Am 1. September starten in Mainfranken wieder viele Hundert junge Menschen ins Berufsleben. Doch gut sieben Wochen vor dem Beginn des neuen Ausbildungsjahres ist klar: Aus Sicht der Wirtschaft werden zu viele Stellen nicht besetzt sein. Betriebsnachwuchs wird immer dringender gesucht.
Das trifft erst recht auf das regionale Handwerk mit seinen 19 000 Betrieben zu, wo heuer wahrscheinlich 1400 Azubi-Jobs frei bleiben werden. Um das Thema Ausbildung zu befeuern, weilte am Donnerstag Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) in einem renommierten Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer für Unterfranken, der Fahrzeugakademie in Schweinfurt.
Hintergrund war der "Sommer der Berufsausbildung", den die Bundesregierung ausgerufen hat. Karliczek griff in Schweinfurt die Lage auf dem Ausbildungsmarkt besonders mit Blick auf die Corona-Krise auf. In den vergangenen Wochen sei manchen jungen Menschen "ein bisschen die Orientierung verloren gegangen", was den Weg nach der Schule angeht. Es seien "noch zu viele auf der Couch".
Kein Wunder, dass die gelernte Bankkauf- und Hotelfachfrau deshalb generell für die Berufsausbildung warb. Sie betonte in Schweinfurt, dass eine Lehre jungen Menschen die Türen zum Erfolg "genauso weit" öffneten wie ein Hochschulstudium.
Was Ministerin Karliczek in Schweinfurt besonders empfahl
Die Pandemie habe allerdings dazu geführt, dass das Angebot an Ausbildungsplätzen nicht in ausreichendem Maße auf Nachfrage treffe. Dabei hob die aus Nordrhein-Westfalen stammende Ministerin das bundesweite Förderprogramm "Abi und Auto" hervor, das zum Beispiel Studienabbrechern im Kfz-Handwerk einen schnellen Weg zum Gesellen- und Meisterbrief ebnen soll.
Prompt hatte es Karliczek in Schweinfurt mit einer Klasse zu tun, in der einige Studienabbrecher saßen. Der angehende Kfz-Techniker Dennis Kind etwa machte an der eigenen Karriere klar, dass nicht an der Hochschule, sondern erst in der Berufsausbildung und dann in der Fahrzeugakademie seine wahren Fähigkeiten klar geworden seien.
Beispiel Michael Köhler aus Hollstadt: Ja zur Ausbildung
Ähnlich flammend war das Plädoyer von Kfz-Techniker und Betriebswirt Michael Köhler in Richtung Ministerin. Er hatte sich 2013 als Absolvent von der Fahrzeugakademie in Schweinfurt verabschiedet, um vier Jahre später in Hollstadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) das Autohaus seines Vaters zu übernehmen. All diese Schritte insbesondere im Kfz-Handwerk "habe ich absolut nicht bereut".
Von Köhler erfuhrt Karliczek freilich auch, dass es mit der so oft gepriesenen Digitalisierung im Berufsalltag noch hapert: "Ich bekomme da sehr, sehr viel Gegenwind" – sowohl in der Firma als auch unter Lieferanten.
Was die Fahrzeugakademie in Schweinfurt ist
Dennoch hat Köhler in seiner Autowerkstatt "so ziemlich alles digitalisiert", und da werde er auch nicht locker lassen. Die Ministerin hörte es sichtlich gerne, hält doch auch sie nach eigenen Worten die Digitalisierung im Handwerk für unabdingbar.
Der Besuch von Karliczek war mit Hilfe der Schweinfurter CSU-Bundestagsabgeordneten Anja Weisgerber eingefädelt worden. An der Fahrzeugakademie in Schweinfurt nehmen nach Angaben der Handwerkskammer pro Tag rund 150 Schüler aus dem deutschsprachigen Raum an Kursen teil, um sich in Richtung Meisterbrief oder Betriebswirtschaft fortzubilden.
Ziel der Akademie ist es, die Absolventen zu Führungskräften in ihren Betrieben oder zu Existenzgründern zu machen. Das scheint zurzeit aber schwierig zu sein: Als Ministerin Karliczek bei ihrem Besuch angehende Prüflinge danach fragte, wer sich denn danach selbstständig machen wolle, meldete sich einer von 13.