
Der gesetzliche Informationsanspruch der Presse gegenüber Behörden führt zuweilen zu Konflikten. Die treten auf, wenn Behördenleiter Auskünfte verweigern, aber die Gründe, die sie dafür nennen, hinter dem nicht nur im Bayerischen Landespressegesetz (Art. 4) geregelten Auskunftsanspruch der Medien, der auf Grundgesetz-Artikel 5 basiert, zurücktreten müssen. Ich verweise auf einen solchen Fall.
Der Anspruch auf Auskünfte aus Ämtern und Behörden, das erkläre ich vorweg, soll Medien in die Lage versetzen, umfassend über tatsächliche Vorgänge und Verhältnisse, Missstände, Meinungen und Gefahren zu berichten. Das gehört zu ihren Aufgaben. Sie sollen der Leserschaft einen Wissensstand bieten können, der ihr eine abgewogene Beurteilung der für die eigene Meinungsbildung essentiellen Fragen ermöglicht.
Verwaltungsgericht entscheidet für Frankenpost
In Streitfällen werden Verwaltungsgerichte angerufen. Dazu sah sich die Frankenpost in Hof veranlasst. Grund: Die Behörde im Landkreis Tirschenreuth war nicht bereit, auch nicht nach zwei konkreten Anfragen, der Regionalzeitung die aktuellen Zahlen aller positiv auf Corona getesteten Personen in einzelnen Städten und Gemeinden herauszugeben. Die Behörde berief sich auf Datenschutz und Persönlichkeitsrechte.
Nun wurde sie aber vom Verwaltungsgericht Regensburg per einstweiliger Anordnung verpflichtet, die angefragten Zahlen an das Medium herauszugeben. Die schnelle Entscheidung lässt die Eilbedürftigkeit der Auskunft über die regionalen Zahlen erkennen. Gab es doch zum Zeitpunkt der Anfrage keine deutsche Region, in der es mehr Corona-Fälle pro 100.000 Einwohner gab als im Landkreis Tirschenreuth.
Auskunftsanspruch ist kein Selbstzweck
Was Frankenpost-Chefredakteur Marcel Auermann zur Entscheidung geschrieben hat, unterstreiche ich: „Sie ist ein Sieg für das Informationsrecht der Bürger und für die Pressefreiheit“. Der Auskunftsanspruch von Medien ist eben kein Selbstzweck, er liegt im öffentlichen Interesse. Er sorgt auch für demokratische Teilhabe der Bürger.
Behörden dürfen auch ihre Auskünfte an anfragende Journalist*innen nicht schon selbst danach ausfiltern, ob diese von überwiegenden öffentlichem Interesse sind. Diese Prüfung und Bewertung obliegt dann allein der Presse, das heißt deren zuständigen Redakteur*innen. So sagt es eine ganze Reihe von Gerichtsentscheidungen. Denkbar ist es, dass Redaktionen dabei an Informationen gelangen, die sie in eigener Verantwortung nicht verbreiten. Sie bleiben für sie Hintergrundwissen und Arbeitsgrundlage.
Persönlichkeitsrechte nicht gefährdet
Die Regensburger Entscheidung lässt zudem erkennen, dass dort Datenschutz und Persönlichkeitsrechte dem Auskunftsanspruch nicht entgegengestanden haben. Persönlichkeitsrechte von der Krankheit Betroffener werden dadurch nicht gefährdet. Die statistischen Zahlen, so das Gericht, lassen auch bei Gemeinden mit geringer Einwohnerzahl keinen Rückschluss auf deren Identität zu.
Hier zur Veröffentlichung der Frankenpost Hof
Aus Main-Post: Beispiel aus dem Landkreis Main-Spessart, mit Zahlen, die auch über die Auskunftspflicht eingeholt wurden.
Frühere Leseranwalt-Kolumnen zur Auskunftspflicht der Behörden:
2010: "Wenn Behörden die Pflicht zur Auskunft an Medien-Vertreter als störend empfinden"
2012: "Die Pflicht zur Information"
2019: "Öffentliches Interesse wiegt schwer"
Anton Sahlender, Leseranwalt. Siehe auch Vereinigung der Medien-Ombudsleute.