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Würzburg
Priester Schwab antwortet auf Samstagsbrief: "Ja, ich bin schwul und bin trotzdem ok!"
Gut verstanden und ermutigt sieht sich Diözesanjugendseelsorger Stephan Schwab durch unseren Autor. Warum ihn viele andere Reaktionen auf sein Outing ebenfalls bestärken.
Stephan Schwab ist Diözesanjugendseelsorger im Bistum Würzburg.
Foto: Fabian Gebert | Stephan Schwab ist Diözesanjugendseelsorger im Bistum Würzburg.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 11.02.2024 18:20 Uhr

Unter dem Titel "Stephan Schwab, Ihr Outing als schwuler Priester macht vielen Katholiken Mut" hat die Redaktion am 29. Januar einen Samstagsbrief an Diözesanjugendseelsorger Stephan Schwab veröffentlicht. Autor Michael Czygan äußert darin seinen Respekt vor dem Lebensweg des Priesters, der immer wieder mit seiner sexuellen Orientierung (und dem Umgang der Kirche damit) gehadert hat. Jetzt hat der 50-Jährige auf den Brief geantwortet.

Lieber Herr Czygan,

Ihr Brief, den Sie mir gewidmet haben, hat mich sehr berührt. Ich fühlte mich in Ihren Zeilen sehr gut verstanden. In sehr einfühlsamer Weise haben Sie nachgezeichnet, wie lang und steinig der Weg in der Kirche für mich war, endlich zu mir selbst zu finden und zu mir zu stehen. Die kirchliche Sozialisation, die ich mit katholischem Elternhaus, katholischem Kindergarten und auch Internat voll abbekommen habe, ist nicht so einfach abzustreifen.

Sie schreiben zu Recht, es hat viele Jahre gedauert, bis ich an diesen Punkt gekommen bin, erst mir selbst einzugestehen: Ja, ich bin schwul und bin trotzdem ok! - und dies in einem späteren Schritt auch mit anderen zu teilen. Zunächst wollte ich ja dieses Wissen über mich mit ins Grab nehmen. Es sollte niemand davon erfahren. Aber die innere Not wurde größer, weil ich in meinem Umfeld Menschen kennengelernt hatte, die einfach frei sein konnten und sich ohne Angst so zeigen durften, wie sie sind. Also begann ich meinen Vorsatz über Bord zu werfen und auszuprobieren, was passiert, wenn ich auch mit anderen über meine Wahrheit spreche.

Auch in der Kirche arbeiten queere Menschen

Ich durfte damals glücklich und erleichtert erfahren, dass sich niemand von mir abgewandt hatte. Immer wieder bekam ich sogar zu hören: „Das überrascht mich jetzt nicht, ich hatte mir das schon immer gedacht.“

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Nun haben sich mit mir 125 kirchliche Mitarbeiter*innen mit #OutInChurch – für eine Kirche ohne Angst“ in aller Öffentlichkeit als queer geoutet und inzwischen sind viele weitere hinzugekommen. Genau das war ein Ziel, was wir mit dieser Aktion erreichen wollten: Wir wollten auch anderen in der Kirche Mut machen, aus ihrer Vereinzelung und aus ihrem Sich-Verdeckthalten herauszukommen und sich als die Menschen zu zeigen, die sie sind. Auch die Kirche ist ein Ort, in dem es queere Menschen gibt, die für sie arbeiten und ihr ein Gesicht geben.

Für eine Kirche ohne Angst

Viel positive Resonanz erreicht mich seit dem öffentlichen Outing. Ich freue mich sehr über die vielen positiven Stimmen. Sie zeigen mir: Nicht wir sind falsch, sondern das System ist falsch und dieses System muss sich ändern. Es darf keine Kirche geben, in der noch immer Angst herrscht und in der Angst als Mittel der Macht Anwendung findet. Das widerspricht dem Geist des Evangeliums, das uns als Kirche aber Richtschnur und Maßstab sein will.

