Die Corona-Pandemie hat die Kundschaft noch mehr als früher vom Gang in die Geschäfte abgebracht, Online-Einkäufe boomen: Das ist eine der Kernaussagen einer aktuellen Umfrage des Handelsverbandes Deutschland (HDE). Damit stellt sich die Frage, welche Zukunft zum Beispiel reine Modeläden überhaupt noch haben.
Keine schlechte, sagt der "Konsummonitor Corona 2021" des HDE weiter. Denn langfristig entwickelten die Kundinnen und Kunden eine "steigende Loyalität" gegenüber Geschäften in ihrer Region. Außerdem nehme das Bewusstsein für die Nachteile der Online-Einkäufe zu: kein Anfassen und Ausprobieren der Ware, viele Retouren und damit ein Minus bei der Öko-Bilanz, kein prickelndes Einkaufserlebnis.
Genauso sieht es Ralf Ludewig. Er betreibt in Bad Kissingen Modegeschäfte und ist unterfränkischer Bezirksvorsitzender im Handelsverband Bayern. Die Kundschaft wolle die Läden als eine Art Begegnungsstätte haben und suchten dort "natürlich die Beratung".
Es habe sich in jüngster Vergangenheit gezeigt, dass Online-Shops im großen Stil für kleine Händler "nicht darstellbar sind", so Ludewig gegenüber dieser Redaktion. Vielmehr hätten sich gerade während der Lockdowns digitale Schaufenster wie "Bad Kissingen erleben" bewährt, wo sich Geschäftsleute in der Region gemeinsam präsentieren. Das könne auch in Zukunft "für viele eine gute Zwischenlösung sein" zwischen dem Online-Geschäft und dem stationären Handel, wie im Fachjargon das reine Ladengeschäft bezeichnet wird.
Im Internet anschauen, im Laden kaufen: "Wir machen fast täglich die Erfahrung", dass Kunden so vorgehen, erklärt Ludewig. Digitale Bewertungen der Ware und des Geschäfts zum Beispiel bei Google spielten eine wichtige Rolle. "Ich antworte in der Regel innerhalb von zwei Stunden auf diese Bewertungen."
Auffallend konsequent aufs Stationäre setzt indes Sven Walter. Er ist Geschäftsführer des Modehauses Gebrüder Götz im Würzburger Stadtteil Zellerau. Das fünfstöckige Kaufhaus mit seinen 115 Beschäftigten wurde zum Jahreswechsel aus der kriselnden Firmengruppe Götz an die schwäbische Walter-Kette verkauft.
Von Anfang an lehnte Sven Walter nach eigenen Worten die oft gehörte Devise ab, "dass das Stationäre keine Zukunft mehr hat". Im Gegenteil: Walter setzt in Würzburg erst recht aufs Ladengeschäft. Walter spricht wie Ludewig deshalb von "einer Begegnungsstätte" von Kunden mit persönlicher Beratung, bequemer Anfahrt, Parkplätzen vor dem Eingang und deshalb vielen Vorteilen gegenüber Online.
In dieser Woche hat der Geschäftsführer seine Überzeugung bekräftigt. Im Modehaus gibt es nun ein Geschäft im Geschäft: ein "Store-in-Store" des bundesweit agierenden Sportbekleidungshändlers Schöffel-Lowa.
Wie genau die Zusammenarbeit läuft zwischen Götz und Schöffel-Lowa
Dass gerade in Modeläden große Marken eigene Regale haben, ist nichts Neues. Das läuft dann aber oft auf Kommission und ohne gezielte Beratung. Das Besondere an den 170 Quadratmetern Verkaufsfläche von Schöffel-Lowa bei Götz hingegen ist die Art der Zusammenarbeit.
Denn Walter hat einen Franchise-Vertrag über fünf Jahre mit dem Gemeinschaftsunternehmen aus Schwabmünchen bei Augsburg abgeschlossen. Schöffel-Lowa gewährleistet sozusagen den Rahmen, Walter wiederum kauft von dort zu ermäßigten Konditionen die Qutdoor-Ware und handelt damit weitgehend selbstständig. Vom Erlös bekommt Schöffel-Lowa zwei Prozent Franchisegebühr. Acht eigens für den Store-in-Store geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellt der Götz-Chef.
Was sich Schöffel-Lowa von der Kooperation mit Götz verspricht
Im Internet kann man in dem Store-in-Store nicht einkaufen. Überhaupt hat das Modehaus Götz zwar eine klassische Website, aber keinen Online-Shop. Auftritte in sozialen Kanälen wie Facebook gibt es zwar, haben aber ebenfalls nur Schaufenster-Funktion. Geschäftsführer Walter ist skeptisch, ob allein das digitale Geschäft für Händler mittelfristig profitabel ist. Ganz verweigern wolle er sich freilich nicht: "Man braucht vielmehr einen Marketing-Mix."
Für Schöffel-Lowa, das 2003 als Joint Venture des Sportbekleidungshändlers Schöffel sowie des vor allem auf Wander- und Bergschuhe spezialisierten Unternehmens Lowa gegründet wurde, ist der Laden bei Götz in Würzburg Neuland. Etwas Ähnliches habe Schöffel-Lowa bislang nur in Tübingen am Laufen, erklärt Geschäftsführer Ralf Seufert.
Götz: Jeden Tag gibt es einen Datenaustausch
Seufert sieht den Store-in-Store bei Götz als eine "außerordentlich intensive Zusammenarbeit". Um zu sehen, wie die Geschäfte dort laufen und wie die Resonanz der Kunden ausfällt, "gibt es jeden Tag einen Datenaustausch" mit Schöffel-Lowa, ergänzt Götz-Chef Walter.
Für die Franchisegeber aus Schwabmünchen hat der verlängerte Arm in Würzburg im Wesentlichen zwei Vorteile: Sie müssen nicht mit eigener Kraft einen Laden betreiben, und sie bekommen via Götz detaillierte Rückmeldungen von Kunden. Das sei wiederum wichtig für die Entwicklung der eigenen Produkte, betonen die Geschäftsführer Felix Geiger (Schöffel) und Alex Nicolai (Lowa).