
April 2018: Im Landkreis Würzburg verenden zirka 2000 Schweine qualvoll, weil ein Landwirt überfordert ist. April 2020: Im Landkreis Kitzingen sterben 357 Schweine, weil die Lüftung in ihrem Stall ausfällt. Juni 2020: In der größten deutschen Fleischerei Tönnies haben sich über 1300 Mitarbeiter mit dem Corona-Virus infiziert. Gibt es einen Zusammenhang? Ja! Wir können ihn täglich in Fleischtheken und Supermarktprospekten sehen. Gerade jetzt zur Grillzeit, wo Schweinesteaks aus Massentierhaltung für unter sechs Euro das Kilo angeboten werden.
Die Wertschätzung verloren
Dumpingpreise beim Fleisch sollen die Kunden in die Märkte locken. Doch selbst die aktuellen Durchschnittspreise bei Rind- und Schweinefleisch machen eine artgerechte Haltung der Tiere unmöglich. Massentierhaltung, Massentransporte in riesige Fleischfabriken, wo osteuropäische Leiharbeiter, die in Massenunterkünften wohnen, die Tiere verarbeiten.
Bei soviel Masse bleibt die Wertschätzung auf der Strecke. Zuerst die vor den Tieren, die völlig artfremd gemästet werden. Seit 2010 hat sich die Zahl der Schweinemäster deutschlandweit nahezu halbiert, die Zahl der geschlachteten Tiere aber stieg noch einmal um zehn Prozent. Das Produkt Fleisch zum marktgerechten Preis, da wird das Tierwohl zu einem Kostenfaktor, den es einzusparen gilt.
Die mangelnde Wertschätzung setzt sich in der Weiterverarbeitung fort, wo sie offenbar zu einer organisierten Verantwortungslosigkeit führte. Nach und nach werden jetzt die prekären Arbeits- und Wohnverhältnisse der osteuropäischen Leiharbeiter bekannt, auf deren Gesundheit genauso wenig geachtet wurde, wie auf die Einhaltung ihrer Arbeitszeit. Sonst wäre der massenhafte Corona-Ausbruch nicht möglich gewesen.
Und sie endet bei der Wertschätzung vor dem Stück Fleisch, das wir dann auf den Grill legen. Wenn die Bratwurst kaum mehr kostet als eine Banane und meist weniger als das dazu gereichte Getränk, wo soll die Wertschätzung vor dem Leben herkommen, das dafür geopfert wurde?
Seit 1960 hat sich der Fleischkonsum der Deutschen mehr als verdoppelt. Erst seit 2017 ist er leicht rückläufig. Gleichzeitig wurde Fleisch im Verhältnis immer günstiger. Musste der durchschnittliche Angestellte 1960 für ein Kilo Rindfleisch fast zweieinhalb Stunden arbeiten, ist es heute nicht einmal mehr eine halbe Stunde. Und für ein Kilo Schweinesteaks im Angebot sind es keine 20 Minuten mehr.
Natürlich sind das Durchschnittswerte. Das Argument, Geringverdiener könnten sich sonst kaum noch Fleisch leisten, ist ja auch nicht falsch. Fraglich hingegen, warum es immer sofort beim Fleisch kommt, nicht bei den explodierenden Mieten, nicht bei steigenden Energiepreisen, nicht bei Obst und Gemüse.
Was jeder sofort ändern kann
Zudem gehört die Massentierhaltung mit zu den größten Klimakillern. Will man die ehrgeizigen Klimaziele der Europäischen Union bis zum Jahr 2030 erreichen, so müssten nicht nur 88 Prozent aller Neuwagen in Deutschland ohne klimaschädliche Abgase fahren, sondern deren Insassen wie alle anderen Deutschen auch 30 Prozent weniger Fleisch essen, so eine Studie im Auftrag der "European Climate Foundation".
