Während sich bei den Akademikern nahezu flächendeckend ein Arbeitskräfteüberschuss abzeichnet, fehlen in Bayern Personen mit einer beruflichen Qualifikation", machte vbw-Bezirksvorsitzender Wolfgang Fieber am Dienstag in Würzburg deutlich.
- Lesen Sie auch: Fachkräfte gesucht: Erfahrung ist der größte Schatz
Er wies auch darauf hin, dass der sogenannte qualifikatorische Mismatch weiter steige. "Das heißt, dass es für die Unternehmen schwieriger wird, Personal mit der passenden Qualifikation generell und konkret am Unternehmensstandort zu finden." Davon konnten auch der anwesende Hotelier Thomas Dauenhauer aus Dettelbach (Lkr. Kitzingen) und Unternehmerin Verena Müller-Drilling aus Frammersbach (Lkr. Main-Spessart) ein Lied singen.
Arbeitsmarkt in Main-Spessart: wie leergefegt
Während in den größeren Städten in der Regel dank der Studenten genügend Servicekräfte zur Verfügung stünden, sehe es auf dem Land weitaus schlechter aus, berichtete Dauenhauer. Vor allem die Arbeitszeitregelungen und andere bürokratische Vorschriften in Deutschland machten der Gastronomie sehr zu schaffen, so der Konditormeister, der sich auch auf der Suche nach Auszubildenden schwer tut. An den Löhnen in der Gastronomie liegt das seiner Meinung nach nicht. "Die Ausbildungsvergütung für angehende Konditoren ist viel geringer als im Hotelfachgewerbe. Trotzdem habe ich keinerlei Nachwuchsprobleme in der Konditorei, dafür im Hotel", bekräftigte er. Das hänge vermutlich mit dem unterschiedlichen Image der Berufe zusammen.
Von einer kleinen Trendwende auf dem Lehrstellenmarkt konnte Müller-Drilling berichten. In diesem Jahr könne man alle sechs Ausbildungsplätze besetzen. "Auffallend ist, dass viele Kinder von Mitarbeitenden im September bei uns anfangen", sagte die Familienunternehmerin. Doch insgesamt sei der Arbeitsmarkt in Main-Spessart wie leergefegt.
Müller-Drilling: Rente mit 63 war kontraproduktiv
"In Unterfranken ging die Zahl der offenen Stellen seit 2012 von 6900 auf 14 000 nach oben", erläuterte Bezirksvorsitzender Fieber: "In unserem Regierungsbezirk besteht die größte Nachfrage nach Tätigkeiten in Produktion und Fertigung, knapp 5000 offene Stellen gibt es in diesem Bereich." Der Prognos-Studie zufolge fehlen in Unterfranken bis 2025 rund 75 000 Fachkräfte, deutschlandweit sind es 2,9 Millionen.
Die Einführung der Rente mit 63 war in diesem Zusammenhang absolut kontraproduktiv, wie auch aus den Erfahrungen von Müller-Drilling deutlich wird: "Viel mehr als gedacht nutzen dieses Instrument. Ich gönne das auch jedem." Doch recht schnell hätten die fitten Frührentner zu Hause festgestellt, dass ihnen etwas fehle. "Dann melden sie sich wieder bei uns – und wollen arbeiten. Allerdings darf man bis zum Erreichen der regulären Altersgrenze maximal 450 Euro hinzuverdienen, was bei höheren Löhnen nur sehr wenige Arbeitsstunden bedeutet."
Flüchtlingen und Schwächeren eine Chance geben
Auf der anderen Seite setzt der hiesige vbw-Geschäftsführer Michael Bischof darauf, dass es künftig besser gelingt, den Nachwuchs für die technischen Berufe zu begeistern. "Ich kann nicht nachvollziehen, warum so viele junge Mädchen den Friseurberuf erlernen wollen, wo doch in der Metall- und Elektroindustrie der Verdienst und die Aufstiegsmöglichkeiten um ein Vielfaches höher sind." Und die Tätigkeiten seien dort außerdem sehr spannend.
Unternehmer wie Dauenhauer und Müller-Drilling sind im Kampf um (angehende) Fachkräfte sehr kreativ – und geben etwa Flüchtlingen und schwächeren Schulabgängern eine Chance. Sogar von Fahrdiensten zur Arbeit ist die Rede. Insgesamt erhoffen sie sich genau wie der vbw von der Bundespolitik bei diesen Gruppen künftig noch mehr Flexibilität.