LESERANWALT
Viel Bild, wenig Aussage
Für Zeitungsleser gibt es Kritikpunkte, die für digitale Nutzer so nicht auftreten. Etwa bei der Größe veröffentlichter Fotos. Die hat Herrn K.M. aus dem Steigerwald speziell bei einem Bild geärgert. Er fragt: „Was soll das halbseitige Foto, ohne jede Aussagekraft, ohne jeden Inhalt? Der Leser hat das zu bezahlen!“
So blicke ich auf jenes Bild zurück, das am 2. November groß in der Zeitung war: Zwei Aktenordner sind darauf zu sehen und Hände, die damit das Gesicht einer Person dahinter verborgenen Person verdecken. Darunter steht: „Verteidiger halten einem der Angeklagten im S & K-Prozess im Landgericht in Frankfurt Aktenordner vor dem Kopf." Gekennzeichnet ist es als dpa-Archivbild.
Ja, die Aussage des Fotos ist gemessen am spannenden Beitrag arg bescheiden: Wie sich Angeklagte vor Gericht vor Fotografen schützen, das ist ein Randaspekt. Zwei Aktenordner sollten keine halbe Seite füllen. Fazit: Viel Bild, wenig Aussage. Ein Layout-Verantwortlicher der Redaktion entschuldigt sich nach meiner Anfrage: Kein anderes Foto sei verfügbar gewesen, um die monothematische Seite
"Das Thema" und den langen Text zu illustrieren. Und den hätte man ohne starke Gestaltung nicht anbieten können. Das hätte Leser abgeschreckt.
Anton Sahlender, Leseranwalt
Nur zwei Aktenordner
So blicke ich auf jenes Bild zurück, das am 2. November groß in der Zeitung war: Zwei Aktenordner sind darauf zu sehen und Hände, die damit das Gesicht einer Person dahinter verborgenen Person verdecken. Darunter steht: „Verteidiger halten einem der Angeklagten im S & K-Prozess im Landgericht in Frankfurt Aktenordner vor dem Kopf." Gekennzeichnet ist es als dpa-Archivbild.Ein langer Artikel
Das halbseitige Foto illustriert einen Artikel, der die zweite Hälfte der Seite füllt. Der handelt von den Problemen der Gerichte mit Wirtschaftsstrafverfahren. Aufgezeigt ist das am spektakulären S & K-Verfahren, in dem zwei Angeklagte aus Unterfranken kommen. Es geht darin auch um den oft mit Seifenopern vergleichbaren Lebenswandel der Angeklagten. Die Überschrift: "Kleinkariertes auf-der-Stelle-treten" Digital unter dem Titel S und K-Verfahren tritt auf der Stelle..
Ein Randaspekt
Ja, die Aussage des Fotos ist gemessen am spannenden Beitrag arg bescheiden: Wie sich Angeklagte vor Gericht vor Fotografen schützen, das ist ein Randaspekt. Zwei Aktenordner sollten keine halbe Seite füllen. Fazit: Viel Bild, wenig Aussage. Ein Layout-Verantwortlicher der Redaktion entschuldigt sich nach meiner Anfrage: Kein anderes Foto sei verfügbar gewesen, um die monothematische Seite
"Das Thema" und den langen Text zu illustrieren. Und den hätte man ohne starke Gestaltung nicht anbieten können. Das hätte Leser abgeschreckt.Paparazzi-Bilder
Aber Bilder aus dem Luxus-Leben derer, die vor Gericht stehen, die gibt es wohl. Die Rechte dafür liegen freilich bei Profis, die sie sich teuer bezahlen lassen, zu teuer. Und diese Redaktion bedient keine Paparazzi, die unterwegs sind, um derartige Aufnahmen aus der Privatsphäre mehr oder weniger bekannter Personen zu liefern. Damit hat man keine guten Erfahrungen gemacht. Für solche Bilder muss man mit mehr berechtigter Leserkritik rechnen.Magazinartige Aufmachungen
Das Bemühen, gute Inhalte auch optisch so attraktiv zu präsentieren, dass sie den zunehmend visuellen Bedürfnissen von Lesern gerecht werden, ist in allen Zeitungen sichtbar. Illustrationen sind gegenüber früher verstärkt worden. Beiträge werden magazinartig aufgemacht. Untersuchungen bestätigen, dass das besser angenommen wird. Aber die Größe, das muss man hinzufügen, macht schlechte Fotos nicht besser.Vergleiche mit "Bild"
Zur Kritik langjähriger Abonnenten führen die starken Aufmachungen zuweilen eben auch. Veränderungen in Zeitungen sind besonders gewöhnungsbedürftig. Doch Vergleiche mit „Bild“, die gerne gezogen werden, hinken: Da gibt es deutliche Unterschiede, vor allem beim Inhalt. Schlechte Illustrationen, wie die beschriebene, rechtfertigt das nicht. Bei den Gebühren für Leser werden die aber nicht spürbar. Schlechtes kostet nicht mehr als das Gute.Ein "treuer Main-Postler"
So empfehle ich, sich an kreativen Gestaltungen zu erfreuen. Dafür wird die Redaktion wieder fünf europäische Auszeichnungen erhalten. Siehe Abbildung. Es gibt also gute Gründe dafür, warum sich Herr K.M. trotz seiner berechtigten Kritik als „treuer Main-Postler“ bezeichnet.Anton Sahlender, Leseranwalt
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