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WÜRZBURG
Wenn Bio doch nur besser wär'
Äpfel mit Bio-Siegel       -  Je schneller der Markt für Öko-Produkte wächst, desto schwieriger wird es für das gute Gewissen. Das Problem beginnt schon, wenn man Apfel und Apfel vergleicht . . .
Foto: David-Wolfgang Ebener (dpa) | Je schneller der Markt für Öko-Produkte wächst, desto schwieriger wird es für das gute Gewissen. Das Problem beginnt schon, wenn man Apfel und Apfel vergleicht . . .
Alice Natter
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:36 Uhr

Vergangene Woche, zwei Schlagzeilen: „Bio ist weiter auf dem Vormarsch“. Gleich tags darauf: „Wegen Tierquälerei geschlossen“. In Nürnberg feierte sich die Biobranche mit so vielen Ausstellern wie nie und beflügelt von Zahlen. Erstmals zehn Milliarden Euro Umsatz mit Bioprodukten in Deutschland, fast neun Prozent Plus bei Bio-Lebensmitteln: Auf der Biofach glänzte nicht nur der Bio-Soja in Zartbitterschokolade im Messehallenlicht. 150 Kilometer entfernt stand zur gleichen Zeit die Polizei vor der Schlachthoftür. Die bekannteste aller Burgerbratketten und Tierschützer hatten Strafanzeige wegen „verheerenden Tierschutzzuständen“ gestellt.

Und wieder schien alles klar: Hier gut, da böse. Hier weiß, da schwarz. Wenn's nur so einfach wär'! Die Weltleitmesse für Bioprodukte und Tierquälerei im Tauberbischofsheimer Schlachthof haben nichts miteinander zu tun. Und Äpfel und Birnen soll man nicht vergleichen. Aber der Reflexgedanke – hier die heile Biowelt, da üble Fastfood-Zustände – ist halt auch falsch.

Zwar fleisch- und ei-, aber nicht nachteilsfrei

Es fängt ja schon an, wenn man dann doch Äpfel und Birnen vergleicht. Ist der Apfel mit dem Bioaufkleber, der 12 000 Kilometer Luftlinie aus Argentinien herbeigeflogen wurde, nun sinnvoller als die Nicht-Bio-Birne vom nächsten Obstbauern? Bio, das sind nicht immer Produkte fürs bedenkenlos gute Gewissen. Und der neue Trend – bio und vegan – ist zwar fleisch- und ei-, aber nicht nachtteilsfrei. Leider, seufzt der Kunde, der morgens brav in seinem Reismilchmüsli rührt und überlegt, auf welchen Wegen und unter welchen Arbeitsbedingungen wohl die Chiasamen aus dem Urwald kamen.

Der Rekordjahresumsatz und die enormen Zuwachsraten von 2017 zeigen, dass Bio längst ein Milliardengeschäft ist. Aber nicht mehr die kleinen Bio- und Naturkostläden machen mit nachhaltigen, gesunden Produkten fürs gute Gefühl das Geschäft, sondern der Supermarkt um die Ecke und der große Discounter. Bio steht nicht mehr in der Schamecke, Bio füllt in bester Zugriffshöhe meterlang die Regale. Und ist nicht mehr nur was für Körnerfreaks und Spinner. Sondern für jeden, für den Durchschnittsverbraucher.

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Massenmarkt heißt neuer Druck

Genau da fängt das Problem an. Der Biomarkt ist ein Massenmarkt, das Angebot kommt der Nachfrage nicht nach. Wer bio kauft, verlässt sich angesichts all der Siegel und Zeichen darauf, dass er mit seinem Einkauf auch was für die Umwelt und fürs Tierwohl tut: weniger Pestizide in der Landwirtschaft, weniger Kunstdünger, weniger Artensterben am Feld. Mehr Platz für Schwein und Rind im Stall und keine kupierten Ringelschwänzchen.

Bio boomt – doch die Standards leider nicht

Bio boomt – doch die Standards boomen leider nicht. Die Handelsriesen, die sich heute ihrer Bio-Palette preisen, setzen die Erzeuger unter Druck. Beispiel: Von der Nachfrage nach Öko-Eiern profitieren Legehennenfabriken, die sicher tierfreundlicher sind als die herkömmlichen Megaställe der Eierindustrie. Aber auch in Bio-Großbetrieben werden Zehntausende Hühner drinnen gehalten. Ein Großteil der Bioapfelplantagen sind keine widerstandsfähigen Mischkulturen. Sondern Mono-Anbauflächen, anfällig für Krankheiten und Schädlinge. Und wer weiß schon, wie genau die Kontrolleure hinschauen auf den Avocado-Plantagen und Erdbeerfeldern am anderen Ende der Welt?

So viel Müll wie herkömmlich

Und dann ist da noch das gewaltige Verpackungsproblem. Beim Discounter sind die Biobirnen so folienverhüllt wie die konventionellen daneben. Und ein Bio-Thaicurry mag zwar aus hochwertigen ökologischen Zutaten gekocht worden sein, liegt dann im Supermarkt aber auch fest eingeschweißt in Plastik.

Bio – das bedeutet inzwischen auch gewaltig Müll. Was hilft dem Verbraucher am Kühlregal? Kritisch sein, nicht gleich zugreifen und nicht alle Werbeversprechungen glauben. Und manchmal tatsächlich der gesunde Menschenverstand.

 
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  • U. S.
    Bio ist Mode geworden und somit ein Geschäftsmodell. Was man unschwer am Angebot und dessen Preis erkennen kann. Kürzlich habe ich eine Tabelle gesehen auf der verzeichnet ist was sich alles Bio nennen darf. Da kommen echte Zweifel auf, ob da wo Bio drauf steht auch wirklich so viel Bio drin ist, dass es den wesentlich höheren Preis gegenüber Nicht-Bio rechtfertigt!
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  • F. B.
    Super Recherche, jetzt bin ich bestimmt viel klüger als vorher.
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