Eines vorneweg: Das Fußballjahr 2014/2015 war für den gemeinen Freund des runden Leders in Würzburg und Umgebung das schönste seit den seligen Zweitliga-Zeiten vor fast 40 Jahren – wegen der Würzburger Kickers. Und dafür darf man auch mal Danke sagen.
Der Dank geht an die Spieler, die es geschafft haben, Erfolg mit Schönheit zu verbinden, und die die erfreulich zahlreichen Zuschau-er (Regionalliga-Schnitt 2482) mit ihrem kampfstarken, technisch feinen und fairen (keine einzige Rote Karte) Spiel zu begeistern wussten.
Der Dank geht an Trainer Bernd Hollerbach, der es geschafft hat, eine Mannschaft zusammenzustellen, die sich als verschworene Einheit präsentierte, der jeden einzelnen Spieler besser machte und der sich als kluger Taktiker und geschickter Motivator erwies.
Der Dank geht an die Vereinsverantwortlichen mit Vorstandsvorsitzendem Michael Schlagbauer an der Spitze, die mit ihrem Team und ihrem innovativen und mutigen 3x3-Plan (in drei Jahren in den Profifußball) überhaupt erst die Voraussetzungen für eine Saison wie diese schufen.
Und der Dank geht an die vielen kleinen und großen Unterstützer – mit flyeralarm-Boss Thorsten Fischer an vorderster Stelle –, die den finanziellen Spielraum boten, um professionellen Fußball in Würzburg zu etablieren.
Nun hat all das Engagement mit dem Aufstieg in die Dritte Liga seinen Kulminationspunkt gefunden, ist das auf drei Jahre angelegte Projekt „Profifußball in Würzburg“ bereits nach einem Jahr aufgegangen. Die Freude darüber und die Anerkennung in der Region sind ebenso groß wie verdient, gilt der Sprung von der Regionalliga in die Dritte Liga doch als wesentlich schwieriger als der Verbleib in der dritthöchsten Spielklasse. Selbst ein solch potenter Klub wie der von Brause-Milliardär Dietrich Mateschitz gesponserte jetzige Zweitligist RB Leipzig versuchte sich zwei Jahre vergeblich daran, schaffte es erst im dritten Anlauf.
Doch wenn in Würzburg der Jubel über den Coup der Kickers verklungen ist, dann heißt es schnell wieder: Ärmel hochkrempeln und ran an die Arbeit. Auf Hollerbach, Schlagbauer, Fischer und Co. warten enorme Anstrengungen. Das rein Sportliche scheint da noch die einfachste Aufgabe zu sein, auch wenn die Gegner fortan nicht mehr Schalding-Heining, Heimstetten und Garching, sondern Dresden, Rostock und Münster heißen und die Verstärkung des Teams eine Stange Geld kosten wird.
Auch abseits des Rasens muss eine Menge geschultert werden. Alleine die Auflagen des Deutschen Fußball-Bundes für die Dritte Liga verlangen von den Kickers Investitionen in Höhe von einer Million Euro für Baumaßnahmen im Stadion, obwohl in der letzten Saison bereits die gleiche Summe für Verbesserungsmaßnahmen und Flutlicht aufgewendet wurde. Und ab 2016 muss auch noch eine Rasenheizung (Mindestkosten 400 000 Euro) installiert werden.
Es wird in Zukunft also erst recht einer freigiebigen Hand von Hauptsponsor Thorsten Fischer bedürfen, auch viele andere müssen tiefer in die Tasche greifen. Die Stadt Würzburg wird ebenfalls helfen müssen – finanziell und seitens der Verwaltung. Generell braucht es eine Menge Motivation und Mut, um Profifußball dauerhaft in Würzburg zu etablieren: bei den Vereinsverantwortlichen, bei den Gönnern, bei Polizei und Verwaltung, bei den Zuschauern. Dass sich das lohnen kann, hat dieses Fußballjahr gezeigt.
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Posted by Blickpunkt Sport / Heute im Stadion on Sonntag, 31. Mai 2015
Es ist unfair, nach einem insgesamt friedlich verlaufenen Spiel und einem immer besser funktionierenden Sicherheitskonzept, dem Verein, der Region und den Verantwortlichen die Fähigkeit abzusprechen, mit der neuen Situation zurechtzukommen. Es gibt nämlich sehr viele Leute, die von dieser Entwicklung begeistert sind oder die sich nach höherklassigem Fußball sehnen.
Würzburg als Stadt mit 124.000 Einwohnern verträgt einen Drittligisten, wird Schritt für Schritt mit wachsen und damit zurechtkommen. Schließlich spielen Orte wie Hoffenheim in der 1. Bundesliga. Sollten wir nicht optimistisch in die Zukunft blicken und sagen: Ja, gemeinsam packen wir das?