
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Schulz,
als ich die Meldung gelesen habe, dass die AfD einem SPD-Bürgermeister ins Amt geholfen hat, habe ich innerlich mit den Augen gerollt. Nicht schon wieder, dachte ich. Hat es nach dem Fiasko in Thüringen nicht jeder demokratische Politiker kapiert? Auf den zweiten Blick habe ich gesehen, wo das passiert ist: Im beschaulichen Höchstadt an der Aisch bei Erlangen, gerade einmal 50 Minuten mit dem Auto von unserer Redaktion in Würzburg entfernt. Zum Augenrollen kam die Neugier: Was ist da bloß los bei unseren mittelfränkischen Nachbarn?
Schulz und SPD – da denkt man zuerst an den Kurzzeit-Parteivorsitzenden und ehemaligen EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz. Wenn man nun aber nach Ihnen, Günter Schulz, dem zweiten Bürgermeister von Höchstadt, im Internet sucht, stößt man schnell auf die Seite der örtlichen SPD. Dort sind Sie zu sehen, Anzug tragend und freundlich lächelnd vor dem Logo Ihrer Partei. In Ihrer Online-Biografie heißt es, Sie seien Polizeibeamter, in einer Gewerkschaft und Mitglied in zahlreichen örtlichen Vereinen, von Fastnacht über Gartenbau und Schützen bis hin zum Hospizverein. Sie machen den Eindruck eines sympathischen Herzblut-Kommunalpolitikers, Herr Schulz!
Ein gefährlicher Präzedenzfall für unsere politische Kultur
Und dann stehen da unter Ihrer Vita noch zwei Sprüche, die Sie offenbar zu Ihren persönlichen Lebensmottos erkoren haben: "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt" und "Probleme sind dazu da, sie zu lösen". Beide Sprichwörter passen verblüffend gut auf Ihre derzeitige Situation, finden Sie nicht, Herr Schulz?

Lassen Sie mich zuerst auf das Wagnis zu sprechen kommen, das Sie – vielleicht auch unwissentlich – eingegangen sind. Denn anders als erwähntes Sprichwort vermuten lässt, stehen Sie gerade nicht auf der Gewinnerseite. Offenbar hatten Sie nicht geahnt, dass es für bundesweite Furore sorgen könnte, wenn Sie die Wiederwahl zum stellvertretenden Rathauschef annehmen.
Es stimmt, Herr Schulz: Ihre Wahl ist rechtmäßig. Sie hatten eine Stimme mehr als Ihr Gegenkandidat von der CSU, nur dummerweise kam diese offenbar vom einzigen Stadtratsmitglied der AfD. Die Wahl dennoch anzunehmen ist nicht nur ein Tabubruch für Sozialdemokraten. Es ist auch ein gefährlicher Präzedenzfall für unsere politische Kultur.
Die AfD hat dieses Spiel schon gewonnen
Vielleicht dachten Sie, dass das halb so schlimm sei, wenn man anschließend nicht auch inhaltlich mit der AfD zusammenarbeit. Eine Absprache habe es schließlich nicht gegeben, sagen Sie. Aber blicken wir ein paar Monate zurück: Das waren auch die Argumente der FDP, als diese in Thüringen für kurze Zeit mit Stimmen der AfD den Ministerpräsidenten stellte. Dafür ernteten die Liberalen massive Kritik, auch von der SPD. Und zwar zu Recht! Denn solche Situationen beweisen, das jedes Mandat für die AfD eines zu viel ist.
Eine Partei, die Rechtsextreme zu ihrem Spitzenpersonal zählt, gegen Minderheiten hetzt und den menschengemachten Klimawandel leugnet, sollte weder in einem Landesparlament, noch in einem mittelfränkischen Stadtrat in die Machtposition gelangen, darüber zu entscheiden, wer ein politisches Amt ausüben soll. Sehen Sie das nicht auch so, Herr Schulz? Und ob kalkuliert oder nicht: Allein durch den öffentlichen Skandal hat die AfD schon gewonnen – und nicht Sie.
Damit komme ich zu Ihrem zweiten Lieblingsmotto. Denn noch haben Sie die Möglichkeit, dieses Problem zu lösen, Herr Schulz. Mein Rat an Sie lautet daher: Treten Sie zurück, auch wenn es Ihnen schwer fällt. Ich weiß, Sie hören das nicht zum ersten Mal ...