Der Dumpingpreis trifft auch den Metzger um die Ecke, der mit den Fleischfabriken längst nicht mehr mithalten kann. Der seine Lieferanten und deren Tierhaltung aber noch kennt. Höhere Verbrauchssteuern auf Fleisch würden aber auch ihn treffen und biologisch und artgerecht erzeugte Produkte zusätzlich verteuern.
Die Verantwortung liegt also bei jedem einzelnen von uns. Niemand muss deshalb zum Vegetarier werden. Doch beim Fleischkonsum ist weniger so viel mehr. Nicht nur beim Genuss hochwertiger Ware, auch für die Tiere und die Menschen.
werden wir nicht brauchen. Anderslautende Informationen sind Fake News mit dem Hintergrund, den Agro-Giganten Umsatz zu sichern (und Bauern in Entwicklungsländern zu knebeln).
Um die Menschheit auf Dauer satt zu kriegen, ist nichts besser als eine Landwirtschaft nach Best Practice mit einem möglichst großen Genpool an (samenstabilen...) Pflanzen.
Ich habe den Verdacht, dass in Zukunft die Landwirtschaft ein Riesen-Anwendungsfeld für Roboter wird, um rein mechanische menschliche Arbeit einzusparen, so dass trotz weniger -ziden die Preise für Lebensmittel eben nicht gegen unendlich gehen werden.
Schauen wir mal.
Aber Gentechnik hat mMn im Freiland nichts verloren, denn wenn Sie einmal etwas Nachteiliges freigesetzt haben, kriegen Sie das nie wieder eingefangen.
Nur noch strengere Verordnungen und Vorschriften und die jüngere Generation
hat keine Lust diese Geschäfte in dieser Form zu übernehmen .
Bin mir sicher das es in den nächsten fünf Jahren nur noch die Hälfte der örtlichen
Metzgereien geben wird. Dafür essen wir dann weniger Fleisch aber immer mehr
Gen manipulierte Ware aus anderen Erdteilen, weil wir sonst die Bevölkerung
nicht mehr satt bekommen werden .
Allerdings ist der Fehler Im System da an höherer Stelle einzuordnen und man sollte nicht die Ursachen und weitreichenden Konsequenzen des Lohn-Dumpings und der Alters-Armut auf dem Rücken derer austragen, die ebenfalls Betroffene sind. Damit meine ich die Beschäftigten in der Fleischindustrie.
Anders gesagt: das gesellschaftliche Problem, dass in einem der reichsten Länder der Erde viele Rentner sich nichts mehr Vernünftiges zu Essen leisten können, muss an anderer Stelle gelöst werden. Es rechtfertigt nicht die Zustände in der Fleischindustrie und ähnlichen Lohnsklaven Branchen.
sind nicht verhandelbar, denn wenn die "billigen" Ressourcen "alle" sind, ist es schlicht und einfach und ohne Gnade mit dem zzt. gewohnten Überfluss(!) vorbei. Wenn wir das nicht auf die Reihe kriegen, befördern wir uns selber in Verhältnisse, wie man sie z. B. von den Slums in Afrika oder Südamerika kennt. Eher schlimmer.
Die Lösung kann eigentlich nur in eine Richtung gehen: nachhaltig wird Standard, und den Menschen genug Geld in die Hand zu geben, "nachhaltig" einzukaufen. Wobei sich gleichzeitig alle fragen müssen, ob sie das, was sie da kaufen, wirklich brauchen (um z. B. 1 kg Fleisch zu "produzieren", muss man 5 - 10 kg Pflanzenmasse verfüttern und verbraucht etliche 1000 l Wasser, für 1 kg Kartoffeln dagegen gerade mal knapp 150 l).
Wir haben keinen Plan(eten) B im Kofferraum - entweder wir arrangieren uns mit unseren Lebengrundlagen, oder wir kicken uns raus. Brutal einfach eigentlich.
