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AUGSBURG
Leitartikel: Es steht Spitz auf Knopf für Hubert Aiwanger
Der Freie-Wähler-Chef sollte sich in der Flugblatt-Affäre weder als Opfer stilisieren noch mit dem Finger auf andere zeigen, sondern schlicht mit der Wahrheit herausrücken.
In der Flugblatt-Affäre muss sich Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) am heutigen Dienstag in einem Sonder-Koalitionsausschuss erklären. (Archivfoto)
Foto: Sven Hoppe (dpa) | In der Flugblatt-Affäre muss sich Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) am heutigen Dienstag in einem Sonder-Koalitionsausschuss erklären. (Archivfoto)
Uli Bachmeier
Uli Bachmeier
 |  aktualisiert: 15.07.2024 15:52 Uhr

Worüber wird geredet, wenn über Hubert Aiwanger und über ein 35 Jahre altes antisemitisches Pamphlet aus seiner Schulzeit geredet wird? Über eine Jugendsünde? Oder vielleicht doch über eine womöglich tief verwurzelte antidemokratische Gesinnung? Über einen Medienskandal? Oder vielleicht doch über eine Enthüllung, die für ein reinigendes Gewitter in der bayerischen Landespolitik sorgt?

Jetzt kommt es darauf an, wie Aiwanger mit der Flugblatt-Affäre umgeht

Fest steht auch, dass es gar nicht darauf ankommt, ob es „nur“ eine Jugendsünde war. Es kommt darauf an, wie Aiwanger jetzt damit umgeht. Wären da nicht seine irritierenden Auftritte bei der Demo in Erding („Demokratie zurückholen“) und bei Markus Lanz in der Talkshow („formale Demokratie“) gewesen, dann wäre die Sache mit dem Pamphlet aus der Schulzeit wahrscheinlich gar nicht auf den Tisch gekommen.

Nach allem, was bisher bekannt wurde, steht schon mal eines fest: Es ist kein Medienskandal. Die umfangreichen Recherchen der Kolleginnen und Kollegen der Süddeutschen Zeitung sind von Aiwanger selbst in wesentlichen Punkten bestätigt worden. Der Wirtschaftsminister und Chef der Freien Wähler hat eingeräumt, was nicht mehr zu leugnen war. Über den Rest schweigt er. Und genau das ist das Problem – sein Problem und das Problem von Ministerpräsident Markus Söder. Der CSU-Vorsitzende steht vor der schwierigen Frage, ob er mit Aiwanger weiter regieren will oder nicht.

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Nun aber deutet sich ein Muster an: Aiwanger weicht aus, wenn es ernst wird. Mal duckt er sich weg, mal stilisiert er sich als Opfer, mal zeigt er mit dem Finger auf andere. Seine Erklärungen zur Sache sind lauwarm und unvollständig. Und vor allem eines hat er noch nicht verstanden: Dass es, wenn man an der Spitze einer Regierung steht, um Vertrauen geht. Ein Privatmann darf sich darüber beklagen, wenn in seiner Vergangenheit geforscht wird, ein Politiker nicht. Er muss sich immer und überall nach seiner wahren Gesinnung fragen lassen und Rede und Antwort stehen. Das gilt grundsätzlich. Und es gilt sogar noch mehr, wenn einer in seinen Urteilen über andere selbst gerne mit Holzhammer und Dreschflegel zu Werke geht.

Hubert Aiwanger muss Antworten auf die wichtigsten Fragen liefern

Die Fragen an Aiwanger in Sachen Flugblatt liegen auf der Hand. Sie betreffen zunächst einmal die Vorgänge in der Vergangenheit: Warum hatte er Exemplare des Flugblatts, das angeblich von seinem Bruder verfasst wurde, in seiner Schultasche? Warum wurde die Tasche durchsucht? Einen Anlass muss es dafür schließlich gegeben haben. Trifft es zu, dass er als Schüler gerne Adolf Hitler imitierte und zu welchem Zweck – nur aus Spaß oder warum sonst? Und woher kam diese Affinität zu Nazi-Parolen?

Will Aiwanger in der Gegenwart seine Glaubwürdigkeit zurückgewinnen, sollte er endlich aufrichtig erklären, wie das damals in der Schule und mit seinem Bruder tatsächlich war. Dass er sich an nichts weiter erinnert, als dass er die Flugblätter in der Tasche hatte und zur Strafe ein Referat halten sollte, ist nicht glaubhaft.