Der Preis für dieses Amt ist einfach zu hoch
Ihre Parteigenossen haben Sie bereits aufgefordert, Ihr Amt niederzulegen. Doch Sie lehnten ab, es kam zum Eklat: Ihre Fraktion im Stadtrat will Sie ausschließen, der Landesvorstand der Bayern-SPD möchte Sie aus der Partei werfen. Sie jedoch sagen, dass Sie Genosse bleiben wollen. Aber wenn Ihr Herz immer noch für die Sozialdemokratie schlägt, frage ich Sie: Warum fügen Sie Ihrer Partei, die ohnehin in einer tiefen Krise steckt, auch noch Schaden zu? Der Preis für dieses Amt ist einfach zu hoch, verderben Sie der AfD den Spaß!
Klar, das alles ist sehr ärgerlich. Hätte es nicht einen Fraktionswechsel in Ihrem Stadtrat zugunsten der CSU gegeben, hätte es für Sie wohl auch ohne Hilfe der AfD zur Wiederwahl gereicht. Das ist bitter. Ungerecht mag Ihnen auch erscheinen, dass Höchstadts dritter Bürgermeister (Junge Liste) ebenfalls mit der AfD-Stimme ins Amt gelangt ist, dafür aber nicht so sehr in der öffentlichen Kritik steht wie Sie.
Aber das ändert nichts. Ich hoffe, dass Sie es wagen, Ihren Irrtum einzusehen – um letztlich doch auf der Gewinnerseite zu stehen.
Viele Grüße aus Unterfranken,
Corbinian Wildmeister, Redakteur
werden manchmal seltsam und vergessen, wofür sie ein Leben lang gekämpft haben. Nürnbergs längst gedienter OB Urschlechter verließ zum Ende seiner Amtszeit seine Partei und hier will einer noch mal mit aller Gewalt ein Pöstchen und paktiert dafür mit den geistigen Nachfolgern der Partei, die vor ca. 85 Jahren alle Sozialdemokraten nach Dachau bringen ließ.
Die SPD war die einzige Partei im Deutschen Reich, die Rückgrat zeigte und Hitlers Ermächtigung nicht zustimmte.
Wie gesagt, alte Männer werden manchmal seltsam und vergessen ihre Prinzipien.
Egal.... Kommentare von Usern die links stehen werden immer durchgewunken...auch wenn sie zum Thema nichts beitragen!
Sie irren sich gewaltig. Viele Kommentare werden trotz höflicher Form von der Mainpost blockiert, wenn ich Widerworte zu in meinen Augen abstrusen Kommentare schreibe.
Und natürlich ist es ein Kommentar zu diesem Bürgermeister von Höchstadt. wie kann denn ein Nachfolger der verfolgten SPDler mit denen zusammenarbeiten deren geistige Vorläufer diese SPDler zuhauf nach Dachau bringen ließen oder ins Exil trieben?
dass demokratisch gewählte Volksvertreter von einem Teil der
"Wähler" mit getragen werden. Das zählt in der Demokratie
- Wählsertimme -. dahin gehend sollte ihre Zeitung mal den
Blick schärfen "Demokratie = Wählerwille".
Schlimm wäre es allenfalls, wenn es jemand von der Union täte. Dann droht der Untergang des Abendlandes.
Meinungsfreiheit bedeutet nicht, dass man immer Zustimmung zu seiner Meinung bekommt.
Auch andere Menschen haben dann Meinungsfreiheit.
Es war Bürgers Wille! Hört auf einzuheulen, sondern lernt mit Demokratie umzugehen!
Hätte die Afd ihre Stimme dem CSU-Kandidaten gegeben, dann wäre obiger Bürgermeister fein raus. Oder auch nicht, falls der CSU-Kandidat dann auch angenommen hätte. Viel Lärm um nichts! In vierzehn Tagen denkt da keiner mehr dran. Der Artikel könnte darüber hinaus aber eine "Werbung" für die Afd sein und bleiben. Irgendeiner muss den Job doch machen.
Sachpolitik in den Kommunen ist anders zu bewerten als Bundespolitik. Hier kennt man sich noch persönlich. Warum soll ich im Stadt, bzw Gemeinderat nicht mit jemanden kooperieren von dem ich weiss, dass er kein Rassist ist? Die Höcke,s und Kalbitz sind nicht überall.