"Geiz ist Geil - ich bin doch nicht blöd"
und jetzt zeigt sich so langsam, dass "Geiz doch nicht so Geil" ist (war) und man dann ganz schön blöd aussehen kann, wenn es mal nicht mehr so rund läuft wie bisher.
Ins Auto das teuerste Öl, in den Salat das billigste.
30€/l für den Wagen, 1,50€/l für den Magen. Verdrehte Welt.
Alles schon vorher portioniert, gehackt, geschnitten, gewürfelt und zerrieben, pasteurisiert, homogenisiert, unter Schutzatmosphäre in einer schönen großen Plastikwanne vakumiert, die mehr wiegt als das Produkt selbst, verpackt und umwickelt. Ein Hoch auf unsere Plastikverpackungen!
Daher kann man das bei den Genannten auch aus dem gekühlten Wühltisch heraus verkaufen.
hab ich vor langer Zeit auch schon mal in einem Kommentar angemerkt.
Das Blöde am Billig-billig-billig ist, dass irgendwer das eines Tages teuer bezahlen wird müssen, denn in diesen Preisen ist kein Nachhaltigkeitsanteil enthalten, und es geht alles sozusagen wie vom Konto der Erbtante, das dann eines Tages unweigerlich abgeräumt sein wird (die Kiste mit dem Billigfleisch z. B. dürfte sich erledigen, wenn es kein Billigsoja mehr gibt, weil man keinen Regenwald mehr dafür roden kann).
Das allerdings ist nur eine Facette des Problems. Wenn wir es schaffen, dem zu entgehen, gibt es leider immer noch genug Möglichkeiten, die Angelegenheit in die ### zu reiten.
MMn brauchen wir sehr schnell drei Wenden:
Energiewende
Verkehrswende
Agrarwende
denn auf allen drei Gebieten leben wir von der Substanz, und irgendjemand wird (s. o.) eines Tages eine heftige Rechnung präsentiert bekommen.
Eine andere Variable ist die Profitgier der Lebensmittelindustrie. Man optimiert den Gewinn durch Weglassen der echten, aber teuren Zutaten und ersetzt sie durch billige Füll-, Farb- und Aromastoffe. Hühnersuppe o. Huhn, Erdbeerjoghurt o. Erdbeeren, Zellstoff in Nudeln, etc. Dank der eigenen Labors kann man die gesetzlichen Mindestgrenzen der echten Zutaten auf ein Minimum drücken. Oder man drückt eben die Löhne, wie in den Schlachtfabriken.
Ich bezweifle, dass die Arbeitsbedingungen der Lohnsklaven sich verbessern würden, wenn die Verbraucherpreise steigen. Der Gewinn der Konzerne wird es sicher tun.
Lassen wir daher zunächst den Ball mal schön im Spielfeld der Konzerne und kaufen bei den Handwerksbetrieben.
Ich wollte nicht uns Verbraucher aussen vor lassen. Wir sind genauso an der Situation mit Schuld. Ich wollte aber auch aufzeigen, dass man nicht ins andere Extrem umschwenken kann und man wieder alle Schuld auf den Verbraucher abwälzt, dem ja sein Essen nicht mehr wert sei wie Hundefutter.
Die Zustände sind schon lange bekannt, nur habe es alle verdrängt. Jetzt kommt es halt -wieder mal- hoch. Und so wie immer, wird sich wahrscheinlich nicht viel ändern und wenn wieder Gras über die Sache gewachsen ist, wird wieder weitergemacht wie gehabt. Solange der Verbraucher sich nicht ändert. Viele ducken sich wieder weg und sind froh, dass alles billig bleibt.
Ich gebe Ihnen damit recht, dass der Verbraucher es in der Hand hat. Egal was die Politik beschließt, oder was die Branche an Besserung gelobt. Unsere Agrarglucke Frau Klöckner setzt ja gerne und "erfolgreich" auf Freiwilligkeit.
Daher KANN es nur der Verbraucher richten.