Zu einer umfassenden Erklärung gehört allerdings auch eine Antwort auf die Frage, nach welchen Grundsätzen er heute Politik macht. Steht er zu den Prinzipien der parlamentarischen Demokratie? Will er als tragender Teil einer bürgerlich-konservativen Regierung ernst genommen werden? Oder driftet er in seinem Machthunger ab zu den antidemokratischen Krakeelern, die nur lästern, ohne Lösungen parat zu haben?

Es steht Spitz auf Knopf für Hubert Aiwanger.

 
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Kommentare
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  • Gerhard Müller
    Söder hat sehr schwach reagiert, er hat ein Riesendilemma! Bayerns Ruf ist gefährdet, auch im Ausland, Söder sollte klar Schiff machen, aber die eigenen CSU/Skandale (Scheuer, Maskenkorruption,…) bremsen ihn selbst.
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  • Söder taktiert weiter und lässt Führungsstärke gerade jetzt, wo sie dringend gebraucht würde, vermissen. Wenn er glaubhaft bleiben und den bereits für Bayern eingetretenen Schaden eindämmen will, müßte er sich spätestens jetzt von Aiwanger und den FW trennen.
    Die FW, die selbst nach den neuerlichen Vorwürfen, fest hinter Aiwanger stehen, sind unwählbar geworden. Will die CSU, ggf. auch ohne einen führungsschwachen Söder weiter regieren, braucht’s einen verlässlichen Koalitionspartner, der fest auf den Boden des Grundgesetzes steht.
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  • Alfred Holler
    Na ja, wenn ich die heutige von der MP beauftragte Umfrage lese!
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  • Eugen Endres
    Neu Vorwürfe:

    https://www.br.de/nachrichten/bayern/juden-witz-anlaesslich-kz-besuch-weiterer-mitschueler-zu-aiwanger,ToOcXCV
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  • Barbara Fersch
    wie lächerlich wird die Berichterstattung über diese sogenannte Tat des H. Aiwanger, die gar keine ist. Vielleicht sollten die Journalisten mal besser am Fall Scholz mit seinen Gedächtnislücken dran bleiben. Die wären wesentlich jünger und besser recherierbar !!
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  • Hartmut Haas-Hyronimus
    "Berichterstattung .... die gar keine ist" - soeben berichtet auch die jüdische Allgemeine, dass Aiwangers Pamphlet als Teil einer Schülerarbeit als Negativbeispiel im KZ Dachau ausliegt.
    So wird Aiwanger zum bekanntesten Minister Bayerns - weltweit!
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  • Alfred Holler
    Sehr interessant, das Ergebnis der Umfrage. Da denkt die Mehrheit doch ein wenig anders, als die Kommentare.
    N.b. Lebenslänglich gibt's bei uns eigentlich nicht, eigentlich....
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  • Steffen Cyran
    ".... Dass er sich an nichts weiter erinnert, als dass er die Flugblätter in der Tasche hatte und zur Strafe ein Referat halten sollte, ist nicht glaubhaft....."

    Wie drollig. Nach 35 Jahren fordert man eine detaillierte Aufklärung der Vorgänge. Bei einem Bundeskanzler nimmt man es hin, daß er sich an seine nachgewiesenen Straftaten vor ein paar Monaten "nicht mehr erinnern" kann.

    Das ganze ist eine politische Schmutzkampagne, die jetzt kurz vor der Wahl durchgezogen wird und an der sich die linke Main Post beteiligt.