Es war eine Stunde der Gnade, dass mit dem öffentlichen Auftritt von #OutInChurch auch die ARD-Dokumentation „Wie Gott uns schuf“ ausgestrahlt wurde. So standen am Ende nicht nur politische Forderungen unserer Aktion im Mittelpunkt, welche im Manifest festgehalten sind, sondern auch konkrete Geschichten von Menschen, die an dieser Kirche leiden und denen Ungerechtigkeit durch die Kirche widerfahren ist. Ich weiß nicht, ob die Resonanz auf #OutInChurch so groß ausgefallen wäre, hätte es nicht auch diese persönliche Berührung vom Schicksal einzelner gegeben.

Dankbar bin ich für das riesige Interesse an und die vielfältige Berichterstattung über unsere Aktion #OutInChurch. Schon über 90000 Unterstützer*innen haben unsere Petition bei change.org unterschrieben und wir freuen uns über viele weitere. Es ist die bislang größte gezeichnete Petition bei change.org. Das zeigt: Viele Menschen sind an unserer Seite und wünschen sich Veränderungen in der Kirche. Sie wünschen sich, dass auch die Kirche zur offiziellen Anerkennung der Menschenrechte findet, so dass darin nicht nur jeder Mensch an sich als wertvoll anerkannt wird, sondern auch die Vielfalt der verschiedenen Lebensformen Wertschätzung und Achtung findet.

Freude über Gespräch mit Bischof Bätzing

Es ist schön, zu erleben, wie sich nun Generalvikare und Bischöfe klar und deutlich dazu äußern, dass das kirchliche Arbeitsrecht in ihrem Wirkungskreis für queere Menschen in der Kirche keine Anwendung finden soll. Es freut mich auch zutiefst in einem kurzen persönlichen Gespräch mit Bischof Bätzing beim Synodalen Weg in Frankfurt von ihm zu hören, dass er für die positive Rückenstärkung, die in seinen Augen von #OutInChurch ausging, sehr dankbar ist. Mit vielen hoffe ich darum sehr, dass es nicht nur bei Willensbekundungen bleiben wird, sondern tatsächlich Reformen folgen werden, die Kirche zu einem angstfreien Ort machen, weil eine angstfreie Kirche einfach nur eine bessere Kirche sein kann.

In der Tat kann die Veränderung des kirchlichen Arbeitsrechts nur ein erster Schritt sein. Vielmehr gilt es die Lehre der Kirche zu ändern, die noch immer Homosexualität als Abirrung und gegen die göttliche Ordnung gerichtet betrachtet. Die neuen Erkenntnisse der Bibel- und Humanwissenschaften müssen in die Sexualmoral der Kirche Eingang finden. Nur so kann sichergestellt werden, dass in diesen Fragen die Kirche wieder den Weg zu den Menschen findet und überall angstfrei wird.

Schwab: "Ungerechtigkeit in der Kirche muss aufhören"

Darüber hinaus muss die Kirche zu einem Ort werden, in der die Menschenrechte nicht nur begrüßt und in ihrem Reden gutgeheißen werden, sondern volle Anerkennung finden und auf diese Weise Ungerechtigkeit in der Kirche aufhört. Es gibt ja nicht nur die Diskriminierung queerer Menschen in der Kirche, auch Frauen sind nach wie vor benachteiligt, weil ihnen der Zugang zum kirchlichen Amt versperrt bleibt.

Priestern wird die Lebensform vorgeschrieben, Macht kann in der Kirche nach wie vor unkontrolliert ausgeübt werden und noch immer verfügen Gemeinden und Laien über zu wenig Mitbestimmungsrechte. All das muss sich ändern, will Kirche in der jetzigen Form überleben. Gelingt ihr dies nicht, sehe ich keine gute Zukunft auf die Kirche zukommen.

Ich danke für Ihre Ermutigung und Unterstützung und sehe darin einen Auftrag, dran zu bleiben!

Mit herzlichen Grüßen

Ihr Stephan Schwab

 
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