LESERANWALT
Ergreifend und gut, aber mit einem Mangel
Leser sollten bei wesentlichen Themen weder mit unbeantworteten Fragen zurückgelassen werden, noch über unerklärte journalistische Vorgehensweisen stolpern müssen.
Ein Beispiel:
H.S. kritisiert aber die Redaktion, weil es seine Familie und ihn sehr geärgert habe, dass nicht zu lesen war, in welchem Krankenhaus das passiert sei.
Dennoch meine ich, dass die Erklärung der eigentlichen Intention, nämlich Aufklärung und die Aufzählung von Hilfsangeboten, schon den Beitrag am 5. September hätte ergänzen sollen. Das hätte den Verzicht auf den Namen der Klinik durchschaubar gemacht. So droht an dem Beitrag, den der Leser als "ergreifend, super und gut" bezeichnet hat, ein Mangel hängen zu bleiben. Denn ich bin überzeugt, nicht nur Herr H.S. hat vergeblich auf die Nennung des Krankenhauses gewartet. Daraus könnten unzutreffende Mutmaßungen erwachsen, die sich leicht vermeiden lassen.
"Warum dem Journalismus immer öfter eine Packungsbeilage mitgegeben werden muss", lautete ebenfalls am 5.9. in der Zeitung meine Überschrift, unter der ich grundsätzlich auf die Notwendigkeit und Bedeutung von Erklärungen für journalistisches Handeln eingegangen bin.
Ein Beispiel:
so war am 5. September als "Das Thema" in der Zeitung und auf mainpost.de überschrieben. Herr H.S. aus dem Lkrs. Kitzingen hat den umfangreichen Beitrag als "sehr ergreifend und eigentlich super und gut" gelobt. Es ging darin um eine Frau, die wegen eines Behandlungsfehlers während einer Operation fast gestorben wäre. So wird es jedenfalls von der Betroffenen selbst geschildert. Sie hat schwere gesundheitliche Schäden zurückbehalten. Nun kämpfe sie um eine finanzielle Entschädigung.
H.S. kritisiert aber die Redaktion, weil es seine Familie und ihn sehr geärgert habe, dass nicht zu lesen war, in welchem Krankenhaus das passiert sei.
Es ging nicht um eine Anklage
Das stimmt. Das Krankenhaus war nicht genannt. Nicht etwa, weil das verboten wäre oder weil sich die Redaktion das nicht getraut hätte, wie der Kritiker mutmaßt. Die Autorin des Beitrages begründet ihren Verzicht: Es sei ihr um ein Porträt der Frau gegangen, das exemplarisch zeige, dass Behandlungsfehler jeden in jedem Krankenhaus treffen können und welche Hilfen es für Betroffene gibt. Das ist geschehen. Darin liegt der Wert des Beitrages. Es ging also um Hilfe für "Opfer", nicht um eine Anklage gegen einzelne Krankenhäuser oder Ärzte.Kein Vorgriff auf den Rechtstreit
Wäre aber das Krankenhaus genannt worden, hätten dazu unbedingt auch dessen Vertreter bzw. Rechtsexperten gehört werden müssen, erklärt die Autorin zurecht. Es wäre dann aber eine andere Geschichte entstanden. Die hätte vor allem dem Für und Wider im Rechtstreit vorgegriffen. Aber erst jetzt, so informiert die Autorin weiter, beginne der juristische Streit zwischen dem Krankenhaus und der betroffenen Frau. Und die habe sich selbst gewünscht, dass das Krankenhaus in diesem Stadium nicht genannt wird.Die Erklärung hat gefehlt
Ich denke, die Gründe für den Verzicht auf den Namen lassen sich nachvollziehen. Man sollte schließlich kein ganzes Krankenhaus wegen eines Falles, der noch vor Gericht geklärt werden muss, in Misskredit bringen. Bislang liegt der Redaktion doch nur die Schilderung der betroffenen Frau vor.Dennoch meine ich, dass die Erklärung der eigentlichen Intention, nämlich Aufklärung und die Aufzählung von Hilfsangeboten, schon den Beitrag am 5. September hätte ergänzen sollen. Das hätte den Verzicht auf den Namen der Klinik durchschaubar gemacht. So droht an dem Beitrag, den der Leser als "ergreifend, super und gut" bezeichnet hat, ein Mangel hängen zu bleiben. Denn ich bin überzeugt, nicht nur Herr H.S. hat vergeblich auf die Nennung des Krankenhauses gewartet. Daraus könnten unzutreffende Mutmaßungen erwachsen, die sich leicht vermeiden lassen.
"Warum dem Journalismus immer öfter eine Packungsbeilage mitgegeben werden muss", lautete ebenfalls am 5.9. in der Zeitung meine Überschrift, unter der ich grundsätzlich auf die Notwendigkeit und Bedeutung von Erklärungen für journalistisches Handeln eingegangen bin.
Zum Vormerken für Zeitungsleser: Meine Leseranwalt-Kolumnen erscheinen in gedruckter Form und im ePaper fortan nicht mehr montags, sondern in der Samstagsausgabe auf der Leserseite, das erstmals am 8. Oktober 2016.
Anton Sahlender, LeseranwaltThemen & Autoren / Autorinnen
Der Leseranwalt bleibt jedenfalls aktiv, gewiss nicht abgeschoben, wenn auch nach hinten verlegt.
Anton Sahlender, Leseranwalt
Vielleicht sind Ihre Beiträge auch nicht mehr ganz so gut angesehen, seit Sie nach meinem Dafürhalten kritischer mit der Redaktion bzw.den Redakteuren umgehen und sie auch öfter mal kritisieren, als früher.
So oder so: Alles Gute
Anton Sahlender, Leseranwalt
mfG
i.A. in Abwesenheit der nickname-Betreuer