    Und nein, ich will den Inhalt des Flugblatts nicht verharmlosen und nein, man braucht mich für meine Meinung auch nicht in die rechte Ecke zu stellen. Danke.
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  • Klaus Hettrich
    Lass uns doch lieber mehr auf die 500 Millionen konzentrieren die Scheuer verdummt hat!
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  • Helga Scherendorn
    Wer ohne Fehler ist, werfe den ersten Stein (der Joschka hat das schon getan)
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  • Karl Weeth
    Frau Scherendorn, Sie und diejenigen, die Ihnen in Ihren vergleichenden Kommentaren zustimmen, vergleichen oft Äpfel mit Birnen.
    Das Vergleichen und Aufrechnen unterschiedlicher Sachverhalte führt meist in die Irre. Jeder Sachverhalt ist einzigartig, abhängig von seinen Umständen, Zusammenhängen und Auswirkungen. Indem Sie versuchen, verschiedene Situationen miteinander zu vergleichen oder aufzurechnen, laufen Sie Gefahr, die Komplexität und Feinheiten jedes Einzelfalls zu übersehen.
    Jeder Fall erfordert eine individuelle Prüfung, die auf seinen spezifischen Merkmalen und Konsequenzen basiert. Eine Pauschalisierung oder das Gleichsetzen unterschiedlicher Sachverhalte kann zu Ungerechtigkeiten führen und die Wahrheit verzerrt darstellen.
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  • Karl Weeth
    Verknüpft man Aiwangers Erzählung von Erding mit der derzeitigen Welle, die über ihn hereinbricht, lässt sich daraus vieles schlussfolgern:
    In einer Zeit, in der wir Zeugen davon werden, wie jemand, der einst Wind gesät hat, nun den Sturm erntet, wird deutlich, wie eng miteinander verknüpft die Worte "Wer Wind sät, wird Sturm ernten" und "Wer hier ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein" sind. Die aktuelle Situation erinnert uns daran, dass unsere Handlungen und Entscheidungen, selbst wenn sie in der Vergangenheit liegen, Konsequenzen haben können, die in der Gegenwart und Zukunft spürbar sind. Der Aufruf, den ersten Stein zu werfen, verdeutlicht, dass wir oft schnell dabei sind, Urteile über andere zu fällen, ohne unsere eigenen Schwächen zu reflektieren. Doch gerade in einer Zeit, in der die Konsequenzen von Handlungen offensichtlich werden, ist es eine Gelegenheit zur Selbstreflexion.
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  • Detlef Kammermeier
    In der Sache Aiwanger geht mir eins nicht in den Kopf. Warum kramt man nach 35 Jahren so eine alte Geschichte aus? Wer hat daran Interesse? Gott sei Dank ist die Denkweise und auch die Satire heute anders. Für mich ist die Sache - so verwerflich der Inhalt ist - heute verjährt. Jeder Mensch sollte die Chance haben vom Saulus zum Paulus zu werden. Wir haben in der Jetztigen Zeit weiß Gott andere Probleme.
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  • Johannes Fasel
    Natürlich sollte jeder die Chance haben, vom Saulus zum Paulus zu werden. Aber hat er diese Chance denn genutzt? - Ergebnis der Anhörung: 25 Fragen. Schriftlich zu beantworten - ohne Fristsetzung. Das sieht überhaupt nicht nach Paulus aus. Eher nach würdelosem Taktieren.
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  • Hubert Endres
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • Daniel Hagmann
    Vielen Dank für eine sachliche Einordnung!
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  • Ralf Eberhardt
    Der psychologische Faktor zählt: man muss eine Behauptung oder ein Thema möglichst oft formulieren, präsentieren oder in den Raum stellen, dann bleibt IMMER etwas hängen. Das ist übrigens auch eine Vorgehensweise der AfD - und auch dort funktioniert sie. Leider. Und noch etwas: möge doch jeder einmal in seiner Schublade "Schulzeit, Jugendzeit oder ähnliches" kramen - und dann darauf hoffen, dass kein anderer diese aufmacht. Und zum Abschluss: dieses Flugblatt enthält absolut indiskutable Formulierungen, die mit unserer deutschen Vergangenheit und dem Holocaust verbunden sind. Aber auch das ist Vergangenheit. Und die liegt mehr als 35 Jahre zurück und ich sehe Deutschland durchaus in seiner überwiegenden Mehrheit heute auf dem demokratischen Boden verankert.
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  • Johannes Fasel
    @Cilli: Der "Dreck" hängt an seinem Stiefel. Er ist nicht zufällig da reingetreten und man kann es riechen. Und mit halbherzigen, floskelhaften und lauwarmen Erklärungen wird er den Gestank auch nicht wieder los. Immer wenn er auftritt, ist der üble Gestank mit dabei.
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  • Cilli Mahler
    Die Süddeutsche fängt die Schmutzkampagne gegen Aiwanger an und die Main-Post beteiligt sich. Irgendetwas wird von dem Dreck, der geworfen wird, schon hängen bleiben.

    Sie sollten sich schämen.
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  • Georg Metzger
    Das Material für den Schmutz liefern die Brüder Aiwanger und das ist verabscheuungswürdiger Schmutz
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