Im Alleingang zieht die CSU-Landesregierung jetzt den Masterplan, Punkt 32, des Bundesinnenministers und CSU-Chefs Horst Seehofer durch. Jeder Regierungsbezirk bekommt ein Ankerzentrum für Flüchtlinge. In Unterfranken wird die Erstaufnahmeeinrichtung in Schweinfurt eines werden. Viel verändern wird sich dort dadurch nicht. Also alles nur dem Wahlkampf im Freistaat geschuldet?
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Zunächst einmal ist es richtig und wichtig, wenn der Staat und seine Behörden schnell und zügig entscheiden, ob Menschen, die bei uns Asyl beantragen, auch asylberechtigt sind. Das deutsche Grundrecht auf Asyl verliert seine Glaubwürdigkeit, wenn es nicht den tatsächlich Verfolgten dient. Dies muss zur Folge haben, dass abgelehnte Migranten das Land wieder verlassen müssen. Sonst wird aus einem Grundrecht ein beliebiges und nicht mehr handhabbares Einwanderungsinstrument.
Der Rechtsstaat braucht Härte und Sensibilität
Das sich Asylverfahren und Abschiebungen durch Ankerzentren beschleunigen lassen, muss erst noch bewiesen werden. Eine Beschleunigung der Asylverfahren wäre auch ohne möglich. Und die schnelle Rückführung, die Seehofer und die CSU mit den Ankerzentren verbinden, scheitert ja oft an ganz anderen Hürden: der mangelnden Bereitschaft zur Rücknahme, der Situation im Heimatland, oder daran, dass Asylbewerber falsche Angaben bezüglich ihrer Herkunft oder ihres Alters machen.
Das kann auch eine Zentralisierung nicht lösen. Stattdessen werden Flüchtlinge mit und ohne Bleibeperspektive in große Gemeinschaftsunterkünfte gebracht. Da sind Konflikte programmiert. Wir erinnern uns an Ellwangen, wo die geplante Abschiebung eines Asylbewerbers eskalierte. Hier zeigte der Rechtsstaat Härte und setzte sich durch. Aber zum Rechtsstaat gehört nicht nur Härte, sondern auch Sensibilität. Er darf vor allem nicht selbst kritische Situationen herausfordern, um Härte zu demonstrieren.
An diesen Ankern lässt sich keine Integration festmachen
Das Transitzentrum Manching gilt als Blaupause für die Ankerzentren in ganz Bayern. Dort gibt es keine regulären Deutschkurse für Erwachsene. Dort lebende Kinder können meist nicht am Regulärunterricht teilnehmen, sondern werden im Zentrum unterrichtet. Integration sieht anders aus.
Genau das dürfte neben dem Wahlkampf in Bayern einer der Beweggründe für die Ankerzentren sein. Bringt man Asylbewerber dezentral in den Kommunen unter, könnten sie sich ja integrieren im Vereins-, im Gemeindeleben, in der Kirche. Vielleicht sogar einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz bekommen. „Die wird man nicht mehr los“, sagte mal ein CSU-Generalsekretär.
Nun wäre es verlogen, zu glauben, Aufnahmekapazitäten und Integrationsbereitschaft unserer Gesellschaft wären grenzenlos. Aber es gibt auch Bedürfnisse. In der Wirtschaft, bei der Pflege, im Handwerk. Und immer wieder müssen die Falschen, die gut Integrierten gehen.
So werden die Ankerzentren mehr Probleme schaffen als sie lösen. Denn wenn einem Flüchtling mit Verweis auf das Dublin-Abkommen die Bleibeperspektive abgesprochen wird, wird man ihn keinesfalls schnell zurückführen können. Monatelang in einer Massenunterkunft mit der Perspektive, jede Nacht abgeholt zu werden, das schafft keinen sozialen Frieden. Auch die CSU sollte eingestehen, das Dublin gescheitert ist. Nach diesem Abkommen muss jeder Asylbewerber dort Asyl beantragen, wo er zuerst europäischen Boden betreten hat. Italien, Griechenland und Spanien sind aufgrund ihrer geografischen Lage nun einmal per se Ersteinreisestaaten. Doch sie fühlen sich vom Rest der EU allein gelassen. Auf Dublin pochen wird nie eine vernünftige Lösung bringen, Dublin muss ersetzt werden.
Zu Markus Söder scheinen inzwischen zumindest die Rufe aus Wirtschaft und Handwerk durchgedrungen zu sein. Er kündigte mehr Offenheit und Ermessensspielräume an, wenn Flüchtlinge Integrationsleistungen erbringen. Das hört man gerne, allerdings bräuchte es dazu vor allem eines nicht: Horst Seehofers Ankerzentren.